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Tradition des Lachens

Harald Maass, Frankfurter Rundschau 3. März 2004

Über keinen Chinesen wird so viel gelacht wie über den früheren Präsidenten Jiang Zemin. Aber es gibt auch andere Anlässe für einen guten Witz. Lernen Sie in Teil 2 unserer China-Woche den chinesischen Humor kennen.

Was steckt hinter dieser Fröhlichkeit?Bild: AP

Lachen hat in China mehrere Bedeutungen. Besucher wundern sich oft, dass der Taxifahrer sie anlacht, wenn er sich verfahren hat. Oder dass ein chinesischer Angestellter lacht, nachdem er einen Fehler gemacht hat. Chinesen lachen häufig, um eine für sie peinliche Situation zu entspannen.

Am liebsten lachen Chinesen jedoch über Witze. Abends bei einer Flasche Erguotou-Schnaps erzählt man sich in Peking die neusten Kalauer. Gelacht wird über Missgeschicke, sexuelle Anzüglichkeiten oder über die Menschen der Provinz Henan - die als Ostfriesen von China gelten.

Wie in den meisten autoritären Staaten gibt es in China viele politische Witze. Gewitzelt wird über die angebliche Affäre Jiang Zemins mit der Schauspielerin Song Zuying. Über die vermeintliche Dummheit des Ex-Premiers Li Peng. Die neuste politische Kampagne der Kommunistischen Partei. Die großen Führer, die im normalen Leben unantastbar sind, werden so auf ein menschliches Maß zurechtgestutzt.

Witzige Geschichten des Altertums

Obwohl man sich auch zu Kaisers Zeiten Witze und lustige Fabeln erzählte, ist die westliche Idee des Humors für China relativ neu. In Schriften von Mengzi und anderen Denkern finden sich Parabeln, die sich über Engstirnigkeit und Dummheit lustig machen. Für westliche Ohren haben die Geschichten jedoch einen eher erzieherischen Ton. Die ersten chinesischen Witzbücher entstanden in der Zeit der Han-Kaiser (206.v.Chr.-220 n.Chr.). Ein Klassiker ist die aus dem 3. Jahrhundert stammende Sammlung "Xiaolin" - das "Lachwäldchen".

Schon damals machte man sich im Volk über den Kaiserhof, Eheprobleme oder etwa über verliebte Mönche lustig. Am Kaiserhof gab es Komödianten, die sogenannte "Paiyou", die als einzige den Herrscher kritisieren durften. Im 15. und 16. Jahrhundert habe es einen "wahren Boom" von Witzsammlungen gegeben, mit dem sich das aufstrebende Bürgertum unterhielt, berichtet die Sinologin Ruth Cremerius von der Universität Hamburg. Der bekannte Literat Feng Menglong (1574-1646) habe gleich mehrere Witzsammlungen veröffentlicht.

Englischer Humor verboten

1923 prägte der Schriftsteller und Regierungsbeamte Lin Yutang das Wort "Youmo" - abgeleitet von dem englischen "humor". Die westliche Idee des Humors, als ein Konzept geistvoller Unterhaltung, wurde rasch von der chinesischen Literatur aufgenommen. Neue Kunstformen entstanden wie das heute noch populäre "Xiangsheng"-Sprachkabarett, Comic-Bücher und "Huajixi" - eine Art Komödie.

In der Kulturrevolution versuchten die KP-Führer vergeblich den Chinesen den Humor wieder auszutreiben - Xiangsheng und andere Unterhaltungsformen waren für mehrere Jahre verboten. Auch die heutigen Führer vertragen offenbar nicht viel Spaß. Auf den Witzseiten in den Zeitungen und Witzbüchern tauchen die Namen von Jiang Zemin und anderen hohen Führern praktisch nie auf. Internetseiten mit politischen Witzen sind von der Zensur blockiert. Das Volk lacht trotzdem über die Schwächen der Mächtigen. Allein über die Hosen von Jiang Zemin, die er wie ein alter Mann weit über dem Bauchnabel trägt, gibt es Dutzende Witze.

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