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Traditionell enge Beziehungen zum Hindukusch

Bettina Marx24. November 2001

Dass die UN-Friedenskonferenz nach Deutschland einberufen wurde, ist auch eine Anerkennung des beharrlichen deutschen Engagements für eine Lösung der Dauerkrise in Afghanistan.

Bundesaußenminister Joschka Fischer vor der UNO-VollversammlungBild: AP

Diese Anerkennung muss eine Befriedigung sein für alle jene deutschen Diplomaten, die in den Gremien der Vereinten Nationen jahrelang versucht haben, der blutigen Selbstzerfleischung der Bürgerkriegsparteien ein Ende zu setzen.

Wie zum Beispiel Norbert Heinrich Holl. Der Abteilungsleiter im Auswärtigen Amt wurde im Juli 1996 vom damaligen UNO-Generalsekretär Boutros Boutros Ghali zum UN-Sonderbotschafter für Afghanistan ernannt. Es war in einer Zeit, als die Taliban bereits Teile des Landes kontrollierten. Im Norden herrschte damals Usbekengeneral Raschid Dostum, und in der Hauptstadt Kabul saß noch Präsident Burhanuddin Rabbani.

"Vorsichtig optimistisch", wie er selbst sagte, trat Holl sein Amt an, doch schon wenige Monate später, im September 1996, drangen die Taliban nach Kabul vor und errichteten ihr Schreckensregime in Afghanistan. Alle Vermittlungsversuche des deutschen Diplomaten scheiterten und 15 Monate später warf er entnervt das Handtuch, nachdem ihm der UN-Generalsekretär den algerischen Diplomaten Lakhdar Brahimi als Sonderbeauftragten für Afghanistan vor die Nase gesetzt hatte.

Mangel an Versöhnungswillen

Auch Brahimi gab zwei Jahre später auf, enttäuscht vom mangelnden Versöhnungswillen der Kriegsparteien und der Nachbarländer. Afghanistan verschwand immer mehr von der Tagesordnung der Weltpolitik. Selbst in den Gremien der UNO reduzierte sich der Konflikt fast ausschließlich auf die humanitäre Frage. Erst die Zerstörung der weltberühmten Buddha-Statuen in der zentralafghanischen Provinz Bamian rissen das Land aus der Vergessenheit und riefen den deutschen UN-Botschafter Dieter Kastrup uf den Plan, der als Leiter der Afghanistan-Resolutionen der Vereinten Nationen fungiert.

Bildersturm in AfghanistanBild: AP

"Wir haben die Initiative ergriffen, weil wir der Auffassung sind, dass die Zerstörung jahrhundertealter kultureller Monumente ein barbarischer Akt religiöser Intoleranz ist. Ziel der Resolution ist es, den Taliban vor Augen zu führen, dass sie sich durch diesen Akt weiterhin in die völlige internationale Isolierung treiben."

Afghanistan-Unterstützungsgruppe

Seit Anfang des Jahres hat die Bundesrepublik Deutschland den Vorsitz in der Afghanistan-Unterstützungsgruppe inne. In diesem Koordinierungsgremium sitzen die 15 wichtigsten Geberstaaten, die Europäische Kommission, die UN-Organisationen und wichtige Nichtregierungsorganisationen.

Doch schon vorher war Afghanistan für Bundesaußenminister Joschka Fischer geradezu ein Lieblingsthema. Seine Aufmerksamkeit wurde im letzten Jahr durch das Buch des pakistanischen Journalisten Ahmed Rashid auf das Land am Hindukusch und seine Verwicklung in den internationalen Kampf um Rohstoffe und Gaspipelines in Zentralasien gelenkt. Nach den Terroranschlägen vom 11. September begann Fischer bei einer Reise in die Krisenregion und angrenzende Gebiete, einen Zukunftsentwurf für Afghanistan zu entwickeln. In Saudi-Arabien traf er mit seinem Amtskollegen Prinz Faisal zusammen, mit dem er sich auf einige wichtige Eckpunkte einigte.

"Dabei stand im Mittelpunkt die Frage einer zukünftigen politischen Lösung in der Nach-Taliban-Zeit. Wir waren uns einig, dass es hier vorangehen muss, dass kein Machtvakuum entstehen darf, kein Rückfall in Zustände am Anfang der 90er Jahre, wo die Bevölkerung noch furchtbarer zu leiden hatte. Wir waren uns einig, dass eine innerafghanische Lösung zu gesucht werden soll auf breiter Basis, das der König, der frühere König Sahir Schah dabei eine wichtige Rolle im Übergang zu spielen hat, dass diese Lösung nicht nur aus Afghanistan herauskommen muss, sondern auch abgesichert sein soll durch die Interessen der Nachbarn und der internationalen Gemeinschaft und dass es darum geht, dass die Vereinten Nationen eine wichtige Rolle bei der Implementierung und bei der Begleitung dieses Prozesses haben werden. Wir waren uns auch einig in den politischen Zielen, dass es eine Regierung sein muss, die Terror nicht mehr unterstützt, die zugleich eine Entwicklungs- und Sicherheitsperspektive für das afghanische Volk bringt."

Frühe Kontakte zwischen Berlin und Kabul

Das deutsche Interesse an Afghanistan reicht zurück bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts. Bereits im Ersten Weltkrieg gab es erste Kontakte zwischen Berlin und Kabul, in den zwanziger Jahren bauten deutsche Firmen in Afghanistan Straßen, Brücken, Staudämme und ein paar Kilometer Eisenbahnlinie. Ins Land geholt hatte sie Emir Amanullah, der den Deutschen sehr zugetan war und viel Aufsehen erregte, als er 1928 nach Berlin auf Staatsbesuch kam.

Sein Nachfolger Sahir Schah pflegte die Kontakte weiter und unterstützte Deutschland im Zweiten Weltkrieg gegen Großbritannien. Nach dem Krieg wurden die engen Kontakte zwischen Deutschland und Afghanistan vor allem auf kulturellem Gebiet weiterentwickelt. Erst im Jahr 1989 zog Bonn seinen Botschafter aus Kabul zurück. Die diplomatischen Beziehungen blieben jedoch bestehen und wurden auch nach der Machtübernahme der Taliban mit Vertretern der Nordallianz aufrecht erhalten.

So ist es vielleicht auch nicht erstaunlich, dass Deutschland für Afghanen Auswanderungsland Nummer Eins geworden ist. Mit fast 100.000 Menschen lebt in der Bundesrepublik eine der größten afghanischen Exilgemeinden.