Transatlantischer Streitpunkt China
25. Februar 2005Das Waffenembargo der EU-Staaten wurde vor 15 Jahren verhängt: nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung auf dem Pekinger Tianamen-Platz im Jahr 1989. Seitdem hat die VR China sich nicht nur zu einer Wirtschaftsmacht von globalem Ausmaß entwickelt, auch militärisch hat das Land erheblich aufgerüstet.
Es geht um Taiwan
Nach Angaben des Stockholmer SIPRI-Instituts hat China in den letzten zehn Jahren Kriegsmaterial aus russischer Produktion im Wert von über 13 Milliarden Dollar gekauft, darunter moderne Überschallflugzeuge, Zerstörer, U-Boote und Raketen. Die Aufrüstung der Volksarmee wird von den USA mit Argwohn beobachtet, vor allem wegen der Beistandsverpflichtung der USA für Taiwan. "Wir machen uns Sorgen, dass der Waffentransfer mit einem Technologietransfer an China einhergehen könnte, der die Machtbalance zwischen China und Taiwan verändern würde", so US-Präsident Bush.
Taiwan hatte sich 1949 von der Volksrepublik China abgetrennt und wird seitdem von den USA unterstützt. Daran hat auch die Öffnung der USA zu China unter Präsident Nixon in den den siebziger Jahren und die daraus folgende Anerkennung der Volksrepublik China nichts geändert. Die USA bleiben weiterhin zur Verteidigung Taiwans verpflichtet, umgekehrt hat die Volksrepublik Taiwan mit Krieg gedroht, falls es sich für unabhängig erklären sollte.
Fortschritt als Gefahr
Vor allem im US-Kongress sieht man in der chinesischen Aufrüstung ein erhebliches Destablisierungspotenzial für die gesamte Region Südostasien. "China stellt eine militärische Bedrohung dar. Um das zu erkennen, muss man kein Chinahasser oder Kommunistenfresser sein", erklärt Michael O'Hanlon, Sicherheitsexperte am Forschungsinstitut 'Brookings Institution' in Washigton. "China hat in den letzten Jahren viel erreicht. Nicht zuletzt deswegen stellt es eine Gefahr dar." Die USA seien die Haupt-Schutzmacht Taiwans, doch die Chinesen wollen Taiwan zurückhaben. "Ohne uns wäre Taiwan vielleicht schon längst von den Chinesen angegriffen worden", mutmaßt der Amerikaner.
Geht Gefahr für die USA von China aus?
Anders als die USA, die rund 80.000 Soldaten in Südostasien stationiert haben, verfolgt Europa in der Region keine strategischen Interessen. Beide, die USA und die EU, sehen in den Chinesen einen wichtigen Handelspartner. Doch anders als die EU, die entschlossen scheint, das Embargo schon im Sommer 2005 aufzuheben, wollen die USA keine Waffen liefern. "China wird von niemand aus irgendeinem Grund bedroht. Man muss schon sehr gewunden argumentieren, um [die Aufhebung des Embargos] mit dem chinesischen Recht auf Selbstverteidigung zu legitimieren", sagt O'Hanlon. "Wir sollten uns darüber im klaren sein: China will mehr Macht in der Region." Der Sicherheitsexperte befürchtet, dass die Lieferung von Waffensystemen an China das Risiko eines schweren militärischen Konflikts vergrößere. "Der könnte potenziell auch tausenden amerikanischen Menschen das Leben kosten."
Kein Rückhalt für die Europäer
In der Irakfrage hatte in den USA zumindest die Demokratische Partei durchaus Verständnis für die Bedenken einiger europäischer Staaten - diesmal gehen die Vorbehalte gegen eine Aufhebung des EU-Waffenembargos in Amerika quer durch alle Parteien. Tom Lantos, der ranghöchste Demokrat im außenpolitischen Auschuss des Repräsentantenhauses, hat den Europäern jüngst vorgeworfen, die eigenen witschaftlichen Interessen über das Leben von US-Soldaten zu stellen. Der nächste Streit unter den transtlantischen Partnern scheint vorprogrammiert.