Visumstreit
25. April 2008Was für die Bürger der meisten alten EU-Länder überhaupt kein Problem ist, nämlich die Einreise in die USA, das ist für die meisten neuen EU-Bürger bürokratischer Aufwand. Sie brauchen nämlich trotz EU-Mitgliedschaft ein Visum für die USA. Die EU will, dass alle ihre Bürger ohne Visum in die Vereinigten Staaten reisen dürfen. Zu welchen Bedingungen das möglich ist, darüber verhandeln die Europäer und Amerikaner nun schon seit Jahren.
Brüssel gegen bilaterale Abkommen
Der 11. September habe diese Verhandlungen nicht gerade einfacher gemacht, sagt Friso Roscam-Abbing, Sprecher der EU-Kommission für Innenpolitik und Justiz: "Die Vereinigten Staaten haben ihre Sicherheitsbestimmungen dramatisch verschärft. Sie wollen genau wissen, wer da kommt und sicher gehen, dass diese Person keine bösen Absichten hat." Um das herauszufinden, wollen die amerikanischen Behörden möglichst weitreichenden Zugriff auf die Daten europäischer Fluggäste.
Solche Daten speichert die EU beispielsweise im Schengen-Informations-System, kurz SIS. Eigentlich ist das SIS nur für den innereuropäischen Gebrauch gedacht, um die Strafverfolgung in Europa effektiver zu machen.
"Eines ist klar: wir werden den Amerikanern keinen unbegrenzten Zugriff auf unsere Daten geben", versichert Friso Roscam-Abbing. "Wenn wir ihnen Zugriff gewähren, dann nur begrenzt und unter Wahrung unserer Grundrechte und den Datenschutzbestimmungen. Und natürlich muss der Datenaustausch auf Gegenseitigkeit beruhen."
Die meisten der zwölf EU-Mitgliedsländer, deren Bürger immer noch ein Visum für die USA brauchen, wollen aber nicht warten, bis sich Brüssel und Washington irgendwann einigen können. Deshalb verhandeln sie seit einiger Zeit auf eigene Faust mit den Amerikanern.
Brüssel passen solche Alleingänge aber gar nicht. Man hat Angst, dass Washington geschützte Informationen aus den einzelnen Mitgliedsstaaten herauskitzeln könnte. Deshalb haben die EU-Innenminister am Donnerstag (24.4.2008) bei ihrer Tagung in Luxemburg die Kompetenzen klar abgegrenzt. In Zukunft dürfen die einzelnen Mitglieder nur über nationale Belange bilateral mit den Amerikanern verhandeln. Um Themen wie zum Beispiel den Zugriff der USA auf das Schengen-Informationssystem soll sich die EU kümmern.
Elektronische Einreiseerlaubnis für Amerikaner?
Egal zu welchem Ergebnis die Verhandlungen zwischen der EU und den USA führen werden, die Amerikaner wollen in Zukunft auf jeden Fall mehr über diejenigen wissen, die in ihr Land einreisen – und das vor allem, bevor sie den Fuß auf amerikanischen Boden setzen. Jeder USA-Reisende wird seine persönlichen Daten vor Reiseantritt im Internet in das "Electronic system for travel authorisation", kurz ESTA, eintragen müssen. Welche Daten das genau sein werden, das haben die USA noch nicht gesagt, aber die EU befürchtet, dass dieses System einer Visumpflicht gleichkommen könnte.
Wenn aber Europäer ein Quasi-Visum für die USA brauchen, dann soll es den Amerikanern nicht besser gehen, meint Roscam-Abbing. "Wir wollen herausfinden, wie nützlich eine elektronische Einreiseerlaubnis auch für die EU wäre. Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir so etwas in naher Zukunft auch einführen werden."