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Noa-Lynn van Leuven: Gegen alle Widerstände zur Darts-WM

Andreas Sten-Ziemons | Alima Hotakie
13. Dezember 2024

Als erste Transfrau tritt Noa-Lynn van Leuven bei der Darts-WM im Londoner Ally Pally an. Das erzeugt große Aufmerksamkeit, spaltet aber nicht nur die Darts-Szene in zwei Lager.

Darts-Spielerin Noa-Lynn van Leuven ballt die Faust
Noa-Lynn van Leuven tritt als erste Transfrau bei der Darts-WM an - und sieht sich Hass und Vorurteilen ausgesetztBild: Godfrey Pitt/Action Plus/picture alliance

Nicht erst seit Olympia-Boxerin Imane Khelif oder 800-Meter-Läuferin Caster Semenya beherrscht die Transgender-Debatte den Sport. Wer darf in welchem Wettbewerb antreten? Welche Voraussetzungen sind fair? Wo soll man eine Grenze ziehen?

Diese Fragen werden auch im Vorfeld der Darts-WM in London wieder heiß diskutiert, weil dort mit der Niederländerin Noa-Lynn van Leuven erstmals eine Transfrau die größte Darts-Bühne der Welt betritt - im Alexandra Palace, dem legendären Ally Pally.

Transition 2022 abgeschlossen

Auf dem Weg zum wichtigsten Darts-Turnier der Welt, wo van Leuven am Dienstag in der ersten Runde auf ihren Landsmann Kevin Doets trifft, gab es für die 28-Jährige - neben viel Unterstützung und Begeisterung - auch viele Hürden und teilweise massiven Widerstand.

Van Leuven ist als Mann geboren worden. Im Alter von 16 Jahren bezeichnete sie sich erstmals als "trans" und begann ihre Transition vom Mann zur Frau, die sie 2022 abschloss. Seit 2021 tritt sie bei internationalen Darts-Turnieren an.

Noa-Lynn van Leuven kam als Mann auf die Welt - ihre Transition schloss sie 2022 abBild: Vincent de Vries/PRO SHOTS/picture alliance

Ihr WM-Ticket hat sie über gute Ergebnisse in der Women's Series gelöst und genau daran entzündet sich nun die Kritik, die teilweise soweit geht, dass van Leuwen auf Social Media von Fremden übel beschimpft und beleidigt wird - sogar Morddrohungen gab es schon.

"Beobachtet mich vielleicht jemand?"

"Jemand schrieb mir: Wenn du meinem Mädchen auf die Damentoilette folgst, werde ich dich umbringen", erzählt van Leuven im Sport1-Podcast "Checkout". "Solche Nachrichten führen dazu, dass ich mich neulich am Flughafen gefragt habe: Okay, beobachtet mich vielleicht jemand? Könnte genau diese Person irgendwo in der Nähe sein? Das ist schrecklich."

Aufhalten lässt sich van Leuven davon nicht, aber es macht ihr zu schaffen. "Ich hatte Panikattacken, und meine Depressionen haben sich verschlimmert - alles wegen der sozialen Medien, und das ist so falsch", wird sie bei Focus.de zitiert.

Im Ally Pally herrscht eine hitzige Atmosphäre - van Leuwen muss wohl auch hier mit Rufen und Beschimpfungen rechnenBild: Zac Goodwin/PA Wire/picture alliance

"Natürlich denke ich manchmal: Okay, ist es das alles wert? Besonders, als meine Mannschaftskameradinnen aus dem niederländischen Team zurückgetreten sind, habe ich so viele Hassbotschaften in den sozialen Medien erhalten."

Kritik und Boykotte von Konkurrentinnen

Tatsächlich traten mit Anca Zijlstra und Aileen de Graaf zwei Teamkolleginnen aus Protest aus der niederländischen Nationalmannschaft zurück. "Ich respektiere ihre Haltung, nicht mit einer Transfrau in einem Team spielen zu wollen", sagte van Leuven über Zijlstra und de Graaf. "Aber das Thema wurde so riesengroß, die Medien haben es noch größer gemacht."

Auch andere Konkurrentinnen fühlten sich durch van Leuvens Teilnahme um ihre Chance auf eine WM-Teilnahme im legendären Ally Pally gebracht. Deta Hedman, selbst ehemalige WM-Starterin, trat zu einem Spiel gegen van Leuven nicht an und begründete dies später via X: "Die Menschen können im Leben sein, wer immer sie wollen, aber ich denke nicht, dass biologisch geborene Männer im Frauensport antreten sollten."

Deta Hedman: "Eine Transfrau leidet unter all dem nicht"

Gegenüber der DW erklärte die Engländerin ihren Boykott genauer: "Ich habe absolut kein Problem damit, dass Noa im Ally Pally spielt. Sie hat in dieser Saison die Challenge Tour gewonnen und ist eine großartige Spielerin", sagt Hedman. "Mein einziges Problem ist, dass Noa sich über die Women's Series qualifiziert hat, und ich bin der Meinung, dass Transfrauen nicht in der Frauenkonkurrenz unseres Sports zugelassen werden sollten."

Deta Hedman ist davon überzeugt, dass Noa-Lynn van Leuven in der Frauenkonkurrenz Vorteile hatBild: Steven Paston/PA Wire/picture alliance

Hedman begründet ihre Haltung mit biologischen Argumenten. "Es gibt Studien über Skelettunterschiede, die auf Vorteile für männliche Spieler hindeuten", sagt sie. "Außerdem haben Männer ein größeres Herz und eine größere Lunge, was dazu beiträgt, dass sich die Blutzellen schneller von Ermüdung erholen als bei Frauen." Bei großen Turnieren spiele Ausdauer eine wichtige Rolle, da man manchmal bis zu zehn Stunden in der Halle sei.

Am gravierendsten, so Hedman, seien aber Beschwerden, unter denen nur Menschen leiden, die als biologische Frauen geboren wurden. "Stell dir vor, du hast deine Menstruation oder leidest unter den weiblichen Symptomen der Peri-Menopause, Menopause, einem Fibroid oder Endometriose. Die begleitenden Symptome wie Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit, Magenkrämpfe, extreme Schweißausbrüche wirken sich auf dein Niveau in einem Präzisionssport aus", sagt sie. "Eine Transfrau leidet unter all dem nicht."

Verteidigung durch WM-Ausrichter und Weltmeister

Der Welt-Darts-Verband PDC, der die WM in London ausrichtet, zieht solche Überlegungen nicht in Betracht. Nach Richtlinien der PDC ist van Leuvens Start in Ordnung, da ihre Transition bereits 2022 abgeschlossen war. Zudem wird die Teilnahme der Niederländerin vehement verteidigt.

"Der Abschaum, der Noa-Lynn entgegengeschleudert wurde, ist völlig inakzeptabel", sagte Matt Porter, Geschäftsführer der PDC, als van Leuven immer stärker dem öffentlichen Hass ausgesetzt war. Sein Verband habe die Pflicht, dafür zu sorgen, "dass es ihr psychisch gut geht".

Weltmeister Luke Humphries (l.) und Ex-Champions Michael van Gerwen (r.) unterstützen Noa-Lynn van LeuvenBild: Thomas Schröer/Geisler-Fotopress/picture alliance

Auch viele männliche Kollegen stehen auf der Seite van Leuvens. "Sie kann verdammt gut Darts spielen. Lasst sie!", sagte der niederländische Ex-Weltmeister Michael van Gerwen und nannte das Mobbing, das van Leuven erleiden musste "nicht in Ordnung".

"Ich betrachte sie einfach als Dartsspielerin. Sie ist im Wettbewerb. Sie hat keine Regeln gebrochen. Sie tut das, was sie tun darf", sagte WM-Titelverteidiger Luke Humphries der englischen Tageszeitung "Independent". "Es wäre schön, wenn die Leute sie einfach weitermachen und spielen lassen würden. Ich wünsche ihr alles Gute. Hoffentlich gewinnt sie und es ist gut für sie."

Für den Verband und die Darts-WM ist van Leuven - abseits von all dem gegen sie gerichteten Hass - auch ein Glücksfall. Die erste Transfrau bei der WM ist eine weitere Geschichte, die dem boomenden Event Aufmerksamkeit garantiert. So wie im Vorjahr das Debüt des damals 16-jährigen Teenagers Luke Littler oder der erste Sieg einer Frau von Fallon Sherrock im Dezember 2019.

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