1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikGlobal

Transparency International warnt: Korruption ist Klimakiller

11. Februar 2025

Die globale Korruption bleibt hoch. Nach einem Bericht von Transparency International untergräbt sie den Klimaschutz und die Demokratie. Zwei Drittel der Länder schneiden im Korruptionswahrnehmungsindex 2024 schlecht ab.

Symbolbild Korruption
Bild: photothek/Imago

Rekordhitze, Überschwemmungen, Waldbrände – während das Extremwetter zunimmt und Klimaziele in Gefahr geraten, bleibt ein entscheidender Faktor oft unbeachtet: Korruption. Der Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) für 2024 von Transparency International stellt fest, dass in vielen Ländern Bestechung und Machtmissbrauch den Klimaschutz massiv behindern. Vor dem Hintergrund einer rekordverdächtigen globalen Erwärmung, der Aushöhlung der Demokratie und des Rückgangs des globalen Klimaschutzes stehe die Welt "mit dem Rücken zur Wand", heißt es in der Untersuchung. 

Korruptionskrise behindert Lösung der Klimakrise

"Wir müssen die Korruption dringend an der Wurzel packen, bevor sie sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen vollständig zum Scheitern bringt", schreibt die Geschäftsführerin von Transparency International, Maíra Martini, in dem CPI-Bericht. Sie fordert Regierungen und multilaterale Organisationen auf, Korruptionsbekämpfung als festen Bestandteil ihrer Klimaschutzstrategien zu verankern.

"Heutzutage bestimmen korrupte Kräfte nicht nur die Politik, sondern diktieren sie oft auch und hebeln die Kontrolle aus, sodass Journalisten, Aktivisten und alle, die sich für Gleichberechtigung und Nachhaltigkeit einsetzen, zum Schweigen gebracht werden", so Martini. Echte Klimaresilienz erfordere, dass diese Bedrohungen direkt und entschlossen angegangen würden. "Gefährdete Menschen auf der ganzen Welt brauchen diese Maßnahmen dringend."

Wie Korruption den Klimaschutz massiv behindert, zeigt der Bericht anhand mehrerer Fälle.

USA: Dort soll ein Energiekonzern 60 Millionen US-Dollar in ein Bestechungssystem investiert haben, um politische Entscheidungen zu beeinflussen und den Ausbau erneuerbarer Energien zu verlangsamen. Gelder flossen laut Staatsanwaltschaft an einen Politiker und dessen Partner, um eine milliardenschwere Unterstützung zweier Atomkraftwerke durchzusetzen. Berichten zufolge half dies dem Unternehmen, mit neueren, billigeren Energieformen zu konkurrieren und einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.

Millionen US-Dollar in Russland veruntreut

Russland: Eine Untersuchung lieferte starke Hinweise darauf, dass Millionen US-Dollar aus einem Projekt des Globalen Umweltfonds, verwaltet vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), veruntreut wurden. Das Projekt, das zwischen 2010 und 2017 lief, sollte die Energieeffizienz verbessern und Emissionen senken – erreichte jedoch nach CPI-Angaben keines seiner Klimaziele.

Libyen: Das arabische Land leidet unter extremen Wetterbedingungen, deren Auswirkungen durch Korruption und fehlende Anpassungsmaßnahmen noch verschärft wurden. 2023 brachen zwei Dämme nach langjähriger Vernachlässigung, was zu katastrophalen Überschwemmungen mit - laut libyschen Regierungsangaben - über 11.000 Todesopfern führte.

Vietnam: Bestechungsgelder und Schmiergelder an vietnamesische Regierungsvertreter sowie an Zoll- und Grenzbeamte haben den Schmuggel illegal geschlagenen kambodschanischen Holzes nach Vietnam und die Einschleusung in den legalen Markt erleichtert.

Nepal: Klima vor Korruption schützen

06:04

This browser does not support the video element.

"Überall auf der Welt fordern die Menschen von ihren Regierungen Maßnahmen zum Klimaschutz. Aber ihre Stimmen werden immer wieder durch die korrumpierende Macht der Öl- und Gasunternehmen, die von der Umweltzerstörung profitieren, konterkariert", kritisiert Mads Christensen, Geschäftsführer von Greenpeace International, in dem Korruptionswahrnehmungsindex für 2024. Die Unternehmen nutzten ihre Milliarden, "um Kritiker und Aktivisten zum Schweigen zu bringen, sich Macht zu erkaufen und die Schutzmaßnahmen, die unsere Familien und unseren Planeten schützen, abzubauen."

Starke Korruption belastet die meisten Länder

Transparency International hat für seinen Korruptionswahrnehmungsindex 180 Länder nach dem wahrgenommenen Grad der Korruption im öffentlichen Sektor eingestuft: auf einer Skala von null (hochgradig korrupt) bis 100 Punkten (keine Korruption). Weil die Korruption an Umfang und Komplexität zunehme, heißt es in dem Index, lägen mehr als zwei Drittel der Länder unter dem Durchschnittswert von 50 Punkten – "mit enormen und potenziell verheerenden Auswirkungen auf die globalen Klimaschutzmaßnahmen". Davon sind fast 6,8 Milliarden Menschen betroffen, was 85 Prozent der Weltbevölkerung von rund acht Milliarden Menschen entspricht.

Die Länder mit den schlechtesten Werten befinden sich meist in fragilen und konfliktreichen Ländern wie Südsudan (Indexwert 8 von 100), Somalia (9), Venezuela (10), Syrien (12), Libyen (13), Eritrea (13) sowie Jemen (13) und Äquatorial-Guinea (13).

Neben diesen düsteren Aussichten enthält der Transparency-Index auch positive Entwicklungen. So belegt Dänemark mit 90 Punkten zum siebten Mal in Folge den ersten Platz als Land mit der geringsten Bestechlichkeit. Knapp gefolgt von Finnland (88), Singapur (84) sowie Neuseeland (83), Luxemburg, Norwegen und der Schweiz (alle drei 81). Auch Deutschland gehört noch zur erweiterten Spitzengruppe der korruptionsärmsten Länder und teilt sich den fünfzehnten Platz mit Kanada - beide mit einem Wert von 75.

Allerdings schränkt Alexandra Herzog, Vorsitzende von Transparency Deutschland, ein: "Seit 2012 tritt Deutschland mehr oder weniger auf der Stelle, aber drei Punkte weniger als im Vorjahr zeigen, dass die Bundesrepublik bei der Bekämpfung von Korruption im Vergleich mit anderen Ländern ins Hintertreffen gerät." Insbesondere in den Bereichen Informationsfreiheit und Parteienfinanzierung sei der Handlungsbedarf groß.

Mehr als tausend Umweltschützer ermordet

Die Untersuchung betont aber auch die menschlichen Opfer der Klimakorruption. Natur- und Umweltschützer, die oft an vorderster Front im Kampf gegen die Klimakrise stehen, sind regelmäßig Opfer von Einschüchterungen, Gewalt und sogar Mord. Besonders in Ländern mit schwerwiegenden Korruptionsproblemen sei dies ein großes Risiko: "Fast alle der 1013 Morde an Umweltschützern seit 2019 gingen auf das Konto von Ländern mit CPI-Werten unter 50", registriert der Korruptionswahrnehmungsindex. 

Wie entstand Korruption?

02:32

This browser does not support the video element.

Der CPI verdeutlicht den starken Kontrast zwischen Ländern mit starken, unabhängigen Institutionen und freien, fairen Wahlen sowie solchen mit repressiven, autoritären Regimen. Wo die Demokratie ausgehöhlt werde, gedeihe oft die Korruption, schreibt Brice Böhmer, Leiter der Abteilung Klima und Umwelt bei Transparency International, der DW auf Nachfrage. "Im Durchschnitt schneiden Demokratien im Korruptionswahrnehmungsindex besser ab als hybride und autoritäre Regime. Gefestigte Demokratien haben einen Durchschnittswert von 73 von 100 Punkten, autoritäre Regime dagegen nur 29." 

Eine wachsende globale Bedrohung

Für François Valérian, dem Vorsitzenden von Transparency International, ist Korruption "eine der Hauptursachen für den Niedergang der Demokratie, von Instabilität und Menschenrechtsverletzungen." Die internationale Gemeinschaft müsse die Bekämpfung der Korruption zur obersten Priorität machen. "Dies ist von entscheidender Bedeutung, um den Autoritarismus zurückzudrängen und eine friedliche, freie und nachhaltige Welt zu sichern."

Seit seiner Einführung im Jahr 1995 hat sich der Korruptionswahrnehmungsindex als weltweit führender Maßstab für Bestechung und Bestechlichkeit etabliert. Er bewertet 180 Länder und Gebiete auf Grundlage der Wahrnehmung von Korruption im öffentlichen Sektor. Der Index stützt sich auf Daten aus 13 externen Quellen, darunter die Weltbank, das Weltwirtschaftsforum, private Beratungsunternehmen sowie Think Tanks und weitere Organisationen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen