1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Trauer um Opern-Visionär Mortier

9. März 2014

"Störenfried" und radikaler "Modernisierer" auf so manch bedeutender Opern- und Theaterbühne: Der Belgier Gerard Mortier, Festivalintendant und langjähriger Leiter der Salzburger Festspiele, starb mit 70 Jahren.

Opernintendant Gerard Mortier (foto: AFP/Gettyimages)
Bild: Pierre-Philippe Marcou/AFP/Getty Images

Erst vor wenigen Monaten hatte seine spektakuläre Absetzung als künstlerischer Leiter des Madrider Teatro Real für Aufsehen gesorgt. Der große belgische Opern- und Theaterintendant Gerard Mortier ist tot. Er starb in der Nacht zum Sonntag in Brüssel mit 70 Jahren an Krebs. Der am 25. November 1943 in Gent in einer flämischen Bäckerfamilie geborene Mortier galt als einer der bedeutendsten Musikmanager Europas, aber auch als "Enfant terrible" der Szene.

Er gehörte über Jahrzehnte zu den prägenden Figuren der europäischen Opern- und Konzertbühnen, vor allem auch als Intendant der Salzburger Festspiele, Leiter der Pariser Oper und des Teatro Real in Madrid. In Deutschland bewies er seinen Innovationsgeist unter anderem als Gründungsintendant der Ruhrtriennale in Essen.

In den 1970er Jahren hatte Mortier zunächst vorwiegend für Christoph von Dohnányi und Rolf Liebermann in Düsseldorf, Frankfurt und Hamburg gearbeitet, bevor er 1981 die Leitung des Brüsseler Opernhauses La Monnaie übernahm. Mit dem Ziel, die Salzburger Festspiele auch einem jüngeren Publikum schmackhaft zu machen, wurde er dann 1991 nach Österreich berufen, in der Nachfolge der "Institution" Herbert von Karajan.

Beeindruckende "Jedermann"-Inszenierung in Salzburg 1996 - auch ein turbulentes Jahr der Ära Mortier in der MozartstadtBild: imago/imagebroker/siepman

"Gerard Mortier hat niemals aufgehört, das Genre zu erneuern, mit dem Wunsch es möglichst vielen zugänglich zu machen", würdigte die belgische Kulturministerin Fadila Laanan den Avantgardisten Mortier. Der Verstorbene sei mit seinen "nonkonformisten Entscheidungen" und seinen mutigen Programmgestaltungen "ein Visionär, ein Befrager von Seelen und ein Entdecker von Talenten" gewesen, der der Oper "revolutionäre Züge" gegeben habe. Österreichs Kulturminister Josef Ostermayer würdigte Mortier als "einen der bedeutendsten Opernintendanten in Europa", der die Salzburger Festspiele in den 1990er Jahren modernisiert habe.

Rebellion und Versöhnung in Madrid

Mortiers letzter Chef, Gregorio Maranon, Stiftungspräsident des Teatro Real, meinte, der Belgier sei "zweifellos derjenige, der die Welt der Oper in den vergangenen Jahren am stärksten beeinflusst und verändert" habe. Dabei hatte der unbequeme Querdenker bis zuletzt beim Madrider Opernhaus seinem Ruf alle Ehre und viel Ärger gemacht.

Das Teatro Real verpflichtete ihn 2010. Als künstlerischer Leiter sollte er das bis dahin international wenig bedeutende Haus an die europäische Spitze führen. Seine Ambitionen wurde allerdings bald von der Wirtschaftskrise erschwert, in der auch das Opernhaus nicht von Sparmaßnahmen verschont blieb.

Kurz nach Bekanntgabe seiner Krebskrankheit im vergangenen Sommer wurde Mortier im Herbst nach einer großen Auseinandersetzung durch den Katalanen Joan Matabosch abgelöst. Gegen das Vorhaben des Madrider Kulturministeriums, einen "Spanier" zu seinem Nachfolger zu machen, machte er lauthals Front. Dennoch blieb Mortier - der in Deutschland in ärztlicher Behandlung war - dem Opernhaus an der Plaza Isabel bis zuletzt als Berater verbunden...

SC/gmf (dpa, afp, APE)