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Politik

Trauerfeier nach Messerattacke von Würzburg

27. Juni 2021

Entsetzen, Trost und Mahnungen: Zwei Tage nach dem tödlichen Messeranschlag in Würzburg hat die bayerische Stadt mit einem Trauergottesdienst unter großer bundesweiter Anteilnahme der Opfer gedacht.

Würzburg Gedenkgottesdienst im Kiliansdom
Der Gedenkgottesdienst im Würzburger DomBild: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/picture alliance

Bei der Gedenkveranstaltung im Würzburger Dom sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, das Geschehen vom Freitag bleibe "unfassbar sinnlos". Das Verbrechen sei von Hass erfüllt gewesen und tue "unendlich weh". Söder sicherte den Überlebenden und den Hinterbliebenen der Getöteten Hilfe zu und versicherte: "Sie sind nicht allein."

Der Regierungschef mahnte in seiner Traueransprache zugleich eindringlich zu "Besonnenheit" bei der Verarbeitung der Tat. Die Frage von "Gut und Böse" sei keine Frage von Nationalität oder Religion, sagte der CSU-Politiker. Die Hintergründe der Tat würden rückhaltlos aufgeklärt und Konsequenzen gezogen. "Haltlose Spekulationen" und "Klischees" linderten keinen Schmerz und keine Trauer. Wer mit Hass auf Hass reagiere, der "fügt nur neue Verletzungen zu".

Der Ministerpräsident erinnerte auch daran, dass Menschen mit Migrationshintergrund sich dem Täter spontan entgegenstellten. Deutschland habe gegenüber jedem, der sich für dieses Land und seine Bürger einsetze, ein "Schutzversprechen" abgegeben, sagte er. Dieses gelte, unabhängig vom Ort der Geburt.

Ministerpräsident Markus Söder bei der GedenkanspracheBild: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/picture alliance

Würzburgs Bischof Frank Jung sagte, das Irrationale an der Tat mache Angst. "Es erschüttert unser Vertrauen in andere Menschen. Es erschüttert unser Vertrauen in eine stabile Ordnung menschlichen Zusammenlebens." Er wolle daher "bitten um Frieden und Versöhnung angesichts der erfahrenen Schrecken. Denn nur so wird nach den Tagen der Trauer ein Neuanfang möglich werden, über dem der Segen Gottes liegt", so Jung.

Warnung vor Pauschalurteilen

Der Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt warnte angesichts der Herkunft des Täters davor, die ausländische Bevölkerung nach der Messerattacke nun unter Generalverdacht zu stellen. Die Verbrechen Einzelner seien niemals auf Bevölkerungsgruppen, Religionen oder Staatsangehörigkeiten zurückzuführen. "Auch wir Deutsche wurden nach dem Zweiten Weltkrieg nicht pauschal verurteilt. Genauso wenig gilt dies jetzt für Somalier oder generell Geflüchtete. Dieses Schubladendenken muss ein Ende haben", betonte der CDU-Politiker in einem offenen Brief.

Gedenken für die Opfer in der Innenstadt: Landtagspräsidentin Ilse Aigner, Landesinnenminister Joachim Herrmann (Mitte) und Ministerpräsident Markus SöderBild: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/picture alliance

Ein 24-Jähriger aus Somalia hatte am Freitag zahlreiche Menschen in der Würzburger Innenstadt mit einem Messer attackiert, bevor er von Polizisten mit einem gezielten Schuss ins Bein gestoppt und überwältigt wurde. Passanten hatten zuvor bereits versucht, den Mann in Schach zu halten. Der Täter sitzt wegen mehrfachen Mordes und Mordversuchs in Untersuchungshaft.

Drei Todesopfer, sieben Verletzte

Unterdessen besserte sich der Zustand einer schwerverletzten 39-Jährigen. Die Frau schwebt nach Angaben der Polizei nicht mehr in akuter Lebensgefahr. Die Polizei gab weiter bekannt, dass es sich bei den Getöteten um drei Frauen im Alter von 24, 49 und 82 Jahren handelt. Schwerverletzt wurden drei Frauen zwischen 39 und 73 Jahren, ein elfjähriges Mädchen sowie ein 16-jähriger Jugendlicher. Darüber hinaus wurden eine 26-Jährige und ein 57-Jähriger leicht verletzt. Sie konnten die Klinik inzwischen verlassen.

An der Trauerfeier im Würzburger Dom nahmen neben Angehörigen und Rettern auch die bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) und der in Würzburg lebende Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, teil. Auch Vertreter der islamischen Gemeinden in Würzburg waren anwesend.

Tatmotiv weiter unklar

Nach Angaben der Ermittler befindet sich der tatverdächtige 24-Jährige im Rahmen eines Asylverfahrens seit 2015 legal in Deutschland. Er lebt in einer Obdachlosenunterkunft. Er sei schon früher durch Gewaltbereitschaft aufgefallen und zweimal zeitweise in einer psychiatrischen Klinik behandelt worden. Zeugen zufolge rief der Mann während der Attacke "Allahu akbar" ("Gott ist größer"). Gegenüber Beamten sei zudem der Begriff "Dschihad" gefallen.

Der Bund der deutschen Kriminalbeamten fordert unter dem Eindruck der Tat mehr psychiatrische Behandlungskapazitäten in Deutschland. Knapp ein Drittel der alleinhandelnden Attentäter der Jahre 2000 bis 2015 sei psychisch krank gewesen, sagte der Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, Sebastian Fiedler, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das Problem eines Fachkräftemangels in den deutschen Psychiatrien müsse von der Bundesregierung endlich dringend gelöst werden.

kle/uh (afp, epd, kna, dpa)

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