Das Van Gogh Museum in Amsterdam präsentiert erstmals zwei der größten Avantgardisten der Malerei in einer Ausstellung: Vincent van Gogh und Edvard Munch. Denn ihr Leben und Werk steckt voller verblüffender Parallelen.
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Zwei Malerlegenden in einer Ausstellung: Edvard Munch und Vincent van Gogh
Vincent van Gogh und Edvard Munch trafen sich nie - und doch ähnelt sich ihr Leben und ihre Kunst sehr. Eine Ausstellung in Amsterdam stellt nun Kunstwerke des Niederländers Gemälden des Norwegers gegenüber.
Bild: Munch-museet/Munch-Ellingsen Gruppen/Bono
Zwei Genies mit vielen Gemeinsamkeiten
Vincent van Gogh (1853-1890) und Edvard Munch (1863-1944) haben sich nie kennengelernt. Und doch gibt es viele Verbindungslinien in ihrem Leben und ihrem Werk: Ihre Gemälde wurden zu Ikonen der Kunstgeschichte. Beide lebten zurückgezogen und in Armut. Und beiden spendete die Kunst Trost. Zwei Jahre vor seinem Tod malte van Gogh im südfranzösischen Arles die "Sternennacht über der Rhone".
Bild: Musée d’Orsay/Robert Kahn-Sriber
Ein Leben für die Kunst
Seit 1900, also noch zu Lebzeiten von Edvard Munch, wurden die beiden Künstler miteinander verglichen. Aber zum ersten Mal untersucht eine Ausstellung die Kongenialität von Vincent van Gogh und Edvard Munch. Selbst ohne kunsthistorisches Vorwissen fällt auf, dass beide Künstler die gleiche direkte Bildsprache haben. Van Goghs Selbstporträt entstand Ende der 1880er Jahre.
Bild: Van Gogh Museum, Amsterdam
Ähnliche Lebensläufe
Munch (hier im "Selbstporträt mit Palette" von 1926) und van Gogh fassten im gleichen Jahr den Entschluss, Künstler zu werden. Im Herbst 1880 besuchte van Gogh die Royal Academy of Fine Arts in Antwerpen und Munch die Royal School of Art and Design in Kristiana. Mitte der 1880er Jahre entschieden sie sich, figurativ zu malen. Beide verbrachten prägende Jahre in Paris.
Bild: Munch-museet/Munch-Ellingsen Gruppen/Bono
Pioniere der modernen Kunst
Während van Gogh sein Leben lang darunter litt, mit seiner Kunst keinen Erfolg zu haben, fand Munch mehr Akzeptanz. Der Norweger musste nicht wie sein niederländisches Pendant Hunger leiden und sich Geld leihen. Trotz unterschiedlicher Karrieren wurden Kunstwerke wie Munchs "Schrei" (im Bild) und van Goghs "Sonnenblumen" um 1900 zu Ikonen moderner Kunst, die unzählige Menschen kannten.
Bild: Munch-museet
Verblüffende Parallelen
Vincent van Gogh malte "Die Brücke von Trinquetaille" im Jahr 1888. Ähnlich wie in dem Gemälde "Der Schrei" von Edvard Munch aus dem Jahr 1893 läuft eine Person alleine an einem Fluss entlang. Auch die expressive Farbwahl und der Verzicht auf die Darstellung von Schatten erinnert an die Bildsprache des Norwegers.
Bild: Van Gogh Museum, Amsterdam
Gemälde über das bäuerliche Leben
In seiner Zeit in Nuenen, dem Dorf seiner Eltern, malte van Gogh zwischen 1883 und 1885 Bilder, die das Leben der Landbevölkerung zeigen. Er brachte Kartoffeln auf die Leinwand und übte sich in der Darstellung der harten Arbeit auf dem Feld. Etwas später entstand sein "Sämann" (1888), der sich deutlich an einem kunsthistorischen Vorbild orientiert, an Jean-François Millets Gemälde "Der Sämann".
Bild: Van Gogh Museum, Amsterdam
Naturdarstellungen von Edvard Munch
Edvard Munch trat in die Fußstapfen von Vincent van Gogh. Auch er nahm direkt Bezug auf den französischen Naturalisten Jean-François Millet. In dem Gemälde "Fruchtbarkeit" (1899-1900) zeigt er eine Bäuerin und einen Bauer, die das Erntedankfest feiern. Wie van Gogh huldigt auch Munch dem einfachen Leben und betont das Geheimnisvolle der Landschaft.
Bild: Munch-museet/Canica Art Collection
Mit van Gogh ins Unterholz
Das Gemälde "Unterholz" (1889) war Teil einer Serie von Naturstudien, in denen van Gogh seine Begeisterung für die ungestüme Kraft des Wachstums des Waldes zum Ausdruck brachte. Auch bei Edvard Munch taucht das Motiv gut dreißig Jahre später wieder auf.
Bild: Van Gogh Museum, Amsterdam
Mit Munch im Ulmenwald
Edvard Munchs "Frühling im Ulmenwald" (1923) entstand mehr als dreißig Jahre nach dem Gemälde "Unterholz" von Vincent van Gogh. Die Wahl des Motivs, die Konzentration auf die Linien und die Kraft der Natur faszinierte den Norweger im gleichen Maße, wie den Niederländer. Es ist eine weitere von vielen Gemeinsamkeiten, die die Gegenüberstellung der Werke beider Maler so interessant machen.
Bild: Munch-museet/Munch-Ellingsen Gruppen/Bono
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Es kommt sogar schon mal zu Verwechslungen der beiden Künstler: Dass Besucher im Van Gogh Museum die Museumswärter fragen "Wo geht es denn hier zum 'Schrei'?", ist keine Seltenheit. Auch wenn sich der Niederländer Vincent van Gogh und der Norweger Edvard Munch zu Lebzeiten nie kennenlernten, posthum wird ihr Werk schon seit mehr als 100 Jahren miteinander verglichen. Die Wahl der Motive, der innovative Einsatz der Farben und der Umgang mit der Fläche ähneln sich in verblüffender Art und Weise.
Viele Gemeinsamkeiten zwischen Munch und van Gogh
Auch in ihrem Leben gibt es viele Parallelen. Zum gleichen Zeitpunkt, im Herbst des Jahres 1880, beschlossen Munch und van Gogh, Malerei zu studieren. Beide schulten ihr Können an Werken des Franzosen Jean-François Millet. Anfangs prägte die Auseinandersetzung mit dem Naturalismus ihr Werk. Doch die Zeiten standen auf Aufbruch und beide suchten nach neuen Malweisen, um mit verkrusteten Traditionen zu brechen. Edouard Manet inspirierte sie, später kamen die Pointillisten dazu.
Beide Maler wuchsen Mitte des 19. Jahrhunderts in protestantischen Elternhäusern auf und litten unter dominanten Vätern. Van Gogh und Munch heirateten nie und blieben ohne Kinder. Darüber hinaus waren beide großartige Schreiber: Van Gogh verfasste tausende Briefen an seinen Bruder Theo, in denen er sich über seine Kunst Gedanken machte. Auch Munch korrespondierte eifrig, unter anderem ließ er sich über das Werk van Goghs aus. Außerdem schrieb er literarische Texte.
Van Gogh und Munch verewigten sich in zahlreichen Selbstporträts
Beide Maler zog es Mitte der 1880er Jahre nach Paris, ins Epizentrum der modernen Kunst, wo sie die Werke der Impressionisten und Post-Impressionisten studierten. Sie gingen im Louvre ein und aus und begeisterten sich für die Fotografie und japanische Drucke.
In Paris entstanden außerdem zahlreiche Selbstporträts, die zeigen, wie sich Selbstbild und Selbstverständnis der Künstler über die Jahre veränderte. Edvard Munch war in der Fokussierung auf sich selbst noch exzssiver als van Gogh, der sich selbst in rund 30 Gemälden verewigte. Sowohl die Selbstbildnisse des Niederländers als auch die des Norwegers wirken oft melancholisch bis depressiv.
Die Auseinandersetzung mit existenziellen Problemen prägte das Werk der beiden Maler: persönliche Kämpfe, Zweifel, Resignation. Sogar ihr Nervenkostüm war ähnlich labil. Doch mit der Krise ihrer Seele kamen sie unterschiedlich gut klar. Van Gogh zerbrach an ihr und brachte sich 1890 um. Munch gelang es, sich nach einem Zusammenbruch wieder zu fangen. Bis zu seinem Tod 1944 lebte er zurückgezogen in Norwegen.