Die britische Branchenmesse zwischen Brexit-Ängsten und der Hoffnung auf neue Großbestellungen. Und natürlich geprägt vom Wettstreit der ewigen Rivalen Boeing und Airbus. Wobei in diesem Jahr eher klein angesagt ist.
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Die weltweite Luftfahrtbranche trifft sich ab Montag auf dem Flugplatz von Farnborough südwestlich von London zu ihrer alle zwei Jahre dort abgehaltenen Branchenmesse, der zweitgrößten der Welt nach der Pariser Luftfahrtschau. Großbritannien ist traditionell eines der wichtigsten Luftfahrtländer der Welt, und die Wurzeln der Messe reichen bis 1920 zurück. An ihren heutigen Standort zog sie bereits 1948. Doch in diesem Jahr dürfte wegen des 2019 bevorstehenden Brexit gerade für die künftige Rolle der britischen Luftfahrtindustrie erhebliche Verunsicherung herrschen.
Fluggesellschaften und Hersteller prangerten jüngst gleichermaßen die herrschenden Unsicherheiten an und verlangten klare Regelungen. Während Airlines wie easyJet sich leichter, etwa durch Hilfskonstrukte wie der Gründung von Tochterfirmen auf dem europäischen Kontinent, behelfen können, lassen sich Herstellungskapazitäten nicht so einfach verlagern. Daher hatte Airbus zuletzt die Briten stark kritisiert, das europäische Konsortium fertigt in Broughton einen Großteil der Tragflächen für seine Flugzeuge und drohte zuletzt Investitionen in Großbritannien einzustellen wenn es zu einem "harten", sprich ungeregelten Brexit käme.
Kleinere Baureihen im Fokus
Doch das Tagesgeschäft der Branche geht trotzdem munter weiter. "Wir kommen nach Farnborough mit der soliden Basis eines bisher außerordentlich starken Jahres", strotzt Boeing-CEO Dennis Muilenburg vor Selbstbewusstsein. Auch Airbus sieht sich weiter auf Höhenflügen, beflügelt zuletzt durch die erfolgreiche Übernahme der CSeries-Flugzeugfamilie von Bombardier aus Kanada. Gleich am Tag der Bekanntgabe des neuen Markennamens Airbus A220 konnte Airbus eine wichtige Order einfahren, die US-Gesellschaft JetBlue bestellte 60 Maschinen. Das pikante daran ist dass JetBlue bisher in diesem Segment 60 Flugzeuge des Konkurrenten Embraer aus Brasilien einsetzt. Der wiederum begibt sich jetzt in eine Kooperation mit Boeing. Beide Weltmarktführer wollen mit der Anbindung von jeweils einem der beiden nächstgrößeren Unternehmen ihre Produktfamilien am unteren Rand in der Klasse der 100- bis 150-Sitzer erweitern wo weder Boeing noch Airbus aktuell vertreten waren.
Hintergrund ist dass beide Riesen allein derzeit nicht in der Lage sind, den Bedarf an Flugzeugen mit einem Mittelgang zeitnah zu befriedigen. "Der Druck auf die Hersteller in diesem Bereich bleibt hoch, trotz voll ausgelasteter Produktionskapazitäten hinkt die Auslieferung dem Kundenbedarf deutlich hinterher", so eine aktuelle Studie der Münchner Beratungsfirma AlixPartners. "Der Auftragsbestand erreichte eine Rekordhöhe von über 11.700 Flugzeugen - 145 Prozent mehr als noch im Jahr 2010." Allerdings haben es Wertbewerber außerhalb des Duopols der großen Zwei schwer, im vergangenen Jahr noch vor den jüngsten Übernahmen vereinten sie lediglich sieben Prozent der Bestellungen im Segment der Flugzeuge mit einem Mittelgang auf sich. Jetzt dürfte es noch schwerer werden.
Airbus-Riese A 380 als Second-Hand-Variante
"Derzeit bleibt einzig die C919 des chinesischen Herstellers Comac eine nennenswerte Alternative zu den Programmen der Boeing 737- und Airbus A320-Familien, die aktuell dieses Marktsegment beherrschen", konstatieren die Berater. Sie gehen auch davon aus dass die Luftfahrtbranche weiterhin anhaltendes Wachstum erleben wird. Bei einer durchschnittlichen Steigerung des Luftverkehrs um 4,5 Prozent in den nächsten 20 Jahren könnte sich die Flotte an Verkehrsflugzeugen fast verdoppeln, von 22.300 Maschinen in 2017 auf knapp 40.000 im Jahr 2037, heißt es in der Analyse weiter.
Die Zeit der wirklichen Neuheiten in der Verkehrsflugzeugsparte allerding sind seit den letzten großen Premieren des Airbus A350 (Erstflug 2013) und Boeing 787 (Erstflug 2009) sowie der jetzt zur A220 mutierten Bombardier CSeries (Erstflug 2013) weitgehend vorbei. Das zeigt sich auch in Farnborough: Hier präsentieren Airbus und Boeing lediglich die jüngsten Weiterentwicklungen bestehender Modelle. Es wird auch um die Zukunft des Riesenfliegers A380 gehen, der sich bisher kommerziell als Flop erwiesen hat. In Farnborough wird eine der ersten A380, die 2007 den Liniendienst bei Singapore Airlines aufnahm, nun als Second Hand-Flugzeug in den Farben einer portugiesischen Chartergesellschaft vorgestellt. Dass die A380 noch eine späte Blüte erleben könnte, halten Branchenexperten allerdings für unwahrscheinlich.
Lufthansa: Des Kranichs neue Federn
Ab Donnerstag sind am Himmel über Deutschland neue Flugzeuge zu sehen. Gut, nicht die Flugzeuge sind neu, sondern nur ihre Bemalung. Die Lufthansa hat ihrem Wappentier, dem Kranich, ein neues Design spendiert.
Bild: picture alliance/dpa/B. Roessler
Das Spiegelei kommt weg
Das Auffälligste an der Neulackierung der Lufthansa-Maschinen wird das Heck sein: Das Seitenruder wird in Zukunft ganz blau lackiert, der Kranich darauf weiß. Damit fällt der gelbe Kreis, von Spöttern liebevoll "Spiegelei" genannt, fort. Außerdem werden die Flugzeuge an der Unterseite nicht mehr grau lackiert, sondern wie der Rest der Maschine schlicht weiß.
Bild: Getty Images/AFP/C. Stache
Als noch das Silber glänzte
Bei dieser Boeing 737-100, die die Lufthansa 1968 als erste Airline der Welt im Liniendienst eingesetzt hat, sieht man das über Jahrzehnten gewohnte Design auf einen Blick: Die glänzend-graue Rumpfunterseite, die schwarze Nase und das Spiegelei auf der Schwanzflosse. Das Silberne ist schon länger einem schlichten weiß gewichen.
Bild: picture-alliance/dpa/Lufthansa
Von Anfang an dabei: Der Kranich
Die ersten Maschinen, hier ein Beispiel von 1928, sahen noch ganz anders aus. Auf dieser Junkers G 24 der "Deutschen Luft Hansa AG", so der damalige Name von Deutschands größter Fluglinie, gibt es kein "Spiegelei". Doch auf dem Flugfeldbus links sieht man zweimal den Kranich: Den Lufthansa-Wappenvogel, ein Entwurf des Grafikers und Architekten Otto Firle, gab es von Anfang an.
Bild: picture-alliance/dpa/Lufthansa-Bildarchiv
Veteran
Eine der bekanntesten Maschinen, die die Lufthansa je im Dienst hatte, war die Junkers Ju-52. Einige Exemplare fliegen noch heute. Aero-Nostalgiker können mit den alten Schätzchen Rundflüge unternehmen. Und auch die am Boden Zurückgebliebenen fühlen sich manchmal um Jahrzehnte zurückgesetzt, wenn sie nämlich das charakteristische tiefe Brummen der "Tante Ju" hören.
Bild: DW/Maksim Nelioubin
Vorkriegsdesign
Bei genauerer Betrachtung fällt das altertümliche Design auf: schwarze Nase und Triebwerke und der Firmenname auf der Seite unter dem Cockpit. Es sollte noch wenigstens eine Generation dauern, bis sich der Begriff "Corperate Design" durchsetzte und seinen Niederschlag auf den Rümpfen von Lufthansa-Maschinen fand.
Bild: DW / Nelioubin
Die Super-Connie
Ein anderer Star der Lufthansa-Geschichte ist die Lockheed L 1049C, die Super Constellation, oder "Super-Connie". Vom Design kommt sie eher spartanisch daher: Keine schwarze Nase und der Firmenname relativ klein, aber zentral auf der Seite. Immerhin: Der Kranich ist da, wo er hingehört. Vor allem aber gab es damals noch kein Spiegelei - das wäre hier doch ziemlich aufdringlich.
Bild: Getty Images
In den Sechzigern
Zwischendurch wurde das Erscheinungsbild immer wieder etwas variiert: Bei dieser Vickers V-814 Viscount, die 1968 fotografiert wurde, war das gelbe Kranich-Logo auf dem Seitenruder relativ klein, der Lufthansa-Schriftzug deutlich größer und die beiden Firmenfarben Blau und Gelb waren schnittig rasant um den ganzen Rumpf herumgezogen.
Bild: picture-alliance/dpa/Deutsche Lufthansa AG
Für einen besonderen Anlass ...
... geht immer was. Nach dem Titelgewinn bei der Fußball-WM in Brasilien 2014 wurden die Kicker-Helden mit einer Sonder-Lackierung belohnt. Der "Siegerflieger" der "Fanhansa" grüßte sogar über der Fanmeile im Berliner Tiergarten flügelwinkend Hunderttausende Fans, als er die frischgebackenen Weltmeister nach Hause brachte.
Bild: picture-alliance/dpa
Kranich mit Pflanzenöl
Generell aber gilt: eine Marke - ein Design. Auch wenn eine Maschine wie dieser Airbus A321 bei einer Testreihe im Jahr 2011 mit Bio-Treibstoff flog, so wurde das zwar aufs Triebwerk geschrieben, das Design aber generell so belassen, wie es damals dem Corporate Design entsprach - einschließlich Spiegelei am Heck.
Bild: Lufthansa Bildarchiv
Logo-Wimmelbild
Bei einem neuen Design müssen ja nicht nur die Rümpfe der Flugzeuge umgespritzt werden. Nach und nach wird das gesamte Erscheinungsbild verändert und angepasst. Und das ist schon eine ziemliche Arbeit. An Bord dieses Flugzeuges, einer Boeing 747-8, gibt es den Kranich nämlich sehr, sehr oft. Die Lufthansa hat einmal nachgezählt und hat bei 45.000 (!) aufgehört. Na dann: Frisch ans Werk!
Bild: dapd
Sieben Jahre
Dieses Bild, eine Computer-Grafik, zeigt eine Boeing 747-8 - das ist das Modell mit den 45.002 Kranichen im Inneren und außen am Seitenleitwerk. Es zeigt, an welchen Anblick wir uns in den kommenden Jahren gewöhnen werden. Die Lufthansa schätzt, dass der letzte Vogel in sieben Jahren umlackiert sein wird. Einen Kulturschock am Himmel wird's so wohl nicht geben.