Zeit fürs Oktoberfest: Welches Bier passt zur Brotzeit oder zum Obatzter? Diese Frage kann am besten ein Bier-Sommelier beantworten. Den Weltmeistertitel trägt ein Italiener - das Geschmacks-Geheimnis liegt im Hopfen.
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Hopfen: das "grüne Gold" im Bier
Was gibt Bier seinen unverwechselbaren Geschmack, seine Seele? Die filigranen, hellgrünen Dolden des Hopfens – eine wichtige Zutat jedes Bieres.
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Hopfen und Malz, Gott erhalt's!
Biergartenschilder sind oft mit gemalten oder stilisierten Hopfendolden verziert. Schon das legendäre "Reinheitsgebot" aus der Bayerischen Landesordnung von 1516 besagte, dass "allein Gerste, Hopfen und Wasser" zum Brauen benutzt werden dürfen – was später um Malz und Hefe erweitert wurde.
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Die Essenz des Bieres
Bierkenner sprechen beim Probieren oft von einem mehr oder weniger "hopfigen" Geschmack. Die konisch geformten Dolden des Hopfens beinhalten ein bitteres Öl – und je nach Kochdauer gleichen sie die Süße des Malzes mehr oder weniger aus. Sie sind auch für die schaumige "Blume" im Bierglas zuständig. Hopfen hat eine antibakterielle Wirkung und wirkt anregend bei Verdauungsbeschwerden.
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Die Ernte des "grünen Goldes"
Die Tradition des Hopfenanbaus in Deutschland reicht bis ins 8. Jahrhundert zurück. Hopfenpflanzen benötigen viel Sonne und Wasser, und sie werden sehr hoch. Die Pflanzen werden so gesät, dass sie in den sogenannten Hopfengärten jeweils in weit auseinander stehenden Reihen und schräg nach oben wachsen, damit sie möglichst viel Sonne abbekommen. Erntezeit ist im August und September.
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Aromatische Zutat
Deutschland, die USA und China sind die weltweit größten Hopfenproduzenten, die gesamte Produktion geht in die Brauwirtschaft. Die berühmte Hallertau in Bayern ist die größte Hopfenregion der Welt. Es gibt dutzende von Hopfenvarianten, ihr Geschmack reicht von mild über würzig bis hin zu blumig oder harzig. Heute wird der Hopfen meist zu Pellets oder Extrakten verarbeitet und luftdicht verpackt.
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Je bitterer, desto beliebter?
Hopfen sorgt für das Aroma und die Bitterkeit des Bieres, deren Wert mit den sogenannten "International Bitterness Units" (IBU) vereinheitlicht wurde. Vor Beginn des Gärungsprozesses gibt der Bierbrauer 100 bis 400 Gramm Hopfen in 100 Liter Bier, je nach gewünschtem Ergebnis. Im Vergleich zu den Lager- und Exportbieren ist das äußerst beliebte Pilsener wesentlich stärker gehopft.
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Das Malz in Schach halten
Kölsch, Weizen, Helles oder Schwarzbier – alles eine Frage des Geschmacks. Das Reinheitsgebot wird jedoch stets eingehalten. Hier prüft ein Braumeister in der Düsseldorfer Füchschen-Brauerei ein Altbier auf Reinheit und Geschmack. Jede Region hat ihre ureigenen Biersorten. Nicht umsonst wird Bier in Deutschland auch gerne mal "flüssiges Brot" genannt.
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Unerreichte Vielfalt
Deutsche Bierbrauer haben über viele Jahrhunderte eine große Vielfalt an Bieren kreiert: mehr als 5.000 verschiedene Sorten gibt es hierzulande. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 1.300 Brauereien gezählt. Jetzt hat die Craft-Beer-Bewegung auch das Herzland der Bierkultur erreicht. Und auch, wenn junge Brauer nun mit den ungewöhnlichsten Inhalten experimentieren – sie alle brauchen Hopfen.
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"Bier ist nicht gleich Bier!", schmunzelt der 38-Jährige. Er schwenkt das bauchige Bierglas, hält es gegen das Licht, senkt tief die Nase hinein, schnuppert, nippt und befindet, noch vernehmlich schmatzend: "Ein edler Tropfen!" Riva muss es wissen. Er ist ausgebildeter Sommelier für Bier, einer von 65 in Italien und der beste von rund 1800 weltweit.
Erst im Juli hat Riva die Weltmeisterschaft der Sommeliers für Bier gewonnen. Im brasilianischen Rio trat er gegen 53 Rivalen aus neun Nationen an. In sechs Disziplinen wurde gekämpft. Bierstile mussten erkannt, Biermarken zugeordnet werden. Das richtige Bier zum richtigen Essen galt es zu bestimmen. Auch die überzeugendste Präsentation wurde bewertet. Am Ende kam die beste Biernase der Welt diesmal nicht aus Deutschland oder Tschechien. Der deutsche Meister Markus Seiler und Deutschlands Vizemeister Guido Grothe mussten sich geschlagen geben – der Italiener Simonmattia Riva ist der weltbeste Bier-Sommelier.
Italiens neue Bier-Bewegung
Ein Zufall ist das nicht. In ganz Italien schießen derzeit kleine, regionale Biermanufakturen wie Pilze aus dem Boden. Rund 800 zählte der italienische Verband der Mikrobrauer zuletzt, Tendenz steigend. Mit 6000 verschiedenen Biersorten produzieren sie eine riesige Bier-Vielfalt – und damit Stoff für eine schnell wachsende Fangemeinde. "Wir haben hier eine neue Bier-Bewegung", sagt Riva. Seinen Job als Philosophielehrer hat er an den Nagel gehängt und betreibt inzwischen die "Bier-Garage", einen angesagten Bier-Pub in Bergamo.
Dass es immer mehr Bier-Sommeliers wie Simonmattia Riva gibt, kommt nicht von ungefähr. Pate steht vielmehr ein Welttrend: Biertrinker rund um den Globus greifen immer häufiger zu Edelbieren. Neben Pils, Export, Weißbier und ober- und untergärigen Biersorten ist die Sortenvielfalt von Bieren in den vergangenen Jahren förmlich explodiert, ebenso die Zahl der Brauereien. Verwertbare Zahlen stammen aus den USA, wo die Anzahl der Herstellerbetriebe von 40 im Jahr 1975 auf über 3500 Unternehmen im Jahr 2015 hochschnellte. Neue Biersorten wurden aus der Taufe gehoben. Edelbiere, sogenannte Craft-Biere, boomen - nach Branchenangaben mittlerweile auch in Deutschland.
"Nicht saufen, sondern genießen"
Bei Bierverkostungen in seiner "Bier-Garage" klärt Simonmattia Riva seine Gäste über Geschmack, Farbe, Konsistenz und Herstellungsweisen auf. Er berät Brauer über aussichtsreiche Geschmacksvarianten. Ob herb, malzig, hopfig oder süffig, ob nach Schokolade oder Früchten schmeckend - der Aromenvielfalt beim Bier sind keine Grenzen gesetzt. Der Biersommelier erkennt sie alle. Auch tourt er durch Restaurants, wo er schon mal die passende Biersorte zur ausgewählten Speise empfiehlt. Riva versteht sich als Botschafter des Bieres, als ein Lotse im großen Biermeer. Seine Devise: "Nicht saufen, sondern genießen!"
Auch das Oktoberfest in München hat Riva mehr als einmal besucht. "Ein super Event", findet er. "Aber bevor etwas Ähnliches in Italien stattfindet, fließt noch viel Bier die Kehlen hinunter!"