1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteLibanon

Trotz Waffenruhe: Israel und Hisbollah feuern aufeinander

3. Dezember 2024

Die israelische Luftwaffe bombardiert nach erneutem Raketenbeschuss aus dem Libanon Dutzende Ziele im Nachbarland. Wird die Waffenruhe allmählich ausgehöhlt?

Rettungskräfte durchsuchen die Trümmer eines Hauses nach einem israelischem Luftangriff im November 2024
Rettungskräfte im Einsatz in Beirut nach einem israelischen Luftangriff am 23. November 2024Bild: Hassan Ammar/AP Photo/picture alliance

Wenige Tage nach Beginn einer Waffenruhe zwischen Israel und der radikalislamischen Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon hat das israelische Militär heftige Luftangriffe gegen die Hisbollah geflogen. Die Luftwaffe habe "Hisbollah-Terroristen, Dutzende Abschussrampen und terroristische Infrastruktur im gesamten Libanon getroffen", hieß es. Die Angriffe seien eine Reaktion auf vorherigen Beschuss durch die pro-iranische Miliz. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden fünf Menschen in dem Dorf Haris getötet sowie zwei weitere verletzt. Im Dorf Tallus starben demnach vier Menschen durch israelischen Beschuss, ein weiterer erlitt Verletzungen.

Die Hisbollah hatte am Montag anscheinend erstmals seit Inkrafttreten der Waffenruhe vergangene Woche eine israelische Stellung angegriffen. Die Miliz bekannte sich zu einem Angriff auf eine israelische Stellung auf den Scheba-Farmen, die von Israel als Har Dov bezeichnet werden.

Schon lange ein Zankapfel: Bei den Scheba-Farmen gab es auch im Oktober 2023 Schusswechsel Bild: Joseph Eid/AFP/Getty Images

Die Farmen liegen in einem zwischen Israel und dem Libanon umstrittenen Gebiet nahe dem Dorf Kfar Schuba. In dem etwa 30 Quadratkilometer kleinen Gebiet an der Grenze von Israel, Libanon und Syrien waren im Jahr 2006 zwei israelische Soldaten entführt worden, dies löste damals den zweiten Libanon-Krieg aus.

Israel droht mit harter Antwort

Die israelische Armee hatte zuvor erklärt, dass die Hisbollah zwei Geschosse auf das Gebiet abgefeuert habe. Die Geschosse gingen demnach in dem Gebiet von Har Dov auf offenem Gelände nieder. Es wurde niemand verletzt. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu beschuldigte die Hisbollah einer "schwerwiegenden Verletzung" der Waffenruhe und kündigte eine Antwort "mit aller Kraft" an. Auch der israelische Verteidigungsminister Israel Katz kündigte im Onlinedienst X eine "harte Antwort" an. Die Hisbollah wird von den USA, Deutschland und mehreren sunnitischen arabischen Staaten als Terrororganisation eingestuft.

Die Waffenruhe ist seit Mittwoch in Kraft. Sie war nach mehr als einem Jahr zunehmend heftiger Kämpfe unter internationaler Vermittlung zustande gekommen. Israel hatte jedoch angekündigt, weiter gegen Bedrohungen aus dem Libanon vorzugehen, "falls die Hisbollah gegen das Abkommen verstößt und versucht, sich wieder zu bewaffnen". Die israelische Armee führte seitdem mehrfach Angriffe auf Hisbollah-Stellungen durch, von denen aus ihrer Sicht Verstöße gegen die Waffenruhe ausgingen.

Der israelische Außenminister Gideon Saar wies am Montag Vorwürfe zurück, Israel verletze seinerseits die Waffenruhe. Er reagierte damit auf Kritik seines französischen Kollegen Jean-Noël Barrot. Dieser hatte in einem Telefonat mit Saar an die "Notwendigkeit" erinnert, "dass alle Seiten die Waffenruhe im Libanon respektieren". Saar erklärte weiter, die vom Iran hochgerüstete Miliz habe versucht, Waffen in den Südlibanon zu schmuggeln. Die "grundlegendste Verletzung der Vereinbarungen" sei jedoch die Präsenz der Hisbollah "südlich des Litani-Flusses".

Der israelische Außenminister Gideon Saar (Archivbild)Bild: Jalaa Marey/AFP/Getty Images

Die Vereinigten Staaten von Amerika als Israels wichtigster Verbündeter warnten unterdessen davor, Verstöße gegen die mühsam ausgehandelte Waffenruhe überzubewerten. "Wenn man eine Waffenruhe hat, gibt es natürlich Verletzungen", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller.

Libanons Parlamentspräsident macht Israel Vorwürfe

Die Hisbollah und Israels Militär werfen sich immer wieder gegenseitig Verstöße gegen die Waffenruhe vor. Der libanesische Parlamentspräsident Nabih Berri bezichtigte Israel Dutzender Verstöße dagegen. In einer im Fernsehen übertragenen Rede sprach er von "aggressiven Aktionen der israelischen Besatzungstruppen", die Häuser in libanesischen Grenzdörfern mit Bulldozern zerstörten, sowie mehreren Luftschlägen. Vonseiten des israelischen Militärs hieß es wiederum, die Akteure im Libanon müssten die feindlichen Aktivitäten der Hisbollah unterbinden. Israel stehe weiter zu seiner Verpflichtung, die Bestimmungen der Vereinbarung über die Waffenruhe zu erfüllen, hieß es. 

Nordisrael: Einwohner misstrauen Waffenstillstand

02:23

This browser does not support the video element.

Die von den USA und Frankreich vermittelte Waffenruhe-Vereinbarung sieht vor, dass die israelische Armee den Südlibanon innerhalb von 60 Tagen schrittweise verlässt. Die Hisbollah soll sich ihrerseits aus dem Grenzgebiet bis hinter den etwa 30 Kilometer von der Grenze entfernten Fluss Litani zurückziehen und ihre militärischen Stützpunkte auflösen. Lediglich die libanesische Armee und Blauhelm-Soldaten der Friedensmission UNIFIL sollen vor Ort verbleiben.

Zweite Front gegen Israel

Die Hisbollah hatte ihre Zustimmung zu der Vereinbarung nicht mehr wie zuvor an eine Waffenruhe im Gazastreifen geknüpft. Nach dem Großangriff der dort herrschenden Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hatte die Hisbollah mit regelmäßigen Raketenangriffen vom Libanon aus eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Als Reaktion beschoss Israel immer wieder Hisbollah-Ziele im Nachbarland. Seit Mitte September hatte die israelische Armee ihre Angriffe dann deutlich verstärkt, zudem startete sie Ende September eine Bodenoffensive im Südlibanon.

Indes riefen der französische Präsident Emmanuel Macron und der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman zu einer Präsidentschaftswahl im Libanon auf. "Sie forderten gemeinsam die Abhaltung einer Präsidentschaftswahl im Libanon mit dem Ziel, die Libanesen zusammenzubringen und die für Stabilität und Sicherheit notwendigen Reformen durchzuführen", erklärte der Elysée-Palast in Paris. Macron ist derzeit auf Staatsbesuch in Saudi-Arabien.

kle/sti/jj (afp, dpa, rtre)

Redaktionsschluss: 16.30 Uhr (MEZ) - dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.