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Politik

Deutschland soll mehr für US-Soldaten zahlen

Patrick Große | Teri Schultz
12. März 2019

US-Präsident Trump will, dass die NATO-Partner ihre Militärausgaben steigern. Ein neuer Plan der US-Regierung soll nachhelfen: Alliierte sollen die US-Truppen in ihrem Land selbst bezahlen - und noch ein bisschen mehr.

USA Arizona Donald Trump
Bild: picture-alliance/ZUMA Wire/I. Martinez

In mehr als 160 Ländern haben die USA mehr als 170.000 Soldaten stationiert. Die Truppenstärke außerhalb der Vereinigten Staaten ist damit annähernd so groß wie die der gesamten deutschen Bundeswehr.

Die USA wollen im Ausland nicht nur ihre eigenen Interessen umsetzen. Es geht auch um den Schutz von Verbündeten - vor allem der NATO-Partner. Über Jahrzehnte hinweg konnten sich die Alliierten der USA auf diese Unterstützung verlassen. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump steht das infrage.

US-Truppen als Privileg

Trump macht für den Schutz durch die USA zur Bedingung, dass die Verbündeten mehr für die eigene Verteidigung ausgeben. Ein neuer Plan aus dem Weißen Haus zeigt, wie ernst Trump es meint. Die Agentur Bloomberg berichtet, es sei das Prinzip "Cost Plus 50" (Kosten plus 50) im Gespräch. Es geht darin um Länder, die US-Truppen stationieren, wie zum Beispiel Deutschland. Diese Länder sollen die kompletten Kosten für die Truppen übernehmen. Zusätzlich sollen sie 50 Prozent drauflegen - für das Privileg sozusagen, US-Kräfte im Land haben zu dürfen.

Das US-Militär weltweit: Deutschland auf Platz zwei hinter Japan

Bisher sei das Konzept nur eine Option, die innerhalb der US-Führung diskutiert werde, schreibt Bloomberg. Entschieden sei noch nichts. Zumal der Vorstoß auch bei Führungskräften in Verteidigungsministerium und Militär für Aufruhr sorgt.

Ben Hodges, ehemaliger Kommandant des US-Militärs in Europa, lebt seit 2017 in Deutschland. Der erfahrene Kenner der US-Verteidigungspolitik kritisiert die Pläne, sofern sie stimmen sollten: "Als ich zum ersten Mal davon gehört habe, war ich sehr erstaunt. Das kann keine ernsthafte politische Erwägung sein", sagte er der DW.

Versuchsfeld Südkorea

Dass Trump es ernst meint, zeigen die jüngsten Verhandlungen mit Südkorea. Nach Japan und Deutschland liegt das asiatische Land mit rund 26.000 US-Soldaten auf dem dritten Platz der größten amerikanischen Truppenstandorte im Ausland. Trump forderte von Südkorea mehr Geld für die Stationierung der Soldaten. "Wir wollen die Kosten plus 50 Prozent", soll Trump gesagt haben. Am Ende stimmte Südkorea zu, immerhin acht Prozent mehr zu zahlen: 924 Millionen statt 830 Millionen US-Dollar.

Ehemaliger US-Kommandant für Europa Ben Hodges: "Hoffe die Berichte sind übertrieben"Bild: picture-alliance/dpa/Sputnik

"Die US-Armee ist in Südkorea stationiert, um das Land zu verteidigen", erklärt Ben Hodges. Dort sei es noch einigermaßen verständlich, dass Trump mehr Geld fordert. "Aber die Truppen, die in Deutschland, Italien, Griechenland oder Großbritannien stationiert sind, dienen der gemeinsamen Sicherheit aller."

Deutschland: Drehkreuz des US-Militärs

Deutschland ist für die USA der wichtigste Standort in Europa. Ende 2018 waren mehr als 35.000 US-Militärs in Deutschland aktiv. Mehr US-Soldaten im Ausland sind nur in Japan stationiert. In Stuttgart befinden sich die Zentralen der US-Armee für die Aufgabenbereiche Europa und Afrika. Die Europa-Zentrale der Luftwaffe ist in Ramstein im Bundesland Rheinland-Pfalz. Auch Marineinfanteristen (US-Marines) sind in Deutschland stationiert, nur die Navy hat keinen festen Stützpunkt in Deutschland.

Das Regional Medical Center in Landstuhl ist das größte Lazarett der US-Armee außerhalb der Vereinigten Staaten. Dort wurden Soldaten versorgt, die zum Beispiel im Irak verletzt wurden. Und gerade baut das Militär in der Nähe von Ramstein ein weiteres Krankenhaus, für fast eine Milliarde US-Dollar.

Donald Trump beim NATO-Gipfel im Juli 2018: "Manche Länder, darunter Deutschland, müssen mehr zahlen"Bild: Reuters/P. Martinez

"Die US-Truppen im Land bringen einen sehr kleinen Vorteil für Deutschland, aber einen großen Vorteil für die Vereinigten Staaten", sagt Thomas Hitschler, SPD-Politiker im Verteidigungsausschuss des Bundestags. Darum wäre es unangebracht, die Kosten auf Deutschland abzuwälzen. Ex-Army-Kommandant Ben Hodges stimmt zu: "Es ist zu unserem eigenen Vorteil. Nur so können wir in Afrika, im Nahen Osten und in Europa tun, was wir tun müssen."

Unvorstellbare Summen

Hitschler sieht in dem Plan die bekannte aggressive Rhetorik des US-Präsidenten, die zum Ziel hat, die besten Deals für die USA herauszuschlagen - ganz nach dem Motto "America First". Und es ist nicht das erste Mal, dass Trump Geld von Verbündeten verlangt. "Wohlhabende, wohlhabende Länder, die wir beschützen, stehen alle unter Beobachtung", hatte Trump in einer Rede vor dem Pentagon gesagt. "Wir können nicht der Depp für alle sein."

Vor allem Deutschland hat der US-Präsident mehrmals dafür angegriffen, dass seine Militärausgaben nicht, wie von NATO vereinbart, bei zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts liegen. Generalleutnant a.D. Hodges stimmt zu, dass Deutschland mehr tun müsste, aber: "Wir sollten Wege suchen, um mit diesen Ländern zusammenzuarbeiten und sie nicht ständig vor den Kopf zu stoßen."

Rechne man die Kosten zusammen, die Deutschland für die Sicherheit in der Welt aufbringe - also neben Verteidigung auch Entwicklungshilfe oder Diplomatie - bewege man sich tatsächlich auf die Zwei-Prozent-Marke zu, erklärt Thomas Hitschler.

Aktuell, rechnete der Think-Tank "Rand Corporation" vor, zahlt Deutschland für die US-Truppen im Land etwa eine Milliarde US-Dollar pro Jahr, rund 28 Prozent der Kosten. Mit der Kosten-plus-50-Regelung würde könnten die Kosten - nur für die Stationierung der US-Truppen - fünf bis sechs Mal so hoch liegen, nämlich bei rund 4,6 Milliarden Euro.

Rabatt für gutes Benehmen

Der Bloomberg-Artikel berichtet über eine weitere Überlegung der US-Regierung, die für Kritik sorgt: Länder, die nach der politischen Agenda der USA handeln, sollen weniger zahlen müssen. Verteidigungspolitiker Thomas Hitschler sieht darin die internationale Zusammenarbeit gefährdet: "So funktioniert die gemeinsame Organisation von Sicherheit nicht."

SPD-Abgeordneter Thomas Hitschler: "Die USA haben mehr zu verlieren als Deutschland"Bild: Deutscher Bundestag/A. Melde

Am Ende könnte es dann ganz anders ausgehen, sagt Hitschler: Es könnten Grundsatzdebatten über die Stationierung von US-Truppen ausbrechen: "Ich kann mir gut vorstellen, dass es Protest und Ablehnung in der Bevölkerung geben wird", sagte Hitschler. Das würde in die aktuell kritische Haltung der Deutschen gegenüber der US-Regierung passen.

Dementsprechend zurückhaltend geht die US-Regierung bislang mit dem Vorhaben um. Auf den Standort Deutschland könnten die USA wohl nicht verzichten: "Wir brauchen diesen Zugang in Europa, um uns selbst und unsere Verbündeten zu schützen", sagt Ex-Kommandant Hodges.

Wie du mir, so ich dir

Ein solcher Vorstoß der US-Regierung könnte eine Kettenreaktion in der NATO in gang setzen, deutet Hodges an: "Sollten die USA anderen Ländern Rechnungen ausstellen, kann ich mir vorstellen, dass diese mit ähnlichen Forderungen zurückschlagen werden." Die Folge könnte eine neue Reihe von Vergeltungsschlägen sein, wie sie bereits im Zollstreit zwischen den USA und der EU zu sehen waren.

Donald Trump beim Besuch von US-Truppen im deutschen RamsteinBild: Reuters/J. Ernst

Hohe Risiken für die USA und eine angespannte Stimmung zwischen den Verbündeten - mit solchen Perspektiven kann sich der SPD-Politiker im Verteidigungsausschuss nicht vorstellen, dass Trump den Plan umsetzen wird: "Die USA hätte in Deutschland viel mehr zu verlieren als wir", sagt Thomas Hitschler. Doch US-Präsident Donald Trump gilt vielen als unberechenbar. "Ich hoffe, dass dieser Bericht [von Bloomberg, Anm.d.Red] übertrieben ist", sagt Ben Hodges. "Leider zeigen die letzten Jahre, dass an dem Ganzen durchaus etwas dran sein kann."

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