Trump auf dem NATO-Gipfel: Schmeicheln und Schweigen
25. Juni 2025
"Donald, herzlichen Glückwunsch und danke für Dein entschlossenes Handeln im Iran, das war wirklich außergewöhnlich und etwas, das sich sonst niemand zu tun getraut hätte. Es macht uns alle sicherer. In Den Haag steuerst Du auf einen weiteren großen Erfolg zu", schrieb NATO-Generalsekretär Mark Rutte vor dem Beginn des Gipfels per SMS an Trump.
Trump zögerte nicht lange und machte das Lob öffentlich. Er posteteden Wortlaut von Ruttes Nachricht in dem Netzwerk Truth Social und teilte seinerseits Lobaus.
"Der Tag in den wunderschönen Niederlanden beginnt. Der König und die Königin sind wunderbare und einzigartige Menschen, unser Frühstückstreffen war großartig! Jetzt geht es zu den sehr wichtigen NATO-Meetings. Die USA werden dort sehr gut vertreten sein."
Schmeicheln und schweigen
Ist Schmeicheln der Schlüssel zum Erfolg im Umgang mit Trump? Nicht nur NATO-Chef Mark Rutte scheint auf diese Strategie zu setzen. So verkniff er sich jede Kritik an den Bombenangriffen der USA auf die Atomanlagen im Iran, die von vielen Experten als Verstoß gegen das Völkerrecht gesehen werden.
Das Metier der Schmeicheldiplomatie beherrscht nicht nur Mark Rutte. Auch der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Großbritanniens Premier Keir Starmer umgarnen und hofieren den US-Präsidenten regelmäßig mit Charmeattacken.
"Schlüsselperson auf der Welt"
Bundeskanzler Friedrich Merz stimmte bei seinem Besuch im Weißen Haus Anfang Juni das Hohelied der deutsch-amerikanischen Freundschaft an: "Wir haben den Amerikanern viel zu verdanken, das werden wir nie vergessen", erklärte er. Trump sei die "Schlüsselperson auf der Welt", um Druck auf Russland auszuüben und den Krieg gegen die Ukraine zu beenden.
Trump wiederum lobte Merz für die von Deutschland geplanten höheren Rüstungsausgaben. "Man hätte sich kein besseres Treffen zwischen Präsident Trump und Bundeskanzler Merz wünschen können", kommentierte damals der US-Politikberater Nic Adams nach Besuch im Weißen Haus in einem TV-Interview.
"Den Westen großartig machen"
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni umschmeichelte Trump bei Ihrem Besuch im Weißen Haus Mitte April so sehr, dass dieser sich daraufhin in Lobeshymnen über die "fantastische Politikerin" ergoss. Meloni habe "Europa im Sturm erobert" und sei hoch angesehen, so Trump.
Meloni hatte bei ihrem Besuch am 17. April die historische Bedeutung der italienisch-amerikanischen Beziehungen in ihrem Sinne interpretiert. So befänden sich Italien und die USA seit dem Aufbruch von Columbus am 17. April 1492 über den Atlantik in "einem gemeinsamen Kampf gegen woke Versuche, unsere Geschichte auszulöschen".
Meloni lud Trump zu einem Besuch nach Italien ein und erklärte, sie wolle den "Westen wieder großartig zu machen". Die Anspielung auf Trumps Slogan "Make America Great Again" gefiel dem US-Präsidenten.
Strategie ohne Erfolgsgarantie
Der britische Premier Keir Starmer war bereits Ende Februar in Washington. Er nannte Trump einen "Freund des Vereinigten Königreichs" und überreichte ihm eine offizielle Einladung von König Charles.
Der Militär- und Außenpolitikexperte Carlo Masala hält dieses strategisches Schmeicheln für richtig, allerdings nur in Kombination mit politischem Selbstbewusstsein.
"Seit Trump im Amt ist, geben ihm die Europäer beständig das Gefühl, dass er ein großer Staatsmann ist, der eine richtige Vision hat", erklärte er kürzlich in einem TV-Interview.
"Umschmeicheln mit europäischem Selbstbewusstsein" sei eine "adäquate Strategie. Es gebe allerdings keine Garantie dafür, dass die Strategie auch Erfolg haben werde.
Macron: Charmante Kritik
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat genau diese Mischung angewandt. Bei seinem Besuch in Washington im Februar lobte er Trumps Initiative, den Krieg in der Ukraine beenden zu wollen. Doch als der US-Präsident behauptete, die Finanzhilfen der Europäer für die Ukraine seien Darlehen, korrigierte er Trump freundlich, aber bestimmt vor laufenden Kameras.
US-Politikberater Tobe Berkovitz von der Boston University kommt zu dem Schluss, dass eine Mischung aus Schmeicheln und Schweigen im Umgang mit dem US-Präsidenten besser funktioniert als beißende Kritik.
"Trumps Sauerstoff ist die Publicity"
"Die Strategie, Trump anzugreifen, ist bei den Wahlen 2024 gescheitert. Sie scheitert auch jetzt", schreibt er auf der politischen Plattform The Hillim Netz.
"Trumps Sauerstoff ist die Publicity. Er lebt vor der Kamera", so Berkovitz. Er rät Trumps Kritikern "nicht gegen alles zu kämpfen, was aus dem Weißen Haus kommt". Trump nutze diese Echokammer, um zu zeigen, dass er für die Wähler und gegen "die etablierten Kräfte" kämpfe.
NATO-Chef Rutte hat diese Publicity-Sehnsucht Trumps genutzt. "Donald, Du wirst etwas erreichen, was KEIN amerikanischer Präsident seit Jahrzehnten geschafft hat", hatte er im Vorfeld an Trump geschrieben. Zumindest auf dem Papier hat sich seine Prophezeiung erfüllt.