Trump im Israel-Iran-Konflikt: Kurs ohne klare Linie
16. Juni 2025
Israels Angriff auf den Iran war wohl mit Washington abgesprochen. "Es gab hier keine Überraschungen", berichtete Fox News Reporter Bret Baier nach einem Gespräch mit US-Präsident Donald Trump am vergangenen Freitag. Aktiv beteiligt sei man nicht gewesen, betont die US-Regierung. Aber der mit Abstand wichtigste und militärisch stärkste Partner Israels hat die Offensive gegen den Iran auch nicht aufgehalten.
Er wolle nicht, dass die USA in militärische Konflikte anderswo auf der Welt verwickelt werden, sagte Trump im Wahlkampf wieder und wieder. In seiner Antrittsrede im Januar 2025 bezeichnete sich der neue US-Präsident als "Friedensbringer": Die Macht der USA werde "alle Kriege beenden und eine neue Stimmung der Eintracht" über die Welt bringen. Noch im Mai 2025 sprach Trump in Saudi-Arabien von einer neuen Ära des Friedens, die im Nahen Osten anbreche.
Trump und die Atomverhandlungen im Iran
Von dieser friedliebenden Haltung blieb nach den israelischen Angriffen auf den Iran nichts übrig. Im US-Fernsehsender ABC bezeichnete Trump die Angriffe als "exzellent". Und auf seiner Plattform Truth Social schrieb er, seit Beginn der neuen Atomverhandlungen mit dem Iran habe er der Führung in Teheran immer wieder die Chance auf ein neues Abkommen eingeräumt. Sollte das nicht passieren, stünde ein Angriff bevor, der schlimmer sei, als sie es sich vorstellen könnten. Die iranischen Hardliner, die sich gegen ein Abkommen geäußert hatten, seien jetzt "alle tot", schrieb Trump in seinem Post. "Und es wird nur schlimmer werden!"
Delegationen aus beiden Ländern waren seit April mehrfach mit dem Ziel zusammengekommen, einen Ersatz für das Atomabkommen zu verhandeln, aus dem die USA während Trumps erster Amtszeit 2018 ausgetreten waren. Sein erklärtes Ziel war es zu verhindern, dass der Iran eine Atombombe bauen könnte. Bei den ersten Angriffen Israels am Freitag wurde neben militärischen und zivilen Zielen hauptsächlich die nukleare Infrastruktur im Iran getroffen.
Lassen sich die USA von Israel vorführen?
Wo also steht der US-Präsident in diesem Konflikt zwischen den regierenden Hardlinern unter Premierminister Benjamin Netanjahu in Israel und dem Regime im Iran?
Der britisch-israelische Politikwissenschaftler Daniel Levy ist Präsident des Non-Profit-Forschungsinstituts US/Middle East Project. Er sagt, Israel habe Trump möglicherweise die Idee verkauft, ein Militärschlag gegen den Iran könne die Atomverhandlungen zwischen Washington und Teheran vorantreiben. Es sei sei kein Zufall gewesen, dass Netanjahu die Militäroffensive gerade jetzt gestartet habe. "Ein Haupt-Motiv für Netanjahu war, dass er bei einem Verhandlungserfolg [zwischen den USA und dem Iran] wahrscheinlich von den Amerikanern zurückgehalten worden wäre", sagte Levy im DW-TV Interview.
Jedenfalls habe sich Trump entschieden, Netanjahu kein rotes Licht bezüglich des Angriffs gegen den Iran zu geben, schreibt William F. Wechsler, Direktor für Nahost-Programme beim Atlantic Council, in einem Blogpost für den US-Think-Tank. Es habe also keine Forderung gegeben, nicht anzugreifen. "Wir können davon ausgehen, dass die israelische Führung die Abwesenheit eines roten Lichts von den USA praktisch als grünes Licht interpretiert haben", schreibt Wechsler.
Trump zwischen den Stühlen
Erst im Mai hatte Trump seinen nationalen Sicherheitsberater Michael Waltz gefeuert. Der hatte versehentlich einen Journalisten in einen Messenger-Chat eingeladen, in dem Mitglieder der Regierung geheime militärische Pläne diskutierten. Aber nach Recherchen der Washington Post war ein anderer Faktor bei Waltz' Entlassung entscheidend gewesen: Trumps Berater soll sich intensiv mit dem israelischen Premierminister über mögliche militärische Handlungsoptionen gegen den Iran ausgetauscht haben - noch vor Netanjahus Besuch im Weißen Haus. Die Zeitung schreibt, Waltz habe die US-Politik auf einen Pfad bringen wollen, den Trump ablehnte.
Wo also steht der amerikanische Oberbefehlshaber in diesem Konflikt: Lehnt er militärische Handlungen gegen den Iran ab oder sind sie für ihn ein Grund zum Feiern? Aus Sicht von Levy fährt der US-Präsident in dieser Frage einen Zickzack-Kurs, weil seine MAGA-Basis ("Make America Great Again") gespalten ist, wenn es um Militäreinsätze in Nahost geht.
"Es gibt einen Riss in der MAGA-Welt", sagt Levy. Zum einen sei da die Fraktion, die voll hinter Trumps "America first"-Motto steht. Für sie sind die US-Interessen wichtiger als alles andere. Das Letzte, was diese Fraktion will, ist eine Verwicklung der USA in einen Konflikt, der weit entfernt stattfindet und sie nicht direkt betrifft. Andererseits gehörten zu Trumps Unterstützern auch viele konservative jüdische Amerikanerinnen und Amerikaner. Für sie sei entscheidend, dass Israel ohne Wenn und Aber unterstützt wird - notfalls auch militärisch. Levy hält das für riskant.
"Es stellt sich die Frage, ob die Welt ein Amerika zu sehen bekommt, das sich von einem Verbündeten, der außer der Reihe handelt, in eine militärische Konfrontation hineinziehen lässt", sagt Levy. "Das ist keine gute Botschaft nach außen."