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Politik

Trumps Geheimnisverrat entfacht Debatte

Richard A. Fuchs
17. Mai 2017

Der US-Präsident hat Geheimdokumente fremder Nachrichtendienste an Russland weitergegeben - und durfte das wohl auch. Ist das noch eine gute Basis für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit?

Trump Symbolbild Geheimnisverrat Dokument
Offenbar kein strenger Geheimniskrämer: US-Präsident Donald TrumpBild: Getty Images/M.Ngan

Die Geheimdienst-Affäre um US-Präsident Donald Trump sorgt für Aufregung - auch in Deutschland. So wollen viele Parlamentarier wissen, ob deutsche Geheimdienstquellen noch sicher sind angesichts eines amerikanischen Präsidenten, der allzu leichtfertig vertrauliche Dokumente ausländischer Geheimdienste an Dritte weiterreicht.

Trump soll Medienberichten zufolge FBI-Ermittlungen wegen Kontakten zu Moskau behindert und vertraulich-eingestufte Informationen ausländischer Geheimdienste an Russlands Außenminister Sergej Lawrow weitergegeben haben. Offensichtlich ohne vorherige Rücksprache mit dem israelischen Geheimdienst, der laut Presseinformationen betroffen sein soll. Gehen also bald auch Informationen des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Washington über den Ladentisch? Womöglich an zweifelhafte Verbündete?

Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele, Mitglied im parlamentarischen Kontrollgremium für die deutschen Geheimdienste, geht mit dem US-Präsidenten scharf ins Gericht. Trump trete die vertraulichen Quellen der ausländischen Dienste mit Füßen und setze sich über etablierte Regeln hinweg, sagte Ströbele im Deutschlandfunk. Das müsse Konsequenzen haben, forderte er mit Blick auf die Bundesregierung.

Die Regierung aber sieht nach eigenem Bekunden keinen akuten Handlungsbedarf. Auf gezielte Nachfragen von Journalisten, ob auch deutsche Geheimdienstinformationen in Gefahr seien, schwieg sich der Regierungssprecher in Berlin aus. Nur das parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste, das in geheimer Sitzung im Deutschen Bundestag tage, habe das Recht in dieser Frage mehr zu erfahren, ergänzte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Geheimsachen - könnten diese Information über Washington weitergereicht werden? Bild: picture alliance/dpa/K.Ohlenschläger

Muss Deutschland weiter Informationen liefern?

Ungeachtet der aktuellen Vorwürfe gegen den US-Präsidenten sei es weiter im Interesse Deutschlands, Geheimdienst-Erkenntnisse mit Partnerländern wie den USA zu teilen, sagte Seibert: "Eine gute internationale Zusammenarbeit der Dienste ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass wir den Kampf gegen den Internationalen Terrorismus effektiv führen können."

Ein Kenner der Szene bekräftigt dieses Argument. Im ARD-Interview sagte Sicherheitsberater Florian Peil: "Der Bundesnachrichtendienst ist bei der Informationsgewinnung, vor allem im Bereich der technischen Aufklärung SIGINT, noch immer stark auf die US-amerikanischen Dienste angewiesen." Ein wirklich konfrontativer Kurs sei daher so gut wie ausgeschlossen.

Im Einzelfall könne das bedeuten, dass Informationen mit einer hohen Geheimhaltungsstufe künftig erst einmal zurückgehalten würden. Am generellen Datenaustausch zwischen dem BND und den amerikanischen Diensten ändere dies nichts, sagte Peil: "Dafür ist diese Beziehung zu den USA zu wichtig. Der BND kann sich das angesichts knapper eigener Ressourcen nur sehr begrenzt erlauben."

Opposition: Regierung informiert amerikanische Dienste besser als den Bundestag

Die Grünen-Bundestagsfraktion nahm dies zum Anlass, Innenminister Thomas de Maizière (CDU) im Parlament ins Kreuzverhör zu nehmen. Der Innenminister ist für die Innere Sicherheit und den Inlandsgeheimdienst verantwortlich - und musste sich erklären. Auch er verwies auf die gemeinsame Terrorbekämpfung, die eine Kooperation alternativlos erscheinen lasse.

Konstantin von Notz, Grünen-Politiker mit Erfahrung im NSA-UntersuchsungsausschussBild: picture-alliance/dpa/Tim Brakemeier

Grünen-Politiker Konstantin von Notz sagte dazu im DW-Interview: "Die Bundesregierung geht mit den amerikanischen Partnern sehr nachsichtig um, gibt über deutsche Nachrichtendienste hochgradig generös Informationen an die amerikanischen Dienste weiter. Anders verhält sie sich gegenüber dem Bundestag, da werden relevante Informationen mit Verweis auf Vertraulichkeit der parlamentarischen Kontrolle entzogen." Der Fall Trump und dessen vermeintlicher Geheimnisverrat zeige damit auch die unterschiedlichen Maßstäbe, mit denen die Große Koalition im Inneren und im Äußeren messe.

Was würde eigentlich Angela Merkel passieren?  

Und so mancher fragt sich jetzt, was eigentlich Angela Merkel passieren würde, wenn sie wie Donald Trump ohne Rücksprache vertrauliche Informationen weitergeben würde? Trump hatte in Tweets argumentiert, dass er das Recht habe, die Geheimhaltung von Dokumenten herunterzustufen. Verfassungsrechtler bestätigten, dass dies rechtlich stimme, politisch aber nicht üblich sei. Sie sehen also einen Verstoß gegen die politischen Gepflogenheiten.

In der Geschäftsordnung der Regierung steht zu den Geheimhaltungspflichten der Bundeskanzlerin: "wenig bis gar nichts"Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Und in Deutschland? Die Geschäftsordnung der Bundesregierung gibt dazu keine nähere Auskunft. Dort wird zwar die Stellung der Kanzlerin beschrieben, doch darin stehe "wenig bis gar nichts zu der Frage von Geheimhaltung und Pflichten der Kanzlerin", sagt Professor Ulrich Rommelfanger, Verfassungsrechtsexperte und ehemaliger Verfassungsrichter in Thüringen, im DW-Interview. In ihrem Amtseid schwört die Kanzlerin jedoch, sich in ihrem Handeln stets am Staatswohl zu orientieren.

Eine Weitergabe vertraulicher Informationen an Russland, wie dies US-Präsident Trump vorgeworfen wird, wäre nach Ansicht des früheren Landesverfassungsrichters eine "Verletzung des Amtseids". Fände sich für diese Sicht eine parlamentarische Mehrheit, könnte die Kanzlerin vom Parlament abgewählt werden.

Würde also Angela Merkel in einer vergleichbaren Lage wie jetzt Donald Trump tatsächlich eine solche Abwahl drohen? "Einen ähnlichen Fall gab es in der jüngeren, deutschen Geschichte noch nie", sagt Rommelfanger: "Ich glaube, das würde keiner politisch überleben."

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