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Trump setzt Kanada unter Druck

28. August 2018

Nach der Einigung zwischen den USA und Mexiko auf eine Neuregelung ihrer Handelsbeziehungen hofft auch Kanada auf eine Lösung. Unterdessen erhöht Donald Trump den Druck auf den nördlichen Nachbarn.

NAFTA
Bild: picture alliance/AP Photo/J. Bottoni

Nach der vorläufigen Einigung mit Mexiko auf ein neues Handelsabkommen setzt US-Präsident Donald Trump nun Kanada unter Druck. Sollte der Nachbar im Norden nicht ebenfalls einer Überarbeitung des bisherigen Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) zustimmen, würden Zölle auf Fahrzeuge und Zulieferer erhoben. "Ich denke ehrlich gesagt, mit Kanada ist es am einfachsten, ihre Autos mit Zöllen zu belegen", sagte Trump.

Die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland brach auf der Stelle eine Europa-Reise ab und wird noch am Dienstag zu Gesprächen in Washington erwartet. US-Finanzminister Steve Mnuchin gibt sich zuversichtlich, bis Ende der Woche auch eine Handelsübereinkunft mit Kanada zu erzielen. Auf eine entsprechende Frage antwortete er dem Sender CNBC: "Ja, davon gehe ich aus. Wir müssen Kanada jetzt schnell an Bord holen." Die deutsche Wirtschaft, die Hunderte Milliarden in Nordamerika investiert hat, hofft ebenfalls auf eine Einigung zwischen den drei Partnern.

Damit Autos zollfrei bleiben, müssen deren Teile künftig zu 75 Prozent in den USA oder Mexiko produziert sein. Im bisherigen NAFTA-Abkommen sind es lediglich 62,5 Prozent. Die Anhebung der Mindestquote soll die Produktion in der Region stärken. Selbst wenn neue Endfertigungsstätten vor allem in Mexiko entstünden, winken den USA deutliche Vorteile. Denn Studien zeigen, dass in Mexiko zusammengebaute Autos, die in die Vereinigten Staaten exportiert werden, zu 40 Prozent aus US-Teilen bestehen.

Vorteile für US-Zulieferer

Um die Zulieferindustrie in den USA zu unterstützen, ist eine weitere Mindestgrenze vorgesehen: So muss ein Wagen zu 40 bis 45 Prozent in Regionen produziert sein, in denen Stundenlöhne von wenigstens 16 Dollar gezahlt werden. In Mexiko verdienen Industriearbeiter nach Angaben des nationalen Statistikamts Inegi durchschnittlich umgerechnet nur etwa 2,30 Dollar. Neben Mexiko zielt die 16 Dollar-Klausel auch auf die Billiglohnkonkurrenz durch Zulieferer aus Asien. Außerdem sind Vorgaben für die Baustoffverarbeitung für die Auto-Hersteller vorgesehen. Von ihnen wird verlangt, mehr Stahl, Aluminium, Glas und Kunststoff aus den USA und Mexiko zu nutzen. Das neue Abkommen soll eine Laufzeit von 16 Jahren haben und jeweils nach sechs Jahren überprüft werden.

"Es verhindert einen Handelskrieg, bedeutet in der Summe aber ein gewisses Zurückdrehen der Globalisierung, zumindest in der Industrie", sagte Commerzbank-Ökonom Christoph Balz. "Trump wird hoffen, dass seine Stammwähler wie etwa Industriearbeiter die Schutzmaßnahmen für die US-Industrie bei den Zwischenwahlen im November honorieren werden. Als Folge dürften allerdings etwa nordamerikanische Autos teurer werden." Das werde den Export von US-Autos erschweren.

Auch deutsche Hersteller sind betroffen: BMW-Werk im mexikanischen San Luis Potosi Bild: BMW Group

Auto-Aktien legen zu

Börsianer begrüßten das Abkommen, da es die Gefahr eines Handelskrieges zwischen den drei nordamerikanischen Ländern vorerst bannt. Die US-Aktienindizes S&P 500 und Nasdaq erklommen am Montag neue Höchststände. Besonders die Kurse von Autobauern zogen an. Deutsche Hersteller wie Volkswagen profitieren ebenfalls von einem reibungslosen Handel zwischen den USA und Mexiko, denn sie verkaufen in Mexiko produzierte Fahrzeuge auf dem US-Markt. Volkswagen-Papiere verteuerten sich am Dienstag um rund 2,5 Prozent. Auch in Kanada produzierte Fahrzeuge großer Konzerne wie Toyota oder Ford werden in die USA geliefert.

Eine nachhaltige Einigung aller drei NAFTA-Partner würde den deutschen Unternehmen endlich wieder mehr Planungssicherheit geben, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben. Zugleich warnte er: "Bricht der Dreierpakt auseinander, würde dies auch die deutschen Unternehmen in Nordamerika treffen. Denn diese haben dort in Milliardenhöhe investiert und über Jahre umfassende Lieferketten aufgebaut."

Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) hofft auf eine Einigung. "Denn die Wertschöpfungsketten in den drei Ländern sind eng verflochten", sagte VDA-Präsident Bernhard Mattes. "Bis zum fertigen Fahrzeug passieren Teile mehrfach die Grenzen. Deswegen ist es nun genauso wichtig, dass es zu einer Vereinbarung mit Kanada kommt und somit neue Zölle vermieden werden." Seit Ende der 1990er Jahre hätten die deutschen Hersteller und Zulieferer die Zahl ihrer Standorte im NAFTA-Raum auf mehr als 430 verdreifacht. Die Unternehmen bräuchten stabile Rahmenbedingungen und Planungssicherheit.

Auch in Mexiko Kult: der VW-Käfer lief jahrzehntelang im Werk Puebla vom Band Bild: picture alliance/dpa

"Gelöst ist das Problem noch nicht"

Die jetzige Einigung mit Mexiko nährt die Hoffnung, dass ein Ausufern des Handelskonfliktes zwischen den USA und China verhindert werden kann. Gleiches gilt für die EU und die USA - hier herrscht zumindest bei den angedrohten Sonderzöllen auf Autos seit Ende Juli ein Waffenstillstand. Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump sprachen sich nach einem Telefonat für eine Entschärfung des Handelsstreits aus. Beide hätten erklärt, sie unterstützten laufende Gespräche zwischen der EU und den USA über den Abbau von Hindernissen für eine vertiefte Handelsbeziehung, wie das US-Präsidialamt mitteilte.

Der Handelskonflikt zwischen den USA und der EU ist nach den Worten von Bundesaußenminister Heiko Maas mit der jüngsten Absprache von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Trump aber noch nicht beigelegt. "Gelöst ist das Problem damit noch nicht", sagte der SPD-Politiker in Berlin. Die von den USA erhobenen  Zölle und andere Handelsbeschränkungen seien nichts anderes als Protektionismus. Maas forderte die USA auf, ihre Zölle gegen die Europäer dauerhaft auszusetzen und die Drohungen gegen die EU-Autoindustrie zurückzunehmen.

Autoindustrie im US-Fokus

Autos aus dem Ausland hat Trump als Sinnbild für die Bedrohung der US-Industrie dargestellt. Der Branche wirft er vor, Arbeitsplätze und Produktion wegen niedrigerer Lohnkosten nach Mexiko zu verlagern. "Wir werden den Namen 'NAFTA' abschaffen", sagte Trump. Dieser habe einen schlechten Beigeschmack. Trump und Mexikos scheidender Präsident Enrique Peña Nieto erklärten, Gespräche mit Kanada würden schon in Kürze beginnen. Kanadas Premierminister Justin Trudeau telefonierte noch am Montag mit Trump und betonte, er sei an einer NAFTA-Neuauflage interessiert. Ein Sprecher des kanadischen Außenministeriums sagte, Kanada stehe in regelmäßigem Kontakt mit seinen Verhandlungspartnern und arbeite auf eine neue Vereinbarung hin. Allerdings werde das Land eine Übereinkunft nur dann unterzeichnen, wenn sie auch gut für Kanada sei.

Der Handel zwischen den USA, Kanada und Mexiko hat ein Volumen von mehr als einer Billion Dollar jährlich. Die ursprüngliche NAFTA-Vereinbarung stammt aus dem Jahr 1994. Die Verhandlungen über eine Reform des Vertragswerks haben sich über ein Jahr hingezogen.

tko/hb (rtr, afp)

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