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Politik

Trump steht gespaltenem US-Kongress gegenüber

7. November 2018

Die Wahlen zur Amtshalbzeit des US-Präsidenten haben die Machtverhältnisse in Washington neu sortiert. Donald Trump sieht sich in den kommenden zwei Jahren mit einer erheblich erstarkten Opposition konfrontiert.

USA Kapitol in Washington
Bild: Reuters/J. Ernst

Das Regieren wird für Donald Trump (72) in seiner zweiten Amtshälfte deutlich schwieriger. Bei den US-Kongresswahlen eroberten die oppositionellen Demokraten erstmals seit 2010 wieder das Repräsentantenhaus, was ihnen erhebliche Machtinstrumente gegen den Präsidenten in die Hand gibt. Weitere Steuersenkungen oder der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko dürften damit in weite Ferne gerückt sein.

Dennoch blieb Trump ein Debakel erspart, denn im Senat konnte seine Republikanische Partei ihre Mehrheit verteidigen und noch ausbauen. Trump bezeichnete den Wahlausgang deshalb in einer ersten Reaktion als "enormen Erfolg". Die Fraktionschefin der US-Demokraten, Nancy Pelosi (78), gelobte eine schärfere Kontrolle der Trump-Administration: "Dank Euch wird morgen ein neuer Tag für Amerika anbrechen!"

Neu ist auch die Menge an Frauen, die es ins Repräsentantenhaus geschafft hat: Laut Prognosen des Senders CNN ziehen 96 Frauen in die Kammer des US-Parlaments ein. 65 Amtsinhaberinnen konnten ihre Sitze verteidigen, 31 Kandidatinnen wurden neu gewählt. Der bisherige Frauen-Rekord lag laut Forschungsdienst des US-Kongresses bei 85 in den Jahren 2015 bis 2017. Die klare Mehrheit der siegreichen Frauen trat laut CNN für die Demokraten an, unter ihnen die ersten muslimischen Frauen und zwei mit indigener Abstammung.

"Es geht um die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Kontrolle"

Mit der Mehrheit im 435 Mitglieder zählenden Repräsentantenhaus haben es die Demokraten allerdings in der Hand, sämtliche republikanischen Gesetzesprojekte und damit wesentliche Vorhaben Trumps zu blockieren. Pelosi, vermutlich die künftige Vorsitzende des Repräsentantenhauses, sagte nach dem Teilsieg ihrer Partei: "Es geht heute um mehr als nur Demokraten und Republikaner. Es geht um die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Kontrolle." Gleichzeitig versprach sie, dass die Demokraten im neugewählten Kongress "auf Lösungen hinarbeiten werden, die uns zusammenbringen, weil wir alle genug von Spaltung haben". "Die Amerikaner wollen Frieden. Sie wollen Ergebnisse" fügte sie hinzu.

Nancy Pelosi (78) wird vermutlich wieder demokratische Mehrheitsführerin im Repräsentantenhaus...Bild: Reuters/A. Drago

Zu den Siegern im Rennen um Senatsposten auf Seiten der Demokraten zählen unter anderem der parteilose Senator Bernie Sanders, der meist mit den Demokraten stimmt, die möglichen Präsidentschaftskandidatinnen Elizabeth Warren und Kirsten Gillibrand, Hillary Clintons Ex-Vizepräsidentschaftskandidat Tim Kaine (Virginia) sowie Bob Menendez (New Jersey). Auch bei den auf Bundesstaatsebene zu vergebenen Gouverneursposten, von denen 36 zur Wahl standen, verzeichneten die Demokraten einige Achtungserfolge, etwa in Illinois, Michigan und New Mexico. Ähnlich wie die Republikaner hatten es offenbar auch die Demokraten verstanden, große Teile ihrer Wählerschaft erfolgreich zu mobilisieren. Nicht zuletzt Trumps Amtsvorgänger Barack Obama hatte in den letzten Wahlkampftagen für die Kandidaten seiner Partei geworben.

Enttäuschungen für Demokraten bei Gouverneurswahlen

Schwere Enttäuschungen mussten die Demokraten dagegen in Texas und Indiana hinnehmen. So unterlag ihr Kandidat Beto O'Rourke, der während des Wahlkampfs zum Hoffnungsträger der Partei aufgestiegen war, im Bundesstaat Texas dem erzkonservativen Mandatsinhaber Ted Cruz. Auch verlor der demokratische Senator Joe Donnelly im Bundesstaat Indiana gegen seinen republikanischen Herausforderer Mike Braun.

Neben der Wahl des gesamten Repräsentantenhauses sowie von 35 der 100 Senatsmitglieder wurden in 36 der 50 Bundesstaaten die Gouverneure gewählt. Auch bei diesen Wahlen erfüllten sich nicht alle Hoffnungen der Demokraten. So unterlag im Bundesstaat Florida ihr afroamerikanischer Kandidat Andrew Gillum in einem äußerst engen Rennen dem Republikaner Ron DeSantis, der ein leidenschaftlicher Trump-Unterstützer ist.

....und dann dem 72 Jahre alten Donald Trump wahrscheinlich gehörig einheizenBild: picture-alliance/C. Kleponis

Wegen der vielen Zeitzonen in den USA erstreckte sich die Wahl über insgesamt 18 Stunden. Bis das endgültige Ergebnis feststeht, wird es noch einige Tage dauern, weil beispielsweise in Kalifornien Briefwahlstimmen erst in den Tagen nach der Wahl gezählt werden. Befragungen nach der Stimmabgabe bestätigten, dass die Wahlen in hohem Maße ein Referendum über die Amtsführung des Präsidenten waren. Dieser hatte sich zur Mobilisierung seiner Anhängerschaft im Wahlkampf massiv ins Zeug gelegt und allein in den letzten sechs Tagen vor der Wahl elf Wahlkampfauftritte absolviert. Um etwa dem neuen Senator Braun zu helfen, war Trump allein vier Mal nach Indiana gefahren.

Trump dürfte sich durch die neuen Mehrheitsverhältnisse gezwungen sehen, besonders umstrittene Vorhaben abzumildern oder aufzugeben und stattdessen auf Themen zu setzen, bei denen Einigkeit zwischen Republikanern und Demokraten herrscht. Als weitgehend unstrittig gelten etwa ein Paket zur Verbesserung der Infrastruktur sowie Maßnahmen, die einen Anstieg der Medikamentenpreise verhindern sollen. Der gespaltene Kongress stellt damit Trumps Fähigkeit auf die Probe, Kompromisse zu schließen.

Die verschiedenen Mehrheiten im Kongress könnten allerdings auch bedeuten, dass das Land noch tiefer in die Spaltung gleitet und die Gesetzgebung weitgehend blockiert wird. In den USA sind die beiden Kammern des Parlaments bei den meisten Gesetzesvorhaben gleichberechtigt. Trump selbst erklärte die Kongresswahl auf Twitter vorerst in gewohnter Manier zu einem "großen Sieg" für sich und seine Partei. 

Amtsenthebungsverfahren nicht mehr völlig unrealistisch

Von den Demokraten ist nun zu erwarten, dass sie ihre künftige Mehrheit im Repräsentantenhaus auch nutzen werden, um Trump mit dem Instrument der parlamentarischen Untersuchungen zuzusetzen. Sie dürften etwa die Nachforschungen und Anhörungen zu möglichen illegalen Kontakten zwischen Trumps Wahlkampfteam und Russland erheblich verschärfen. Auch könnten sie Trump mit neuen Untersuchungen unter Beschuss nehmen, etwa zu möglichen Interessenkonflikten zwischen den Aktivitäten seines Konzerns und seiner Regierungstätigkeit oder zu den Schweigegeldern für seine mutmaßlichen früheren Sexpartnerinnen. Sogar ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump könnte nicht mehr völlig unrealistisch sein. Für dessen Einleitung reicht die einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus. Um den Präsidenten am Ende abzusetzen, ist allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Senat nötig.

sti/jv (afp, dpa, ap, rtr)