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Trump trifft Xi - seinen Gläubiger

6. April 2017

Mit Donald Trump und Xi Jinping treffen sich nun erstmals die Präsidenten der weltgrößten Volkswirtschaften. Sie haben unterschiedliche Vorstellungen von Freihandel, und der eine schuldet dem anderen Geld.

Shanghai Donald Trump und China
Bild: Getty Images/AFP/J. Eisele

US-Präsident Trump sieht sein Land vor allem als Opfer des Freihandels. Die USA kaufen viele Waren aus aller Welt, verkaufen aber relativ wenig. Das Ergebnis ist ein gewaltiges Minus in der Handelsbilanz von rund 750 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr. Unfair, findet Trump.

Beim Handel mit Dienstleistungen machen die USA dagegen ein Plus von rund 250 Milliarden Euro, was das gesamte Defizit verringert. Trotzdem bleibt unterm Strich ein Minus von 500 Milliarden. Das, findet Trump, ist immer noch unfair.

Die Zahlen haben schon im US-Wahlkampf einen Rolle gespielt - sie stehen für den Niedergang der US-Industrie, ins Ausland verlagerte Fabriken und Millionen verlorener Arbeitsplätze. Trump ist auch für sein Versprechen gewählt worden, daran etwas zu ändern.

Das 347-Milliarden-Dollar-Loch

Deshalb kritisiert er nun jene Länder, mit denen die USA besonders große Defizite haben: Deutschland und Japan, vor allem aber China. Im Warenhandel mit der Volksrepublik allein betrug das Minus im vergangenen Jahr 347 Milliarden Dollar.

Für China sind das Einnahmen, auf die das Land nicht verzichten kann - zumal die eigene Wirtschaft derzeit ohnehin nicht mehr so stark wächst.

Schon im Vorfeld bezeichnete Trump die anstehenden Gespräche mit Xi als "schwierig". Sein Handelsminister Wilbur Ross wurde deutlicher. "Wir sind in einem Handelskrieg", sagte Ross, "und das schon seit Jahrzehnten."

China hat sich dank günstiger Löhne zur Werkbank der Welt entwickelt und produziert fast alles, was Konsumenten in den USA so kaufen - von T-Shirts über TV-Geräte bis zu iPhones.

US-Konzerne haben diese Entwicklung beschleunigt, indem sie ihre Waren in China produzieren lassen - darunter auch Apple. Jedes iPhone, das in den USA verkauft wird, vergrößert das Defizit in der US-Handelsbilanz.

 

Abschottung als Ausweg

Trump könnte nun versuchen, chinesische Produkte teurer zu machen und ihnen den Zugang zum amerikanischen Markt zu erschweren, etwa durch Zölle und andere Barrieren. Um das zu verhindern, hatte sich Chinas Präsident Xi bereits im Januar in Davos deutlich für den Freihandel ausgesprochen.

Allerdings wird Xi Schwierigkeiten haben, Trump davon zu überzeugen, glaubt Holger Görg vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. "Es wird darauf hinauslaufen, dass die USA protektionistischer werden - gerade was den Handel mit China angeht, und vielleicht auch den Handel mit der EU", sagt Görg zur DW.

Einige von Trumps Kritikpunkten gehen allerdings ins Leere. Dazu gehört der Vorwurf, China halte den Wechselkurs seiner Währung künstlich niedrig und verschaffe sich so einen unfairen Vorteil. "Nicht viele Ökonomen würden der Aussage zustimmen, dass China seinen Wechselkurs massiv manipuliert hat", sagt Görg.

Chinas Währungshüter haben den Renminbi zuletzt sogar gestützt, und in den vergangenen drei Jahren hat sich Kurs gegenüber dem Dollar stetig verteuert. Ohnehin spiele der Wechselkurs "eher eine untergeordnete Rolle", weil Löhne und andere Kosten in China so viel günstiger sind als in den USA, sagt Görg.

Zölle als Drohung

Ein weiterer Vorwurf betrifft das Dumping, also dass chinesische Firmen manche Waren, etwa Stahl, dank staatlicher Subventionen billiger anbieten, als die Herstellung kostet. Hier könnten sich die USA mit Strafzöllen wehren. Weil sie China auch 15 Jahre nach dessen Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) noch nicht offiziell als Marktwirtschaft anerkennen, hätten sie großen Spielraum bei der Höhe der Strafzölle.

Doch höhere Zölle sind auch ganz ohne Dumping-Vorwürfe möglich, sagt Erdal Yalcin vom Münchner ifo Zentrum für Außenwirtschaft. Denn die bisher angewandten Zölle liegen zum Teil deutlich unter den von der Welthandelsorganisation (WTO) erlaubten Höchstgrenzen. "Das hat leider zur Folge, dass man den Handel plötzlich mit Kosten belasten kann, die bisher nicht existiert haben", so Yalcin zur DW, "und das sogar, ohne WTO-Recht zu brechen."

Je nach Industrie könnten diese Aufschläge zwischen drei und 15 Prozentpunkte betragen, so Yalcin - hoch genug, um für Trump als Drohkulisse attraktiv zu sein. Aber nicht hoch genug, um den Kostenvorteil chinesischer Produzenten komplett wettzumachen.

Das ginge erst mit einer Zollerhöhung, die weit über das von der WTO erlaubte Maß hinausginge. Im Wahlkampf hatte Trump gesagt, dass er kein Problem damit habe, WTO-Regeln zu brechen und sogar aus der Handelsorganisation auszutreten.

Ifo-Forscher Yalcin hält das aber für reine Rhetorik. In den USA habe bisher immer der Grundsatz gegolten, bestehende Verträge einzuhalten. "Wenn dieser Grundsatz gebrochen wird, befinden wir uns in einem regellosen Raum", so Yalcin. "Ich bin überzeugt: Das werden die amerikanischen Institutionen nicht zulassen."

Trump am Wahlabend im New Yorker Hilton. Die chinesische HNA Group besitzt 25 Prozent an der Hotelkette. Chinas Investitionen in den USA haben sich 2016 verdreifacht.Bild: Getty Images/C. Somodevilla

Schuldner trifft Gläubiger

Eine Eskalation wäre auch deshalb unklug, weil China zu den größten Gläubigern der USA gehört. Seit 1975 finanziert Amerika sein Handelsdefizit, indem es sich im Ausland verschuldet. Einen großen Teil dieser Schulden - mehr als 1000 Milliarden Dollar - hält China in Form von US-Staatsanleihen.

"Die Chinesen könnten sagen: Wir hätten gerne unser ganzes Geld zurück", so Holger Görg vom IfW. "Das ist ein wichtiger politischer Faktor, den sie in der Hinterhand haben - und der durchaus genutzt werden könnte."

Doch vieles spricht dafür, dass es soweit nicht kommen muss. Schließlich haben die Chinesen ein Interesse daran, ihre Handelsüberschüsse sicher und gewinnbringend anzulegen. Hier sieht Erdal Yalcin vom ifo-Institut hier Spielraum für Kompromisse.

Trump könnte China anbieten, sein Geld verstärkt in den USA zu investieren - und im Gegenzug einen besseren Marktzugang für US-Unternehmen in China aushandeln. Besonders Banken, Versicherungen, Unternehmensberater und IT-Firmen würden sich darüber freuen, denn hier sind die USA besonders stark. Jeden dritten Export-Dollar verdienen sie mit Dienstleistungen und erwirtschaften hohe Überschüsse.

Doch bei Dienstleistungen sind es die Chinesen, die Protektionismus betreiben. Sie schützen ihren Dienstleistungssektor vor Wettbewerb, indem sie den Marktzugang ausländischer Firmen beschränken oder verbieten.

Allen markigen Trump-Sprüchen zum Trotz glaubt Yalcin, dass das Spitzentreffen der USA mit ihrem größten Gläubiger nüchtern verlaufen wird. "Für beide Seite gibt es sehr konkrete Win-Win-Strategien", sagt Yalcin. "Die sind am Verhandlungstisch wichtiger als rhetorische Eskapaden."

Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.
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