1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Konflikte

Trump und andere "Unannehmlichkeiten"

Barbara Wesel
3. Februar 2017

Beim ersten EU-Gipfel in diesem Jahr auf Malta wird es hauptsächlich um die Flüchtlingspolitik in Europa gehen, aber auch um die Feindseligkeiten des neuen US-Präsidenten. Eine Themenübersicht.

EU-Gipfel in Brüssel
Kanzlerin Merkel wird wieder im Mittelpunkt auf dem EU-Gipfel stehenBild: picture-alliance/dpa/O. Hoslet

Flüchtlinge

Europa steht unter Druck. Wegen einer Serie von Wahlen, in denen rechtspopulistische Parteien gut abschneiden könnten, heißt die Devise: Flüchtlingszahlen weiter senken. Nach dem Vorbild des Türkei-Abkommens will die EU jetzt dringend die Route über Libyen schließen. Rund 180.000 Menschen kamen darüber 2016 nach Europa, weitere 350.000 sitzen derzeit noch in Libyen fest. Deswegen verhandelte Brüssel schon an Donnerstag trotz der politisch unsicheren Lage im Land mit der anerkannten Einheitsregierung von Fayez al-Sarraj.   

Unter Lebensgefahr flüchten Menschen immer wieder per SchlauchbootBild: picture-alliance/dpa/Ong Sos Mediterranee

Ziel ist, die libysche Küstenwache auszubilden und auszurüsten, damit die Flüchtlinge aus diversen afrikanischen Ländern mit den Gummibooten der Schlepper überhaupt nicht mehr in See stechen können. Bisher wurden Flüchtlinge hinter der Seegrenze von der italienischen Marine und der EU-Mission Sophia gerettet und nach Italien gebracht. Damit soll Schluss sein. Allerdings ist die libysche Küste fast 2000 Kilometer lang und Regierungschef al-Sarraj kontrolliert nur einen Teil. Auch ist offen, wie die EU mit der katastrophalen Menschenrechtslage der Flüchtlinge in Libyen umgehen will, und wie verlässlich die libysche Küstenwache als Partner ist. 

Um die Menschen aufzunehmen, sollen Lager in Libyen und in anderen nordafrikanischen Ländern gebaut werden, möglichst unter Beteiligung des UNHCR. Zu diesem Zweck müsste die EU auch das Konzept des "sicheren Drittstaats" ändern und den Flüchtlingen lediglich Aufnahme an einem "sicheren Ort" garantieren. Das bedeutet überwachte Transitlager, von wo aus sie in ihre Heimat zurück geführt werden sollen. Damit verbunden sein soll aber ein Anteil legaler Migration. Darüber wird weiter gestritten: Deutschland fordert umfassende Solidarität - die Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei lehnen dies weiter ab.

Trump

Donald TuskBild: picture-alliance/AP Photo/G. Vanden Wijngaert

Ratspräsident Donald Tusk hat in seinem Einladungsbrief an die europäischen Kollegen gewaltig vom Leder gezogen: Die EU sei inzwischen von besorgniserregenden Bekanntmachungen der neuen amerikanischen Regierung bedroht, neben der aggressiven Politik Russlands und Chinas. Die Staatengemeinschaft müsse sich auf ihre Einigkeit und Kraft besinnen gegenüber den großen Supermächten. Bei dem Gipfeltreffen wird sich zeigen, zu wie viel Einigkeit gegenüber der Bedrohung durch Präsident Donald Trump die verbleibenden 27 EU-Staaten imstande sind.

Angela Merkel, der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven und der französische Präsident Fraçois Hollande haben das jüngste Einreiseverbot gegenüber Bürgern aus einer Reihe muslimischer Länder scharf kritisiert. Aber werden sich alle dieser Linie anschließen? Zumal klar ist, dass Großbritannien bereits vor seinem Austritt nicht mehr solidarisch mit Europa ist. Theresa May suchte in Washington Händchen haltend die Nähe zu Trump, von dem sie sich einen neuen Handelsvertrag und Vorteile in den politischen Beziehungen  erhofft. Trumps offen gezeigten Hass gegen die EU ließ sie dabei unkommentiert, ebenso wie sie auf den Einreisebann erst spät und vorsichtig reagierte. Außenpolitisch hat London seine früheren Freunde und Nachbarn in Europa bereits verlassen.

Brexit

Theresa MayBild: picture-alliance/empics/N. Carson

Der Zeitplan für den Brexit von britischer Seite scheint zu stehen. Wenn Ende Februar das Oberhaus das Gesetz über den Ausstieg aus der EU abgesegnet hat, will Theresa May schon zum nächsten regulären Gipfeltreffen am 9. und 10. März das Verfahren nach Artikel 50 in Gang setzen. Bereits am Donnerstag - wiederum rechtzeitig zum Malta-Treffen - legte sie ein Weißbuch zum Brexit vor, das die Hauptverhandlungslinien der Briten andeutet.

Die EU ihrerseits will innerhalb von drei Wochen ein Strategiepapier vorlegen. Anfang April soll es einen weiteren Sondergipfel geben, auf dem die Regierungschefs die gemeinsamen Linien absegnen. Danach beginnen die Gespräche, die für EU Kommission von Michel Barnier geführt werden, dem früheren französischen Minister und Ex-Kommissar. Beim EU-Parlament ist der Liberale Guy Verhofstadt zuständig. Die eigentliche Entscheidungsmacht aber liegt beim Rat der Regierungen: Die verbleibenden 27 müssen den Ausstiegsvertrag einstimmig genehmigen, bei dem es unter anderem  um Milliardenforderungen der EU an die Briten gehen wird. Aber die Frist dafür und für den Übergangsvertrag, der das Verhältnis bis zu einer viel späteren Neuregelung des Verhältnisses festlegt, ist erst das Frühjahr 2019. Zeit für viele weitere Brexit-Gipfel.

Russland

Wladimir PutinBild: Getty Images/AFP/N. Kolesnikova

Die EU-Sanktionen gegen Russland laufen noch bis zum Sommer 2017. Was danach daraus wird ist ungewiss. Länder wie Ungarn, aber auch Italien und Österreich, die hoffen mit Russland wieder Geschäfte machen zu können, wollen die Sanktionen auslaufen lassen. Dabei zeigt die gegenwärtige erneute Offensive  in der Ostukraine, dass Moskaus Spiel noch nicht zu Ende ist und Präsident Putin die Minsker Verträge eher nicht einhalten will.

Hier wird viel davon abhängen, wie sich Trump gegenüber Wladimir Putin positioniert und wie bedroht sich die Osteuropäer von der neuen Achse Moskau-Washington fühlen könnten. Jedenfalls wird die Russland-Politik einer der Prüfsteine für die Einigkeit Europas.

Visionen

Mazedonien baut einen zweiten Zaun an der Grenze zu GriechenlandBild: picture-alliance/dpa/G. Licovski

Beim Gipfeltreffen von Bratislava, direkt nach dem Brexit-Votum, einigten sich die EU-Regierungschefs auf einen pragmatischen Ansatz für die Zukunft Europas: Keine großen Vertiefungsversuche mehr, stattdessen soll eine konkrete Politik der kleinen Schritte die Bürger überzeugen - etwa bei der Jugendarbeitslosigkeit, der Sicherung der Außengrenzen oder der gemeinsamen Verteidigung. Ende März allerdings feiern die verbleibenden 27 EU-Mitgliedsstaaten in der italienischen Hauptstadt den 60. Jahrestag der Römischen Verträge. Ob angesichts der politischen Großwetterlage die Zukunft Europas mit so kleiner Münze gesichert werden kann, ist ungewiss. Möglicherweise ist es doch Zeit für die eine oder andere Vision.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen