Trump und Biden stellen sich Wähler-Fragen
16. Oktober 2020Nach der Absage ihres TV-Duells wegen der zurückliegenden Corona-Infektion von Donald Trump haben sich der US-Präsident und sein Herausforderer Joe Biden zeitgleich in zwei Fernsehsendern Fragen von Wählern gestellt. Knapp drei Wochen vor der Wahl am 3. November mussten die Amerikaner entscheiden, ob sie Trump im Sender NBC oder Biden im Sender ABC verfolgen. Beide traten in Swing States auf, also in umkämpften Bundesstaaten, die bei der Präsidentschaftswahl am 3. November entscheidend sein könnten: Der Republikaner Trump in Miami im Bundesstaat Florida, der Demokrat Biden gut 1600 Kilometer entfernt in Philadelphia im Bundesstaat Pennsylvania.
Hartnäckige Fragen
Moderatorin Savannah Guthrie nahm Trump in die Zange, der reagierte darauf mitunter gereizt. "Lassen Sie uns die ganze Show vergeuden", sagte Trump, als ihn Guthrie auf die Verschwörungstheoretiker von QAnon anspricht, die auch unter seinen Republikanern Unterstützer haben. "Es ist diese Theorie, dass die Demokraten ein satanischer Pädophilenring sind und dass Sie der Retter davor sind", sagte Guthrie. Ob Trump sich davon "ein für alle Mal" distanziere? "Ich weiß nichts über QAnon", antwortete Trump genervt. "Lassen Sie mich Ihnen nur sagen, was ich darüber höre, ist, dass sie sehr entschieden gegen Pädophilie sind, und dem stimme ich zu."
Im weitgehend leeren Auditorium in Philadelphia beantwortete Biden in aller Ruhe die Fragen der Wähler - es ging um den Kampf gegen die Corona-Pandemie, die umstrittene Polizeiarbeit, die Ungleichheit in der amerikanischen Gesellschaft. Die Wähler konfrontierten ihn auch mit Themen, die ungemütlich für Biden sind: Zum Beispiel mit einem Gesetz zur Kriminalitätsbekämpfung aus den 1990er Jahren, das Biden unterstützte - viele machen dieses Gesetz für die Diskriminierung von Minderheiten verantwortlich. Biden räumte ein, es sei ein Fehler gewesen, das Gesetz zu unterstützen.
Trump und seine Schulden
Anders als bei Wahlkampfauftritten vor Anhängern musste Präsident Trump sich kritische Fragen gefallen lassen - etwa zu seinen finanziellen Verhältnissen. Seine Schulden beliefen sich nur auf "einen winzigen Prozentsatz meines Nettovermögens", sagte Trump. Die von der "New York Times" kürzlich berichtete persönliche Schuldenhöhe von 421 Millionen Dollar schien er in etwa zu bestätigen. Er wollte sich zunächst zwar auf Nachfrage der Moderatorin nicht festlegen, sprach dann aber selber von "400 Millionen Dollar". Wie schon seit Jahren versprach er, er werde seine Steuererklärungen veröffentlichen, sobald eine Buchprüfung der Steuerbehörde IRS abgeschlossen sei.
US-Präsident wiederholt falsche Aussage
Zur Pandemie äußerte sich der erst kürzlich an COVID-19 erkrankte Präsident ein weiteres Mal widersprüchlich. "Ich sage, tragt die Masken. Ich habe kein Problem damit", betonte er. Trump wiederholte aber auch seine falsche Aussage, dass sich nach Angaben der "Gesundheitsbehörde CDC 85 Prozent der Menschen, die eine Maske" tragen, mit dem Virus infizierten. Richtig ist, dass bei einer CDC-Untersuchung 85 Prozent einer Gruppe von Infizierten angaben, sie hätten in den 14 Tagen zuvor oft oder immer eine Maske getragen.
"Er hat enorme Gelegenheiten verpasst und sagte immer wieder Dinge, die nicht wahr waren", warf Biden dem Republikaner mit Blick auf dessen Umgang mit der Corona-Pandemie vor. "Wenn ein Präsident keine Maske trägt oder sich über Leute wie mich (...) lustig macht, dann sagen die Leute: 'Es wird schon nicht so wichtig sein'", sagte Biden.
Der demokratische Präsidentschaftskandidat mahnte ein nationales Vorgehen gegen das Coronavirus und das Tragen von Masken an. Mit den Masken könne ein weiterer Lockdown verhindert werden, sagte Biden.
Wusste Trump schon länger von seiner Infektion?
Der Präsident wollte sich wieder nicht darauf festlegen, wann er vor seiner COVID-19-Infektion zuletzt negativ getestet worden war. "Ich erinnere mich gar nicht daran", sagte er. Die Frage nach dem letzten negativen Testergebnis ist von Belang, weil sich viele fragen, ob Trump womöglich noch Veranstaltungen abhielt, als er bereits wusste, dass er infiziert ist. Dass auch das Weiße Haus und Trumps Ärzte Angaben dazu verweigern, räumt diesen Verdacht nicht aus der Welt.
Gereizt reagierte Trump auch, als er nach seiner Haltung zu Rechtsradikalen gefragt wird - er ist unter Druck geraten, weil er sich von ihnen nicht eindeutig distanzieren wollte. "Jetzt geht das wieder los", sagte Trump sichtlich genervt - und behauptete dann, dass er "seit Jahren" Rechtsradikalismus verurteile. Zugleich betonte er aber, er verurteile auch die Antifa und "diese Menschen auf der Linken, die unsere Städte niederbrennen".
Joe Biden machte deutlich: Wenn er zum Präsidenten gewählt werde, werde er sich niemals rassistisch oder spalterisch äußern.
Für den 22. Oktober ist die letzte TV-Debatte als direktes Aufeinandertreffen vor der Wahl geplant. Trump hat sich aber bereits gegen Regeländerungen am Konzept der TV-Duelle ausgesprochen, die die Veranstalter als Konsequenz aus dem Chaos bei der ersten Debatte angekündigt hatten.
nob/se (dpa, rtr, ap)