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Trump und Netanjahu - ehemals beste Freunde?

17. Mai 2025

Während Donald Trump in den Golfstaaten Geschäfte macht und einen Waffenstillstand mit den Huthi im Jemen aushandelt, sieht Benjamin Netanjahu von der Seitenlinie zu. Was läuft schief zwischen Israels und den USA?

USA Washington 2025 | Benjamin Netanjahu und Donald Trump schütteln sich vor dem Kamin im Oval Office die Hände
Hinweise auf Spannungen gab es bereits Anfang April bei Netanjahus Besuch im Weißen Haus Bild: Saul Loeb/AFP/Getty Images

"Sie sind der beste Freund, den Israel je im Weißen Haus hatte", umgarnte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu den frisch wieder vereidigten US-Präsidenten Donald Trump, als er ihn Anfang Februar in Washington besuchte. Es war jenes Treffen, bei dem Trump Netanjahu und der Welt seine Vision einer "Riviera des Gazastreifens" und die Zwangsumsiedlung der dortigen Bevölkerung verkündete.

Seither scheint sich die Beziehung zwischen dem israelischen Regierungschef und dem amerikanischen Präsidenten abgekühlt zu haben. Das hat sich in dieser Woche einmal mehr manifestiert, als Trump auf seiner Nahost-Reise drei Golfstaaten besuchte, aber keinen Stopp in Israel einlegte.

Trump vertieft Allianzen auf der arabischen Halbinsel

Unter anderem schloss Trump während seines Besuchs auf der arabischen Halbinsel ein Waffengeschäft mit Saudi-Arabien im Wert von 142 Milliarden Dollar (127 Milliarden Euro). Ein zusätzliches Investitionsabkommen über 600 Milliarden Dollar (rund 500 Milliarden Euro) soll das technologische Potenzial des Golfstaates erhöhen. Beides könnte als Bedrohung für Israels militärischen Vorsprung in der Region verstanden werden.

Erste Risse in Israels Sonderstellung in der Außenpolitik der USA deuteten sich bereits im April an. Da wurde Netanjahu zu einem dringenden Treffen in Washington eingeladen. Netanjahu sagte, er habe geglaubt, Trump davon überzeugen zu können, die US-Zölle auf israelische Importe aufzuheben. Doch das gelang ihm nicht. Stattdessen schien Trump Netanjahu mit seiner Ankündigung zu überrumpeln, direkte Gespräche zwischen den USA und dem Iran über das iranische Atomprogramm führen zu wollen.

US-Präsident Trump (M.) traf in Riad neben dem saudischen Kronprinzen Mohammad bin Salman (r.) auch den syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-SharaaBild: IMAGO

Ebenfalls für Aufsehen sorgte in Israel Trumps Erklärung am 6. Mai, dass die USA einen Waffenstillstand mit den Huthi im Jemen erreicht hätten. Nur zwei Tage zuvor noch hatten die - dem Iran und Russland verbundenen - Rebellen eine Rakete auf Israels internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv abgefeuert. Die Huthi-Miliz hat geschworen, Israel mit Raketen zu beschießen, solange der Gaza-Krieg andauert.

Auch die unerwartete Freilassung der amerikanisch-israelischen Geisel Edan Alexander Mitte dieser Woche war Berichten zufolge das Ergebnis direkter Verhandlungen zwischen den USA und der Hamas, die in etlichen Staaten, darunter auch die USA und Israel, als Terrororganisation gilt. Israelische Analysten werteten es als weiteres Zeichen dafür, dass Trump Netanjahu im Zweifel lieber außen vor lässt. Alexander wurde als Soldat während der von der Hamas angeführten Terroranschläge auf Israel am 7. Oktober 2023 von seinem Militärposten entführt.

Steht Netanjahu Trumps Friedensplan im Weg?

Der ehemalige israelische Diplomat und heutiger Kommentator Alon Pinkas vermutet, dass Trump Netanjahus "Manipulationen und ständige Täuschungen sowohl in Bezug auf den Iran als auch auf Gaza" missfallen. Trump betreibe eine Außenpolitik, die auf Leistung und Gegenleistung beruhe. Netanjahu könne Trump mit dessen Deal-getriebener Außenpolitik aber nur zwei Dinge bieten, meint Pinkas, und die habe er ihm bisher verweigert: "Einen Waffenstillstand in Gaza, den Netanjahu im März selbst gebrochen hat - vielleicht hat er Trumps Tatenlosigkeit beziehungsweise Desinteresse als eine Art grünes Licht für einen neuen Angriff missverstanden."

Suppenküchen in Gaza gehen die Lebensmittel aus

03:35

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Das Zweite sei der Iran, so Pinkas weiter: "Während Trump immer wieder sagt, dass er ein Abkommen mit dem Iran will und anstreben wird, fährt Netanjahu mit seiner kriegerischen Rhetorik fort." Allerdings hält Pinkas es für unwahrscheinlich, dass Netanjahu Trump in diesen Dingen entgegenkommen wird, weil davon der Zusammenhalt seiner rechts-religiösen Regierungskoalition abhängt.

Was bedeutet das für die Region?

Vieles hängt weiter von den Entwicklungen in Gaza ab. Eine neue Verhandlungsrunde in Katar über ein Abkommen zwischen Israel und der Hamas scheint bislang keine Resultate zu bringen. Israel hat seine Militäroffensive ausgeweitet, und Netanjahu hat wiederholt geschworen, den Krieg nicht zu beenden. Doch genau das ist eine Hauptforderung der Hamas.

Kürzlich hat das israelische Kabinett einen Plan gebilligt, große Teile des Gazastreifens zu besetzen und die bereits vertriebene palästinensische Bevölkerung zu zwingen, in den Süden umzusiedeln, was nach internationalem Recht als Kriegsverbrechen betrachtet wird.

Nach palästinensischen Angaben sind im Gazastreifen 57 Kinder an den Folgen von Mangelernährung gestorben. Die Weltgesundheitsorganisation teilte mit, dass sie die Angaben nicht bezweifle.Bild: Saher Alghorra/ZUMA/IMAGO

Israel hat zwar einem neuen, wenn auch umstrittenen, humanitären Hilfsplan der USA zugestimmt, die Blockade des Gazastreifens jedoch bisher nicht aufgehoben. Seit März werden den Menschen in dem Gebiet Lebensmittel, Medikamente, Unterkünfte und Treibstoff verweigert - mit verheerenden Folgen. Anfang dieser Woche warnten internationale Experten für Lebensmittelsicherheit, dass im Gazastreifen in den kommenden Wochen die Gefahr einer Hungersnot bestehe.

Will Trump Nahost ohne Netanjahu befrieden?

Der Konflikt in Gaza hält Trump von seinem lang gehegten Ziel ab, die Beziehungen zwischen Israel und Saudi-Arabien zu normalisieren und die sogenannten Abraham-Abkommen zu erweitern, eine Reihe von bilateralen Abkommen zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Israel, die von der ersten Trump-Regierung vermittelt wurden.

"Nimmt man den letzten Monat und vor allem die letzte Woche, so hat Trump mit einer Reihe von Schritten und Erklärungen Netanjahu nicht nur außen vor gelassen, er hat Israel ausgegrenzt, als wäre es kein Verbündeter", sagt Ex-Diplomat Pinkas.

Doch nicht alle Beobachter sehen Trumps Verhalten so eindeutig: "Ich denke, es ist komplizierter", sagte Yaki Dayan, ein ehemaliger israelischer Generalkonsul in den USA, der DW. "Ich vermute, dass Trump all die Themen berücksichtigt, die für Israel in Bezug auf die Normalisierung mit den Syrern und den Saudis wichtig sind."

Israel hat eine neue Großoffensive im Gazastreifen begonnenBild: Chen Junqing/Xinhua/IMAGO

Aber Israel hätte sich längst mehr einbringen müssen, sagt Dayan: "Wir hätten eine zentrale Position bei der Gestaltung des neuen Nahen Ostens einnehmen können, so wie es Trump jetzt tut." 

Wie Pinkas glaubt auch Dayan, dass Trump von Israel das Ende des Krieges in Gaza will, Netanjahu dazu aber nicht bereit ist. "Der Krieg beunruhigt Trump wirklich", sagt Dayan. "Aber wenn sie nicht zu einer Einigung kommen, würde letztlich niemand Netanjahu davon abhalten, den Krieg auszuweiten. Die Amerikaner werden es nicht tun."

Und genau danach sieht es derzeit aus, nachdem die israelische Armee in der Nacht auf Samstag eine neue Großoffensive im Gazastreifen begonnen hat.