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Trump und Yellen - verträgt sich das?

Rolf Wenkel mit Agenturen
15. Dezember 2016

Die amerikanische Notenbank Fed setzt ihre Politik der vorsichtigen Zinserhöhungen fort. Noch feiern die Märkte die vollmundigen Versprechen des Donald Trump. Doch das könnte sich bald ändern.

Bildkombo Janet Yellen Donald Trump
Bild: Getty Images/AFP/Desk

Die US-Notenbank hat wie erwartet die Zinsen um einen Viertelprozentpunkt angehoben. Das dürfte der Beginn einer ganzen Reihe von Zinsschritten sein - drei Schritte hat sie bereits für das kommende Jahr angedeutet. Allerdings wird sie abwarten, wieviel von dem wirtschaftsfreundlichen "Trumponomic"-Programm am Ende tatsächlich umgesetzt wird.

Der künftige US-Präsident Donald Trump hat nämlich, was seine wirtschaftspolitischen Absichten angeht, den Mund ziemlich voll genommen. Er plant ein Billionen-Infrastruktur- und Konjunkturprogramm ("One trillion Dollar"), will Millionen neuer Arbeitsplätze schaffen und gleichzeitig die Steuern senken. Selbst wenn Trump versucht, auch nur die Hälfte seiner Pläne zu realisieren, wird er die Rekordverschuldung seines Vorgängers Obama noch übertreffen müssen.

Wer sich viel Geld leihen will, kann an hohen Zinsen eigentlich nicht interessiert sein. Andererseits muss Trump hohe Zinsen bieten, wenn er sich Geld leihen will. Das wiederum wird die Inflationserwartungen schüren, gegen die eine Notenbank in der Regel mit Zinserhöhungen angeht.

Hier residieren die Hüter des US-Dollar: Das Gebäude der Fed in Washington D.C. Bild: AFP/Getty Images/K. Bleier

Keine klaren Signale

Wie Fed-Chefin Janet Yellen in Zukunft handeln wird, hat sie am Mittwochabend noch offen gelassen. "Bis es klare Signale geben wird, dass Trumps Politik nicht machbar ist, wird es schwierig sein, gegen den Strom zu schwimmen und sich gegen den Dollar zu stellen", so zitiert die Nachrichtenagentur Reuters den Devisenexperten Koji Fukaya vom Handelshaus FPG Securities.

Fährt die FED tatsächlich konsequent den Kurs der Zinswende, wird der Dollar sehr schnell die Parität zum Euro erreichen. Die Gemeinschaftswährung war in der Nacht auf Donnerstag bis auf 1,0468 Dollar gefallen. Das war der tiefste Stand seit März 2015. Außerdem dürften die Renditen von US-Anleihen deutlich anziehen. Infolgedessen würde die relative Attraktivität von Aktien zu Anleihen sinken, sodass sich der Anlagenotstand abbauen würde. Das würde wegen der Sogwirkung der US-Anleihen für die Aktienmärkte weltweit gelten, wenngleich auch etwas abgeschwächt. "Zum anderen wird an den Börsen jetzt bereits alles Gute der Trumponomics eingepreist", schreibt Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank.

Aus Abstrichen werden Enttäuschungen

Die Hoffnungen der Marktteilnehmer auf eine für amerikanische Unternehmen günstige Wirtschaftspolitik, die sich auch weltweit positiv auswirke, zeigt sich nach seiner Ansicht auch in der aktuellen Jahresendrallye an den Börsen. "Dass hier jedoch aus verschiedenen Gründen Abstriche gemacht werden müssen, scheint bislang niemand einzukalkulieren. Im nächsten Jahr werden diese Abstriche zu "Enttäuschungen", die sich wiederum in Kursverlusten äußern - und zwar nicht nur in den USA. Die Aktienmärkte müssen also 2017 mit Gegenwind rechnen", so der Chefvolkswirt der Targobank.

Die meisten deutschen Ökonomen begrüßen den Schritt der Fed als einen Schritt zurück zur Normalität. Es sei ein Schritt in die richtige Richtung, dem jedoch weitere folgen müssten, sagte der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest. "Die Inflationsrate in den USA steigt, und es ist wichtig, dass die Geldpolitik rechtzeitig gegensteuert." Klaus Wiener, Chefvolkswirt des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, begrüßte die Anhebung als überfällig. Negative Realzinsen wie in der Finanzkrise seien nicht mehr erforderlich. Mit Blick auf mögliche Inflationsgefahren seien sie sogar gefährlich.

China hingegen warnt nach der Zinserhöhung in den USA vor weltweiten Turbulenzen an den Finanzmärkten. Die mit der Anhebung verbundene Stärkung des Dollar werde zu Problemen führen, heißt es in einem Kommentar der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua vom Donnerstag. Dies gelte insbesondere für Länder, die allzu sehr in Fremdwährungen verschuldet und nur unzureichend in der Lage seien, Verbindlichkeiten zurückzuzahlen. "Falls die Vereinigten Staaten das Tempo ihrer Zinserhöhungen in der Zukunft beschleunigen sollten, wird ein stärkerer Dollar weltweit zu Störungen führen." Dies werde besonders Schwellenländer treffen. China gehört zusammen mit Russland, Indien und Brasilien zu den führenden aufstrebenden Volkswirtschaften, zu denen auch die Türkei und Südafrika gezählt werden. Die chinesische Währung Yuan war am Donnerstag in der Folge der US-Zinserhöhung im Verhältnis zum Dollar auf den niedrigsten Stand seit achteinhalb Jahren gefallen.

Die EZB "ist noch nicht so weit"

Bleibt die Frage, wie lange noch die Europäische Zentralbank EZB ihre Nullzinspolitik und ihr Anleihekaufprogramm durchhalten kann, wenn auf der anderen Seite des Atlantiks die Zinsen steigen. Mit der strafferen Geldpolitik sorgen Yellen & Co. dafür, dass der Dollar Auftrieb erhält und damit amerikanischen Exporteuren das Leben erschwert wird. Die EZB will die Konjunktur noch bis Ende 2017 mit massiven Geldspritzen beleben. An eine geldpolitische Straffung ist noch lange nicht zu denken, wie EZB-Chefvolkswirt Peter Praet in einem "Zeit"-Interview signalisierte: "Wir sind noch nicht so weit."

Denn anders als in den USA sind die Voraussetzungen - nämlich ein stabiler Arbeitsmarkt und eine anziehende Inflation - noch nicht überall in der Eurozone gegeben. Die EZB hatte erst vergangenen Donnerstag weitere milliardenschwere Anleihekäufe angekündigt. Das bedeutet, dass die ultraniedrigen Zinsen in der Eurozone noch eine Zeit lang anhalten werden. Allerdings gab es auch aus Frankfurt erste Signale, dass ein Richtungswechsel irgendwann fällig sein wird.

 

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