Als "Wunder Gottes" hatte Trump das ihm verabreichte Antikörper-Medikament bezeichnet. Ob der Abtreibungsgegner wusste, dass bei der Herstellung Zellen genutzt wurden, die aus menschlichen Embryonalzellen stammen?
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Als sich der Gesundheitszustand von US-Präsident Trump verschlechterte, verabreichten ihm seine Ärzte ein Notfallmedikament, das aus Coronavirus-Antikörpern bestand. Die ganze Welt staunte: Das Therapeutikum schlug überraschend schnell an und der US-Präsident konnte schon nach wenigen Tagen ins Weiße Haus zurückkehren. Trump bezeichnete das verabreichte Notfallmedikament als "Segen Gottes". Die Behandlungserfolge seien "Wunder, die von Gott gesandt wurden".
Herstellt wurden die experimentellen Antikörper mit dem Namen REGN-COV2 allerdings - mit oder ohne göttlichen Beistand - von dem US-Biotechkonzern Regeneron. Bei der US-Zulassungsbehörde FDA hat Regeneron kürzlich eine Notfallzulassung beantragt.
Bei dem Prüfpräparat handelt es sich um eine Kombination aus den beiden monoklonalen Antikörpern REGN10933 und REGN10987. Das Medikament REGN-COV2 soll eine Passivimmunisierung mit synthetisch hergestellten neutralisierenden Antikörpern bewirken. Und bei dem Verfahren kamen auch Zelllinien zum Einsatz, die von menschlichem Embryonalgewebe abstammen.
Ob Trump vom Ursprung des "Wundermittels" wusste?
Politisch gesehen klingt dies in höchstem Maße heuchlerisch, weil Trump und seine Administration als Freunde der Abtreibungsgegner genau diese Forschungsmethoden drastisch eingeschränkt hatten.
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2019 wurden auf Trumps Anweisung hin die staatlichen Fördergelder für die nationale Gesundheitsbehörde gekürzt. Deren Forschung, die mit Gewebe abgetriebener Föten arbeitet, sollte eigentlich der HIV- und Krebsforschung zugute kommen. Im Gesundheitsministerium wurde extra eine neue Kommission eingerichtet, in der viele Abtreibungsgegner sitzen und die bereits 13 von 14 Forschungsvorschlägen abgelehnt hat.
Erst im Januar 2020 trat Trump bei einer Kundgebung von Abtreibungsgegnern in Washington auf. "Ungeborene Kinder hatten noch nie einen stärkeren Verteidiger im Weißen Haus", sagte Trump bei der Kundgebung. Jedes Kind sei "ein heiliges und wertvolles Geschenk Gottes".
Ohne menschliches Embryonalgewebe geht es nicht
Das Medikament REGN-COV2 wird zwar in Zellen hergestellt, die nicht aus menschlichen Zellen stammen, sondern aus den Eierstöcken eines Hamsters, aus sogenannten CHO-Zellen.
Um allerdings die Wirksamkeit der Antikörper zu testen, wurden in Labortests Zellkulturen verwendet, die ursprünglich aus Abtreibungsgewebe stammen. Es handelte sich dabei um Nierengewebe, das von einer Abtreibung in den Niederlanden in den 1970er-Jahren stammt.
Diese Zellen mit der Fachbezeichnung HEK 293T teilen sich seitdem in Laboren weltweit immer weiter. Auch Regeneron nutzte diese HEK 293T-Zellen, um sogenannte Viren-Pseudopartikel zu erzeugen, das sind virenartige Strukturen, die das Spike-Protein des tödlichen Coronavirus enthalten. Nur so konnten sie herausfinden, wie effektiv die Antikörper das jeweilige Virus angreifen.
Ansichtssache oder "alternative Fakten"?
Unwissenheit oder Heuchelei - die hitzige Debatte über das Antikörper-Medikament hat nicht nur in den USA das Augenmerk auf einen wichtigen Bereich der medizinischen Forschung gelenkt, in dem oftmals - auch bei der Entwicklung von Impfstoffen - Zellen genutzt werden, die ursprünglich aus Abtreibungsgewebe stammen.
Auch Regeneron leugnet das nicht. Aber da die HEK 293T-Zellen schon vor so langer Zeit gewonnen wurden und jetzt aus dem Labor stammen, könne man sie nicht als "menschlich" bezeichnen. "Es kommt darauf an, wie man das auffasst", so Regeneron-Sprecherin Alexandra Bowie. "Die heute verfügbaren 293T-Zelllinien gelten nicht als fötales Gewebe, und wir haben sonst kein fötales Gewebe verwendet."
Corona und Co: Trumps schwerste Woche
Die zurückliegende Woche hatte es in sich für den US-Präsidenten. Donald Trump ist gewohnt, im Rampenlicht zu stehen. Aber so hat er sich das bestimmt nicht vorgestellt. Erst gab es Kritik - dann Corona.
Bild: Saul Loeb/AFP/Getty Images
"Will you shut up, man?
Diese Aussage, die man ins Deutsche mit "Würden Sie die Klappe halten?" freundlich übersetzen kann, stammt von dem Herrn rechts, Joe Biden. Vielleicht hätte man sie eher von dem Herrn links erwartet. Aber nein, bei dem mit Spannung erwarteten TV-Rededuell ist US-Präsident Donald Trump seinem Herausforderer so oft ins Wort gefallen, dass Biden mit erwähntem Ausspruch reagierte.
Die Kunst des gleichzeitigen Redens
Auch Moderator Chris Wallace fiel es schwer, sich gegen Trump durchzusetzen, der häufig lautstark reinredete und die Debatte an sich ziehen wollte. Oft sprachen Trump und Biden gleichzeitig. Kommentatoren sprachen gar von einer der chaotischsten Debatten der vergangenen Jahre. Für beide Duellanten gab es heftige Kritik. Doch, wer hätte gedacht, dass dieses Duell so schnell vergessen sein würde.
Bild: Jonathan Ernst/Reuters
Modisch ohne Maske unterwegs
Donnerstagnacht deutscher Zeit rückte plötzlich ein anderes Thema in den Vordergrund. Da wurde bekannt, dass Trumps Beraterin und Model Hope Hicks positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Sie hatte Trump noch am Dienstag zum TV-Rededuell begleitet und war auch tags drauf mit ihm unterwegs gewesen. Fotos vom Mittwoch zeigen sie und Trumps Schwiegersohn vor dem Präsidentenhelikopter - ohne Maske.
Bild: Leah Millis/Reuters
Positives Testergebnis - negative Auswirkungen
Nach Hicks' Diagnose wurden Donald Trump und seine Frau Melania nun ebenfalls auf das Virus getestet. Das Ergebnis von beiden brachte Washington zum Beben: positiv! Eine Nachricht, die weltweit für Schlagzeilen sorgte und weltweit Auswirkungen hatte. Auch die Börsenkurse fielen.
Bild: @realDonaldTrump/Reuters
Das ist eine Maske
Im TV-Rededuell hatte sich Trump noch über Joe Biden lustig gemacht: "Jedes Mal, wenn man ihn sieht, hat er eine Maske. Er könnte mit 200 Fuß Abstand sprechen, und er kommt mit der größten Maske, die ich jemals gesehen habe". Und plötzlich hat Masken-Verweigerer Trump (im Foto mit Maske in der Hand, nicht im Gesicht) COVID-19. Ein PR-Desaster - und gefundenes Fressen für alle Kritiker.
Bild: Kevin Deutsch/UPI Photo/Newscom/picture-alliance
Genesungswünsche...und Häme
Schnell wünschten ihm und seiner Gattin alle wichtigen Regierungschefs der Welt gute Besserung - vielleicht auch mit teilweise versteckter Häme. Kübelweise ergoss sich der Spott in sozialen Medien über Trump.
Bild: Mandel Ngan/AFP/Getty Images
Mit dem Helikopter ins Krankenhaus
Am Freitagabend steigt Donald Trump in seinen Helikopter und wird ins 15 Kilometer entfernte Walter-Reed-Militärkrankenhaus geflogen. Reine Vorsichtsmaßnahme, heißt es aus dem Weißen Haus. Angeblich wurde mit dem Flug ins Krankenhaus extra so lange gewartet bis die Wall Street geschlossen hatte, um einen Börsen-Crash zu vermeiden.
Bild: Leah Mills/Reuters
Alle Neune
Nach Trumps erster Nacht im Krankenhaus kamen dessen Leibarzt Sean Conley und das wie Kegel aufgestellte Ärzteteam zusammen, um Trumps Gesundheitszustand zu loben. Schnell berichten US-Medien aus vertraulichen Quellen, dass Trumps Gesundheitszustand deutlich bedrohlicher gewesen sei als offiziell dargestellt.
Bild: Brendan Smialowski/AFP/Getty Images
Dem Präsidenten geht es "sehr gut"
Trumps Arzt Sean Conley erklärte, er sei "extrem" zufrieden mit dem Gesundheitszustand des Präsidenten es gehe ihm "sehr gut". Fragen darüber, ob er zusätzlichen Sauerstoff erhalten habe, wich der Arzt aber aus. "Die Werte des Präsidenten in den vergangenen 24 Stunden waren sehr besorgniserregend", hieß es aus anderen Quellen. Wer hat recht?
Bild: Brendan Smialowski/AFP/Getty Images
Präsident oder Patient?
Später am Samstag wurde ein Foto veröffentlicht, das zeigt, wie Donald Trump im Krankenhaus weiter seinen Amtsgeschäften nachgeht. Er sieht nicht aus wie ein Patient, sondern wie ein Präsident - alles fast wie im Oval Office, nur ohne Krawatte. Doch ein zweites Bild wirft Fragen auf.
Bild: Joyce N. Boghosia/The White House/Reuters
Mal schnell den Raum gewechselt?
Auf dem Foto sitzt der Präsident plötzlich in einem dunklen Konferenzraum des Krankenhauses und brütet über einer Dokumentenmappe. Beide Fotos - das geht aus den Bilddateien hervor - wurden im Abstand von nur zehn Minuten aufgenommen. Das sorgte für Diskussionen, ob Trump sich nur für eine kurze Fotosession geschäftsmäßig zeigte.
Bild: Joyce N. Boghosia/The White House/Reuters
Daumen hoch! Zu Recht?
Spekulationen gibt es so kurz vor der Wahl also genug - und dann auch noch das: Laut einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage liegt Herausforderer Biden jetzt zehn Prozentpunkte vor Trump. Damit konnte Biden seinen Vorsprung um ein bis zwei Prozentpunkte ausbauen. Die Umfrage wurde nach Trumps positiven Coronatest durchgeführt. Nun könnte Trumps Gesundheitszustand wahlentscheidend sein.