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Politik

Trump wird Jerusalem als Hauptstadt anerkennen

6. Dezember 2017

In der brisanten Gemengelage des Nahen Ostens zählt der Status von Jerusalem zu den brisantesten. Deshalb hat die Entscheidung des US-Präsidenten enorme symbolische Bedeutung. Und unabsehbare Folgen.

Israel verschärfte Sicherheitsvorkehrungen am Tempelberg in Jerusalem
Bild: Getty Images/AFP/T. Coex

Die USA werden Jerusalem entgegen internationaler Gepflogenheiten als Hauptstadt Israels anerkennen. Diese Entscheidung wird Präsident Donald Trump in einer Rede am Mittwochmittag (19.00 MEZ) bekanntgeben, verlautet aus dem Weißen Haus in Washington. Das US-Außenministerium wird Trump beauftragen, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Die Vorbereitungen dazu werden allerdings Jahre in Anspruch nehmen.

In der arabischen Welt stößt dieses Vorhaben auf massive Kritik. Denn Jerusalem ist in vielfacher Hinsicht umkämpft: politisch, kulturell, religiös. Jerusalem, so beschreibt der Historiker und Publizist Simon Sebag Montefiore in seiner Biographie den mythischen Status der Stadt, "ist die Heimat des alleinigen Gottes, die Hauptstadt zweier Völker, das Heiligtum dreier Religionen und die einzige Stadt, die sowohl im Himmel als auch auf der Erde existiert: Die beispiellose Schönheit der irdischen Stadt ist nichts gegen die Herrlichkeit der himmlischen."

Umstrittenes Heiligtum: Ein israelischer Soldat tut Dienst vor der Altstadt und dem TempelbergBild: picture-alliance/dpa/M. Illean

Auch darum werden die Kämpfe um die Stadt - die militärischen ebenso wie die um die Deutungshoheit über sie - so erbittert geführt. Jerusalem ist nicht nur eine historische, sondern auch eine religiös und darum symbolisch herausragende Stadt, auch im 20. und 21. Jahrhundert noch.

In Folge des ersten arabisch-israelischen Krieges von 1947-49 gingen das Westjordanland und Ost-Jerusalem an Jordanien, der Westen der Stadt an Israel. Im Sechstagekrieg von 1967 eroberten die Israelis den nahezu vollständig von Palästinensern bewohnten Ostteil zurück, fassten ihn 1980 mit dem jüdisch besiedelten Westteil zusammen und erklärten Jerusalem zu ihrer unteilbaren Hauptstadt.

Seitdem haben sich die Auseinandersetzungen um die Stadt noch einmal verschärft. Der Kampf um die heiligen Stätten in der Altstadt - den Felsendom auf muslimischer und die Klagemauer auf jüdischer Seite - wird von beiden Seiten mit größter Entschiedenheit und nach der Logik eines Nullsummenspiels geführt. Der Triumph der einen Seite ist immer die Niederlage der anderen.

Der Zorn der Palästinenser: Szene aus der zweiten IntifadaBild: APImages

Ein Spaziergang und seine Folgen

Deutlich zeigte sich das das, als der ehemalige israelische Premier Ariel Scharon im September 2000 den arabisch verwalteten Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt besuchte. Im Jahr zuvor waren die von US-Präsident Bill Clinton moderierten Friedensgespräche in Camp David gescheitert. Scharons Besuch genügte, den Funken des palästinensischen Zorn endgültig zu entzünden: Die ersten Steine flogen, die die zweite Intifada, einen über vier Jahre dauernden Aufstand in den gesamten palästinensischen Gebieten, auslösten: Religiöse und politische Motive verbanden sich und ließen sich kaum mehr unterscheiden.

Auch in der nun von US-Präsident Trump losgetretenen Debatte um den künftigen Status von Jerusalem sind die Einsätze hoch. "Hier spielt natürlich die Frage der Souveränität über den eigenen oder - im Fall der Palästinenser - zukünftigen Staat eine Rolle", sagt Alexander Brakel, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Israel. Jerusalem werde von beiden Seiten als Hauptstadt beansprucht. "Darum wird eine Veränderung der Jerusalem-Frage eine deutliche Aussage über die Gestalt eines Staates treffen. Das Politische und das Religiös-Symbolische gehen hier ineinander über."

Freitagsgebete finden wieder auf dem Tempelberg statt

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"Trickreich und schwierig"

Mit seiner Entscheidung riskiert Trump, den mühsam gewahrten Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zumindest in Frage zu stellen. Es sei offen, wie die arabische Welt auf eine mögliche Anerkennung reagieren würde, meint Alexander Brakel. Die Proteste Ende Juli dieses Jahres, als Israel nach einem tödlichen Anschlag auf zwei Polizisten den Zugang zum Tempelberg einschränkten, könnten einen Vorgeschmack auf die kommenden Proteste geben. Zwangsläufig seien diese aber nicht. Er halte die Situation für offen, so Brakel.

Zudem spielten die jenseits der Altstadt gelegenen Viertel Ostjerusalems für die meisten Israelis keine Rolle - sie würden diese ohnehin nie betreten. Deren Status dürfe de facto nicht zur Debatte stehen. "Trickreich und schwierig wird sicherlich der künftige Status des Tempelbergs und der Klagemauer werden."

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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