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Politik

Trump zieht Ja zur G7-Gipfelerklärung zurück

10. Juni 2018

Hin und Her um die G7-Abschlusserklärung: Nachdem sich der G7-Club auf ein gemeinsames Kommuniqué geeinigt hat, zieht US-Präsident Trump nach seiner Abreise seine Unterstützung zurück - via Twitter.

Kanada G7 Gipfel in Charlevoix Trump , Lagarde und Merkel
Neben Kanzlerin Merkel (l.) und US-Präsident Trump nahm auch IWF-Chefin Lagarde an Arbeitstreffens teilBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

US-Präsident Donald Trump hat nach Ende des G7-Gipfels in Kanada seine Zustimmung zur Abschlusserklärung völlig überraschend wieder zurückgezogen. Er begründete diesen bisher einmaligen Schritt in der über 40-jährigen G7-Geschichte auf Twitter unter anderem mit der Haltung des kanadischen Gastgebers Justin Trudeau zu US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium. Trump bezeichnete Trudeau von seinem Flug nach Singapur aus als "sehr unehrenhaften und schwachen Gastgeber". Trudeau hatte in seiner Abschluss-Pressekonferenz gesagt, die Strafzölle, die Trump mit der Wahrung der amerikanischen Sicherheitsinteressen begründet, seien "etwas beleidigend". Kanada werde seinerseits die USA mit höheren Zöllen belegen. 

Zuvor hatten sich die großen sieben Wirtschaftsmächte auf ihrem Gipfel in Kanada zu einem Minimalkonsens durchgerungen. Von dem Trump-Rückzieher zeigte sich die EU unbeirrt. "Wir halten an dem Kommuniqué fest, so wie es von allen Teilnehmern vereinbart wurde", sagte ein Sprecher von EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte ebenfalls zurückhaltend auf den nachträglichen Ausstieg Trumps aus der G7-Abschlusserklärung. "Deutschland steht zu dem gemeinsam vereinbarten Kommuniqué", sagte ein Regierungssprecher nach der Ankunft Merkels am Sonntagmorgen in Berlin.

Das gesamte G7-Treffen war von tiefgreifenden Differenzen zwischen Trump und den anderen sechs Staats- und Regierungschefs überschattet - in der Handelspolitik oder auch beim Klimaschutz. Die massiven Meinungsverschiedenheiten über Strafzölle der USA auf Stahl- und Aluminiumimporte aus Deutschland und anderen G7-Staaten wurden in der Abschlusserklärung nicht erwähnt.

Obwohl sich Trump nach Medienberichten anfangs gegen ein Bekenntnis zu einem "regelbasierten internationalen Handelssystem" gewehrt haben soll, stand der Passus am Ende in der achtseitigen Abschlusserklärung. "Wir unterstreichen die zentrale Bedeutung eines regelbasierten internationalen Handelssystems und kämpfen weiter gegen Protektionismus", heißt es darin. Auch bekennen sich die G7-Partner zu dem Ziel, Handelsbarrieren und Subventionen abzubauen. Zudem wollen sie eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) starten. "Wir verpflichten uns, die WTO zu modernisieren, um sie so schnell wie möglich fairer zu machen." Dass die Einigung auf einen solchen Text zustande kam, galt als überraschend.

Beim G7-Frühstück wurde über die Gleichstellung von Frauen gesprochen Bild: Reuters/L. Millis

Der Kompromiss geht aber nicht über ähnliche Formulierungen wie vor einem Jahr beim G7-Gipfel in Taormina auf Sizilien und beim G20-Gipfel führender Wirtschaftsnationen in Hamburg im vergangenen Jahr hinaus. Damit wurde offensichtlich auch die Forderung von Kanzlerin Angela Merkel erfüllt, nicht hinter bisherige Positionen zurückzufallen.

Kein Konsens über Klimapolitik

Beim Klimaschutz wurde kein Konsens erzielt und nach Angaben Merkels wurde wie beim letzten Gipfel der Dissens zwischen den USA und den anderen Mitgliedern festgeschrieben. Eine Passage mit einem Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzabkommen ist lediglich im Namen von sechs Gruppenmitgliedern verfasst, also ohne die USA. Trump war aus dem Pariser UN-Klimaschutzabkommen ausgestiegen - und hatte sich damit weltweit isoliert. Auch bei einem anderen Umweltthema klinkte Trump sich auf dem Gipfel in Kanada aus - zusammen mit Japan. Die anderen fünf verpflichteten sich darauf, bis 2030 die vollständige Verwertung von Plastikmüll zu erreichen - vor allem, um ihn aus den Ozeanen zu verbannen.

Eine Einigung erzielten die Industrienationen nur in Einzelfragen. So wollen sie mit einem gemeinsamen Abwehrsystem gegen Destabilisierungsversuche aus Ländern wie Russland oder China vorgehen. Der sogenannte "Rapid Response Mechanism" (RRM) soll eine koordinierte und deutlich schnellere Reaktion auf Wahlmanipulationen, Propagandaattacken und andere "inakzeptable Handlungen" ermöglichen.

Auch bei der Förderung von Frauen und Mädchen in Entwicklungsländern und Krisenregionen war sich die G7 einig. Insgesamt sollen dafür 4,7 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Wie erwartet, bekräftigten die USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada in der Nordkorea-Frage ihre gemeinsame Haltung. Nach Angaben von Diplomaten unterstützten alle die von Trump und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe vorgestellten Bemühungen für eine unumkehrbare atomare Abrüstung der koreanischen Halbinsel.

Russland am Verhandlungstisch?

Für neue Diskussion sorgte Trump mit seinem Vorstoß, Russlands Präsident Wladimir Putin wieder in die Gruppe der großen Wirtschaftsmächte aufzunehmen. Ein solcher Beschluss kann nur einstimmig fallen – Merkel, die EU und Kanada sprachen sich offen dagegen aus, sollte es im Ukraine-Konflikt keine Fortschritte geben.

Fünf Stunden vor Ende reist Trump ab - wohl um ein Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim in Singapur vorzubereitenBild: Reuters/Y. Herman

Trump düpierte die anderen Teilnehmer bereits, indem er den Gipfel fünf Stunden vor Ende verließ und sich damit fast den ganzen zweiten Tag sparte. Begründung: Sein bevorstehendes Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Präsidenten Kim Jong Un in Singapur, das aber erst am Dienstag stattfindet. Trump verpasste nicht nur die Arbeitssitzung zum Klimaschutz, sondern auch ein Treffen mit Staats- und Regierungschefs aus etwa zehn Entwicklungs- und Schwellenländern wie Haiti, Ruanda und Argentinien.

Zehn von zehn Punkten

Trotz der tiefen Gräben im transatlantischen Verhältnis zeigte er sich noch vor seinem Abflug zufrieden. Der Gipfel sei "ausgesprochen erfolgreich" verlaufen. Das Verhältnis zu den anderen sechs bewertete er mit der Bestnote 10 auf einer Skala von 1 bis 10. "Das heißt aber nicht, dass ich mit allem einverstanden bin, was sie tun", fügte er vor allem mit Blick auf den Handelsstreit hinzu. "Die Europäische Union ist brutal zu den USA, und sie wissen das. Sie können es selber nicht glauben, dass sie damit davongekommen sind."

Trump hatte kurz vor dem Gipfel Strafzölle auf Aluminium und Stahl aus der EU erlassen. Trump warnte die G7-Partner vor Vergeltungsmaßnahmen. Das Beste wäre, sagte er, wenn es überhaupt keine Zölle mehr gäbe: "Keine Zölle und keine Hemmnisse, so sollte es sein. Und keine Subventionen." Das habe er auch so vorgeschlagen. Seiner bisherigen auf Abschottung abzielenden Handelspolitik widerspricht er damit allerdings komplett.

Kurz nach Gipfelende - und vor Trumps Tweet - sagte der französische Staatschef Emmanuel Macron noch, das Treffen habe zu einer "Beruhigung" in der G7-Gruppe geführt. "Der Geist der Kooperation hat gewonnen." Merkel äußerte sich dagegen zurückhaltend. Sie verzichtete auf direkte Kritik an Trump und sprach lediglich von "erkennbaren Meinungsverschiedenheiten". Sie schätze aber das "offene und direkte Verhältnis" mit dem US-Präsidenten. Der nächste G7-Gipfel wird nach Angaben des französischen Staatspräsidenten im Sommer 2019 im südwestfranzösischen Biarritz stattfinden. 

sam/stu (afp, dpa, rtr)

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