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Trumps erklärtes Feindbild: Was ist die Antifa?

18. September 2025

Donald Trump macht die "radikale Linke" für den Mord an Charlie Kirk verantwortlich - und will die Antifa als "Terrororganisation" einstufen. Dabei ist die gar keine einheitliche Vereinigung. Ein Überblick.

Porträtaufnahme von Donald Trump vor dunklem Hintergrund. Der US-Präsident trägt einen dunklen Anzug mit einer roten Krawatte. Er blickt mit ernster Mine nach rechts, leicht an der Kamera vorbei
Hat die Antifa im Visier: US-Präsident Donald TrumpBild: Getty Images/W. McNamee

Das Attentat auf den rechtsnationalen Politaktivisten Charlie Kirk schlägt in den USA weiter hohe Wellen. Seit dieser auf dem Campus der Universität von Ohio erschossen wurde, machen Donald Trump und seine Gefolgsleute verschärft Stimmung gegen die "radikale Linke", die aus ihrer Sicht für dessen Tod verantwortlich sein soll. Jetzt hat der US-Präsident angekündigt, die Antifa-Bewegung als "bedeutende terroristische Organisation" einzustufen. In Sozialen Netzwerken bezeichnete er sie als "krankes, gefährliches, linkes Desaster" und erklärte, dass auch diejenigen, die die Antifa finanzierten, gründlich untersucht werden sollten.

Loses Sammelbecken statt strukturierter Organisation

Das Wort Antifa ist die Kurzform für "Antifaschistische Aktion"; sie ist keine zentral organisierte Vereinigung, sondern vielmehr eine lose Bewegung aus Gruppen und Einzelpersonen, die sich gegen Faschismus, Rassismus, Antisemitismus, völkischen Nationalismus, rechtsgerichteten Geschichtsrevisionismus und andere Formen rechter Ideologien engagieren.

Die Antifa ist dem linken bis linksextremen politischen Spektrum zuzuordnen und weltweit aktiv - insbesondere in Europa und Nordamerika. Ihre Wurzeln liegen im Deutschland der 1920er und 1930er Jahre, als sich in den politisch unruhigen Zeiten der Weimarer Republik linke Aktivisten und Gruppierungen gegen den immer mehr erstarkenden Nationalsozialismus stellten. Ausgerufen wurde sie 1932 von der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) - nicht als Organisation, sondern als Sammelbewegung gegen die NSDAP. Auch in anderen Ländern entstanden Antifa-Gruppierungen, etwa in Italien gegen die faschistische Herrschaft Benito Mussolinis oder in Spanien als Reaktion auf die Franco-Diktatur.

Berlin, 1928: Mitglieder des kommunistischen "Rotfrontkämpferbundes", der Straßenkampforganisation der KPD, bereiten sich auf einen Protestmarsch gegen Nationalsozialisten vorBild: akg-images/picture-alliance

Von antikapitalistisch bis bürgerlich-liberal

Bis heute ist die Antifa mehr ein loses Sammelbecken verschiedener kleiner Gruppierungen des linken bis linksextremen Spektrums. Ursprünglich war "Antifaschismus" ein kommunistischer Kampfbegriff, der auch den Kapitalismus in Frage stellte - entsprechend zeigt das Logo der Antifa-Bewegung zwei nach links gerichtete, gegen rechts geneigte Fahnen: eine rote, die für den Sozialismus/Kommunismus steht und eine schwarze, die den Anarchismus symbolisiert.

Ein Demonstrant protestiert im März 2021 mit Antifa-Flagge in Portland, Oregon gegen einen rechtsnationalen Autokorso Bild: Nathan Howard/Getty Images

Jedoch hat sich der Begriff des Antifaschismus über die Jahrzehnte weiterentwickelt; heute existiert auch ein "bürgerlich-liberaler Antifaschismus", der sich für den Erhalt von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzt, die er durch Rechtsextremismus in Gefahr sieht. 

Gewaltfrei oder militant?

So weit gefasst wie der Begriff "Antifaschismus" ist auch das Sammelbecken der "Antifa"-Bewegung. Zahlreiche sich ihr zugehörig fühlende Gruppen stellen sich gewaltfrei gegen Rechtsextremismus und Autoritarismus; so recherchieren und veröffentlichen sie etwa Informationen über rechte Netzwerke, organisieren Proteste und Demonstrationen oder entfernen rechte Propaganda. Gleichzeitig gibt es aber auch militante Gruppierungen, die die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziele tolerieren oder gar selbst Gewalt - in unterschiedlicher Form - anwenden. Sie bezeichnen sich als "autonome", "militante" oder "unabhängige" Antifa-Gruppen und grenzen sich so bewusst vom "bürgerlichen" oder "staatskonformen" Antifaschismus ab. 

Während des G20-Gipfels in Hamburg kam es 2017 zu gewaltsamen Protesten und Straßenschlachten linksextremer Aktivisten mit der PolizeiBild: Markus Schreiber/AP/picture alliance

Antifa bezeichnet also ein schillerndes Sammelbecken verschiedenster kleinerer Zusammenschlüsse ohne feste Organisationsstruktur. Ob und bis zu welchem Grad die Anwendung von Gewalt im Kampf gegen Rechts für ein legitimes Mittel gehalten wird, wird in der Szene immer wieder breit diskutiert - was der Bewegung öffentlich auch wiederholt viel Kritik eingetragen hat.

Antifa in den USA

Antifa-Gruppierungen gibt es mittlerweile in vielen Ländern der (westlichen) Welt - auch in den USA. Jedoch existiert auch hier keine zentrale Organisation; stattdessen besteht auch Antifa USA aus lokalen Gruppen, die durch den Begriff des Antifaschismus ideell zusammengehalten werden. Sie wendeten sich ab den 1980er Jahren aktiv gegen die Aktivitäten US-amerikanischer Neonazis, rassistischer Skinheads und des Ku-Klux-Klan. Heute besonders bekannt sind die in Portland, Oregon, 2007 entstandene "Rose City Antifa", die Gruppierung "Anti-Racist Action (ARA)", die vor allem in vielen Städten des Mittleren Westens aktiv ist, oder "Refuse Fascism", eine Gruppe, die sich nach der ersten Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten 2016 zusammenfand und seitdem immer wieder Proteste gegen Faschismus und Autoritarismus organisiert hat.

Von Antifa-Gruppen organisierter Protestmarsch gegen Trump in San Diego, Januar 2021Bild: Patrick T. Fallon/AFP/Getty Images

Von Beginn an war die Antifa Donald Trump ein Dorn im Auge. Bereits mehrfach - auch schon während seiner ersten Amtszeit - hatte er angekündigt, die Bewegung als "terroristische Organisation" einstufen zu wollen. Experten und Behörden wie das FBI oder das Ministerium für Innere Sicherheit halten dieses Vorhaben jedoch für rechtlich kaum umsetzbar.

Rechtliche Bedenken sind hoch

Schon 2017 erklärte der damalige FBI-Direktor Christopher Wray, dass eine Einstufung als Terrororganisation nicht möglich sei, da es keine formale Struktur oder Hierarchie gebe. Die Behörde beobachte Antifa als "potenziell gewaltbereite Bewegung" und führe auch Ermittlungen gegen einzelne Täter mit "einer Art Antifa-Ideologie" durch. Insgesamt sei die Bewegung jedoch viel zu heterogen, um als klare Organisation gekennzeichnet zu werden.

Ein zweites rechtliches Problem besteht darin, dass es für inländische Gruppen gar keinen formalen Mechanismus gibt, um diese als "terroristische Organisationen" zu deklarieren. Im US-Recht unterliegt die Einstufung einer Terrorgruppe dem Außenministerium - und dort existiert bislang lediglich ein Modus zur Klassifikation "ausländischer Terrororganisationen" (FTO). Straftaten von Personen innerhalb der USA können zwar terroristische Akte darstellen, die Gruppen selbst erhalten jedoch keine formelle Terrorbezeichnung wie im internationalen Kontext.

Der ehemalige FBI-Direktor Christopher WrayBild: Julia Nikhinson/AFP

Und schließlich gibt es noch den Ersten Verfassungszusatz in den USA, der die Meinungs- und Versammlungsfreiheit genauso schützt wie die Freiheit politischer Überzeugungen - auch radikale, systemkritische oder antistaatliche Meinungen sind von der Verfassung gedeckt. Eine Terror-Einstufung könnte also als Versuch gewertet werden, vom Gesetz gedeckte politische Meinungsäußerungen zu kriminalisieren - was gegen den ersten Zusatzartikel der US-Verfassung verstoßen würde. 

Thomas Latschan Langjähriger Autor und Redakteur für Themen internationaler Politik