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KonflikteIsrael

Trumps Iran-Politik: Strategie oder Improvisation?

25. Juni 2025

Donald Trump hat per Machtwort eine Waffenruhe zwischen Israel und Iran verhängt. Mit dem begrenzten Militärschlag gegen Teheran ging er ein hohes Risiko ein - mit Erfolg. Wieviel Plan steckte in Trumps Vorgehen?

Porträt von US-Präsident Donald Trump im Profil und mit einer weißen Baseballkappe mit der US-amerikanischen Flagge und der dunkelblauen Aufschrift "Make America great again"
"Es war mir eine Ehre, den Krieg zu beenden" - Donald Trump hatte bei seiner Abreise zum NATO-Gipfel in den Niederlanden die Waffenruhe zwischen Iran und Israel im GepäckBild: Adrian Wyld/The Canadian Press/AP/picture alliance

Es war die entscheidende Frage der vergangenen 24 Stunden: Hält die Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran? In der Nacht zu Dienstag hatte US-Präsident Donald Trump diesen angekündigt und sowohl Israel als auch der Iran hatten ihm zugestimmt. Doch noch im Laufe des Dienstags schien es kurz so, als würde die israelische Armee den Beschuss fortsetzen wollen - als Antwort auf einen angeblichen iranischen Raketenbeschuss. Der US-Präsident sah sich gezwungen, nochmal ein Machtwort zu sprechen. "Israel, werft diese Bomben nicht ab!" schrieb Donald Trump noch im Laufe des Dienstags in Großbuchstaben auf seiner Plattform Truth Social. "Bringt eure Piloten nach Hause. Jetzt!"

Trump reklamiert den Sieg für sich

Und tatsächlich: Seitdem ist Ruhe. Und das ist für Trump ein voller Erfolg: Israel hat sein militärisches Ziel erreicht, das iranische Atomprogramm ist weit zurückgeworfen: Wie weit genau, ist noch unklar - vor allem bei den unterirdischen Teilen der nuklearen Forschungseinrichtungen in Natans und Fordo. Es gebe keinen Zweifel, dass die Anlage in Fordo "ausradiert" worden sei, erklärte Trump selbst. Gaukhar Mukhatzhanova vom Wiener Zentrum für Abrüstung und Nichtverbreitung äußerte sich zurückhaltender: "Wir können einige Schäden auf den Satellitenbildern erkennen, aber noch kennen wir nicht das wirkliche Ausmaß", erklärte sie gegenüber der DW. Ein in dieser Woche geleakter US-Geheimdienstbericht kommt zum Schluss, dass Irans Atomprogramm nicht vollständig zerstört wurde.

Dennoch reklamierte Donald Trump sofort den politischen Sieg und die Deutungshoheit über die jüngsten Ereignisse für sich: Natürlich habe er Israel voll unterstützt, den Mullahs gedroht, kurz militärisch eingegriffen und dann ein Machtwort gesprochen. "Es war mir eine große Ehre, alle Atomanlagen zu zerstören, und dann den Krieg zu beenden", tönte der US-Präsident auf seinem Netzwerk Truth Social, als wären alle Entwicklungen der vergangenen 14 Tage einem großen Plan gefolgt - seinem Plan. 

Stratege oder Getriebener?

Dabei verlief die Eskalation zwischen Israel und dem Iran, die Trump später selbst als "Zwölf-Tage-Krieg" bezeichnete, zunächst überhaupt nicht nach Donald Trumps Vorstellungen. "Der israelische Angriff kam eigentlich genau zu dem Zeitpunkt, als die USA und der Iran sich wieder treffen wollten, um ihre Atomgespräche fortzusetzen", erinnert Gaukhar Mukhatzhanova. Auch Rosemarie Kalanick zweifelt daran, "dass es Trumps Plan war, dass sich die Dinge so entwickeln." Die Leiterin des Nahostprogramms bei der US-Denkfabrik Defense Priorities ist sich sogar sicher, dass Trump nicht wollte, dass Israel zuschlägt. "Ich denke, dass Trump sie sogar dazu gedrängt hat, es nicht zu tun", sagte sie gegenüber der DW. Und auch Trumps begrenzter Militärschlag mit bunkerbrechenden Bomben gegen die Nuklearanlage Fordo war wohl alles andere als von langer Hand vorbereitet.

Satellitenbild der iranischen Nuklearanlage Fordo - Wie groß die Schäden an der größtenteils unterirdischen Anlage wirklich sind, ist weiter unklarBild: Maxar Technologies/AP Photo/picture alliance

Spiel mit hohem Risiko?

Auffällig ist auf jeden Fall, dass sich Trumps Rhetorik gegenüber dem Iran erst nach Beginn der israelischen Angriffe drastisch änderte. War zuvor noch die Rede davon gewesen, einen "Deal" mit Teheran abschließen zu können, hieß es plötzlich, es stünden Attacken bevor, die schlimmer würden als alles, was man sich in Teheran vorstellen könne. Offen spekulierte der US-Präsident auf seinem Netzwerk über einen möglichen Regimewechsel und eine gezielte Tötung des Obersten Religionsführers Ayatollah Ali Chamenei, nur um direkt wieder zurückzurudern: "Wir wissen genau, wo er sich versteckt. Er ist ein leichtes Ziel, aber er ist sicher. Wir werden ihn nicht ausschalten - zumindest jetzt nicht." Dann bat er sich zwei Wochen Bedenkzeit aus, in denen er entscheiden wolle, ob die USA tatsächlich in den Krieg eingreifen, nur um schon zwei Tage später den US-Luftschlag gegen die Atomanlage in Fordo anzuordnen.

Viele Unterstützer der "Make America Great Again"-Bewegung lehnen eine Verwicklung der USA in Kriege im Nahen und Mittleren Osten entschieden abBild: The Yomiuri Shimbun/AP Images/picture alliance

Für Trump selbst war dies sicher der schwierigste Moment des Krieges. Innenpolitisch, weil der US-Präsident mit dem Versprechen in den Wahlkampf gezogen ist, die US-Beteiligung an Konflikten in der Region zu beenden. "Dies ist ein Kernelement der 'Make America Great Again'-Bewegung: keine ausländischen Kriege, keine Kriege im Nahen Osten", erklärt Rosemarie Kalanick. Ein längerer Krieg zwischen den USA und dem Iran hätte Trumps Unterstützung bei seiner Basis untergraben können. Und sicherheitspolitisch, weil nicht klar war, wie schwer der zu erwartende iranische Gegenschlag tatsächlich ausfallen würde.  

Vorabsprachen mit Teheran?

Am Ende waren es sieben Raketen. Abgeschossen auf den US-Luftwaffenstützpunkt Al-Udeid in Katar. Ausgerechnet Katar - denn das Golfemirat verfügt über gute Beziehungen zu Teheran, teilt sich mit dem Iran sogar ein Ölfeld im Persischen Golf und dient immer wieder als Vermittlerstaat für diverse Kriege und Konflikte der Region. Der iranische Angriff war zudem vorangekündigt – für die katarische Flugabwehr war es so keinerlei Problem, die Raketen abzufangen, ohne dass Personen zu Schaden kamen.

Iranische Raketen über Katar - beim von Teheran befehligten Gegenangriff kamen keine Menschen zu SchadenBild: Stringer/REUTERS

Und so drängt sich der Verdacht auf, dass es womöglich auch zwischen den USA und dem Iran Vorabsprachen über diese iranische Vergeltungsmaßnahme gegeben haben könnte. Kontakte waren ja durch die vorangegangenen Atomgespräche zwischen Washington und Teheran durchaus vorhanden. Für den Iran bot sich so womöglich die Gelegenheit, gesichtswahrend aus der Eskalationsspirale herauszukommen - an einem weitreichenden Krieg gegen Israel UND die USA dürfte Teheran kein Interesse gehabt haben - ebensowenig wie Trump.

"Politischer Houdini"

Die jüngste Eskalation zwischen Iran und Israel scheint damit vorerst befriedet zu sein - und doch muss die Frage offen bleiben, ob Donald Trump auch einen langfristigen Plan für den Atomkonflikt im Nahen Osten besitzt. "Bei Trump ist nie ganz klar, was seine Strategie ist oder ob er eine hat, oder ob er Sachen einfach nur instinktiv aus dem Bauch heraus macht", erklärt Rosemarie Kalanick gegenüber der DW. "Wissen Sie, Trump ist seit Jahren ein politischer Houdini. Er gerät immer wieder in solche Situationen. Aber er ist eine Art Entfesselungskünstler. Er gerät in diese Situationen hinein, schafft es aber immer wieder, sich aus ihnen zu befreien und noch irgendwie die Landung hinzubekommen."

Ein "politischer Entfesselungskünstler": Donald Trump im Garten des Weißen HausesBild: Hu Yousong/Xinhua News Agency/picture alliance
Thomas Latschan Langjähriger Autor und Redakteur für Themen internationaler Politik