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Politik

Trumps Flüchtlingspolitik: legal und radikal

Michael Knigge
27. Januar 2017

Die von US-Präsident Donald Trump erwartete drastische Kehrtwende bei der Aufnahme von Flüchtlingen steht zwar juristisch auf sicherem Boden. Dennoch gibt es ernste sicherheitspolitische Bedenken.

Syrische Flüchtlinge in der USA
Eine Frau aus Syrien in Allentown, Pennsylvania, USA Bild: picture alliance/AP Photo/M. Rourke

Wie im Wahlkampf angekündigt, schlägt Präsident Trump in der Flüchtlingspolitik der USA eine harte Gangart ein. Mehreren ausführlichen Medienberichten zufolge wird Trump demnächst ein präsidentielles Dekret zur Neuordnung der amerikanischen Flüchtlingspolitik unterzeichnen.

So ist offenbar geplant, die Aufnahme von Flüchtlingen insgesamt für 120 Tage auszusetzen, um zu überprüfen, welche Länder als sicher eingestuft werden können und welche nicht. Des Weiteren soll die Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien komplett und dauerhaft ausgesetzt werden. Zudem ist offenbar geplant, im laufenden Fiskaljahr nur 50.000 statt wie von Trumps Vorgänger Barack Obama avisiert 110.000 Flüchtlinge aufzunehmen.

Mit dem erwarteten Präsidentendekret löst Trump ein ebenso zentrales wie umstrittenes Wahlkampfversprechen ein. So hatte er als Kandidat unter anderem ein „extreme vetting", also eine extreme Überprüfung von Flüchtlingen vor der Einreise angekündigt, aber auch mit Forderungen nach einem generellen Einreisestopp für Muslime für Schlagzeilen gesorgt. Später war er von einem gezielten Einreisestopp für Muslime abgerückt, hatte jedoch weiterhin für ein mögliches Einreiseverbot von Flüchtlingen aus Ländern mit erhöhter Terrorgefahr plädiert.    

Parallelen zu 9/11 und dem Zweiten Weltkrieg

Im Gegensatz zu einigen von Trump zuvor unterzeichneten Dekreten, die nach Ansicht von Fachleuten eher symbolischen Charakter und eine vergleichsweise geringe politische Wirkung haben, wird der erwartete Präsidentenerlass sofortige Folgen haben und eine Umkehr der amerikanischen Flüchtlingspolitik einleiten.

„Dies ist alles völlig legal", sagte Cristina Rodriguez, Verfassungsrechtlerin an der Yale University, die sich mit Einwanderungsfragen befasst. Der Präsident habe das Recht selbstständig, also ohne Mitwirkung des Kongresses, über die Aufnahme von Flüchtlingen zu entscheiden.

Nach historischen Parallelen zum sich abzeichnenden Kurswechsel in der amerikanischen Flüchtlingspolitik gefragt, nennt Rodriguez die Zeit nach den Terroranschlägen des 11. September 2011, als die Anzahl der aufgenommen Flüchtlinge sank, sowie den Zweiten Weltkrieg. „Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs schickten die USA jüdische Flüchtlinge aus Europa zurück, die dann im Holocaust ums Leben kamen, was eine dauerhafte nationale Schande ist."

Penible Überprüfung von Flüchtlingen

Der frühere US-Botschafter in Syrien, Robert Ford, hält es dagegen für völlig normal, dass eine neue amerikanische Regierung das bisherige System zur Überprüfung von Flüchtlingen mit Hinblick auf mögliche Verbesserungen unter die Lupe nimmt. Außerdem sei es auch nachvollziehbar, dass es wegen der Lage in Syrien Sicherheitsbedenken gegenüber syrischen Flüchtlingen gibt.

Robert Ford, ehemaliger US-Botschafter in SyrienBild: picture-alliance/dpa

Ford, der derzeit an der Yale University lehrt, sagte der Deutschen Welle, es gebe aber „schon ein sehr gründliches und wohlbedachtes System mit Beteiligung der US-Geheimdienste zur Untersuchung jedes einzelnen syrischen Flüchtlings, der in die USA kommt." Zudem verfügten die USA aufgrund ihrer geografischen Lage im Gegensatz zu Europa über den Luxus jeden Flüchtling zu überprüfen bevor er in ein Flugzeug einsteigen dürfe.      

Auch Verfassungsrechtlerin Rodriguez bezeichnet den bisherigen Überprüfungsprozess als sehr sorgfältig und langwierig. Dies sei auch der Grund, warum die USA pro Kopf im Vergleich zu Ländern wie Kanada eine so geringe Zahl an Flüchtlinge aufnähmen. Die geplante Verschärfung der Flüchtlingspolitik nannte Rodriguez deshalb eine „dramatische Überreaktion auf mögliche Sicherheitsbedenken". Sie ergänzte: „Dies ist vor allem eine politische Aussage und keine Sicherheitsmaßnahme als die sie verkauft wird."

Wasser auf die Mühlen der Extremisten 

Ex-Botschafter Ford betont, das geplante dauerhafte Aufnahmeverbot von syrischen Flüchtlingen könnte sich als sicherheitspolitisch kontraproduktiv für die USA erweisen. „Der unbefristete Ausschluss von syrischen Flüchtlingen würde den bereits in Syrien bestehenden Eindruck verstärken, dass die Amerikaner gegen die sunnitischen Muslime und mitschuldig an der großflächigen Tötung von Zivilisten sind."

IS-Kämpfer in Syrien aus einem IS-PropagandavideoBild: picture alliance/ZUMA Press/Handout

Und dieser Narrativ, so Ford, helfe den Dschihadisten mittel- und langfristig bei der Rekrutierung von Sympathisanten und erschwere damit das dauerhafte Zurückdrängen des islamischen Extremismus. Letzteres hat Präsident Trump ausdrücklich als eines der Hauptziele seiner Regierung benannt. 

Fords Rat an die Trump-Regierung: "Die Administration sollte sorgfältig abwägen, wie sie mit dem Flüchtlingsthema umgeht." Yale-Professor Rodriguez drückt sich weniger diplomatisch aus: "Es liegt alles in der Macht des Präsidenten, aber es ist so ein dramatischer Wechsel in der amerikanischen Flüchtlingspolitik, dass die Menschen hoffentlich Widerstand leisten."

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