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Politik

Trumps Mauer: Ob Mexiko doch zahlt?

12. Januar 2017

Mexikos Präsident steht unter Druck. Die Mauer an der Grenze zwischen Mexiko und den USA zu bezahlen, wäre sehr unpopulär - und doch könnte es für Enrique Peña Nieto das kleinere Übel sein.

Enrique Pena Nieto und Donald Trump
Bild: picture-alliance/AP Photo/D. Lopez-Mills

Die Mauer ist eines der zentralen Wahlversprechen von Donald Trump. Mexiko soll sie bezahlen, aber aus dem Süden kommt ein klares "No". Sein Land werde sich nicht an den Kosten für einen Grenzwall beteiligen, betonte der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto am Mittwoch abermals.

Doch ob es dabei bleibt, wird sich zeigen. "Die mexikanische Regierung wird versuchen, Möglichkeiten zur Kooperation zu finden", sagt Michelle Mittelstadt, Sprecherin des Washingtoner Think Tanks Migration Policy Institute (MPI). Das habe Peña Nieto nicht nur mit Worten, sondern auch mit der Ernennung des "Trump-Verstehers" Luis Videgaray zum neuen Außenminister deutlich gemacht.

Warum die Partnerschaft mit Washington für Peña Nieto so wichtig ist, liegt auf der Hand: In anderthalb Jahren wählen die Mexikaner einen neuen Präsidenten und einen neuen Kongress. Eine Wiederwahl des Präsidenten ist in Mexiko zwar nicht zulässig, aber wenn Peña Nieto seiner Partei und deren - noch zu ermittelnden - Präsidentschaftskandidaten eine günstige Ausgangsposition verschaffen will, muss er Argumente liefern.

Schwache Wirtschaft, Gewalt und Korruption: Viele trauen Enrique Peña Nieto keine Lösungen mehr zuBild: picture-alliance/dpa/S. Gutierrez

Die fehlen ihm derzeit: Bei der Sicherheitslage und der Korruptionsbekämpfung hat er den Mexikanern wenig Grund zur Hoffnung gegeben. Politiker und Drogenkartelle tanzen dem Rechtsstaat auf der Nase herum wie eh und je. Und auch wirtschaftlich muss Mexiko eine Durststrecke überwinden. Das Verhältnis zu den USA könnte also eine wichtige Rolle im mexikanischen Wahlkampf spielen.

Peña Nieto braucht Trump

Denn eine ideologische Feindschaft zum großen Nachbarn à la Kuba, Venezuela und Co. hat in Mexiko keine Tradition. Die wirtschaftlichen Bande hingegen schon - und zwar nicht erst seit NAFTA. Entsprechend verstörend und störend wirkte es sich in Mexiko aus, dass Trump den Fortbestand des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens in Frage stellte, und nicht wenige nehmen das ernst: Allein in den Tagen nach Trumps Wahlsieg verlor der mexikanische Peso bis zu 15 Prozent an Wert gegenüber dem US-Dollar, inzwischen sind es fast 20 Prozent. Anfang Januar kündigte der US-Autobauer Ford an, eine geplante Fertigungsstätte in Mexiko doch nicht in Betrieb zu nehmen - zugunsten von Kapazitäten in den USA. 

Aber nicht nur wirtschaftliche Interessen liegen auf dem Verhandlungstisch. Denn in der organisierten Kriminalität haben beide Staaten einen gemeinsamen Feind: Schwarzgeld und Waffen aus den USA werden gegen Drogen aus Mexiko getauscht. Die Schätzungen über das Volumen dieses Marktes gehen von bis zu 65 Milliarden Dollar jährlich aus.

Wahn und Sinn der Mauer

Eine Mauer - könnte man meinen - komme also auch Mexiko zugute, weil sie den Kartellen das Geschäft verdirbt. Doch die Realität zeichnet ein anderes Bild: 1130 der 3200 Kilometer langen Grenze sind schon jetzt mit Zäunen oder anderen physischen Barrieren geschützt. Den Schmuggel haben sie aber nicht aufgehalten. "Der Grenzverkehr von Gütern und Personen wird von formidablen Wirtschaftsmächten angetrieben, die stark genug sind, jedes Hindernis zu überwinden", schreibt Scott Stewart vom texanischen Informationsdienst Stratfor in seiner Kolumne "Security Weekly". 

Gut ein Drittel der Grenze ist bereits befestigt: Das hat weder Menschen noch Drogen aufgehalten

Nicht nur haben die Kartelle zahllose Tunnel unter der befestigten Grenze hindurch gebaut. Der weitaus größte Teil der Drogen erreiche die USA ohnehin versteckt in Fahrzeugen oder auch durch Menschen, die die Grenze an offiziellen Übergängen passieren, erklärt Scott Stewart: "Das ist der Grund, aus dem die Kartelle so intensiv um Städte (wie Nuevo Laredo, Juarez und Tijuana) kämpfen, durch die schon jetzt eine Grenzmauer verläuft."

Deutlich mehr setzt den Kartellen da schon die schrittweise Legalisierung von Marihuana in den USA zu. Experten schätzen, dass diesen dadurch rund 30 Prozent ihres aktuellen Umsatzes wegbrechen könnten. Dennoch: Kokain, Crack, Methamphetamine und Heroin dürften noch lange genug verboten bleiben, um die Kartelle im Geschäft zu halten. Außerdem haben die sich längst andere Geschäftsfelder erschlossen: Entführungen, Schutzgelderpressung - und: illegale Migration. Strengere Grenzkontrollen könnten Migranten also erst recht schon vor der Einreise in die Abhängigkeit von der organisierten Kriminalität treiben.

Eine große Verhandlungsmasse

Dennoch hat auch Mexiko ein eigenes Interesse daran, seine Grenzen stärker zu sichern. Denn Mexiko ist ein Transitland für Tausende Menschen aus ganz Lateinamerika. Sie tragen zur Finanzierung der Kartelle bei. Außerdem, sagt MPI-Sprecherin Mittelstadt: "Mexiko hat 2011 zum ersten Mal ein Gesetz zur Regelung der Migration eingeführt, weil es für immer mehr Menschen aus südlichen Ländern nicht nur als Transitland, sondern auch als Ziel ihrer Migration gesehen wurde."

Mexiko und USA: Schwierige Zukunftsperspektive

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Dass Mexikos Präsident Peña Nieto die Finanzierung von Trumps Mauer ablehnt, bedeutet also noch lange nicht, dass er nicht auch die Migration bremsen will. Überkreuz liegen die beiden vor allem beim Thema Freihandel.

Die Bekämpfung des illegalen Grenzverkehrs von Menschen, Geld und Waren und die offenen Grenzen für legalen Austausch sind also verschiedene Bestandteile derselben Verhandlungsmasse zwischen Washington und Mexiko Stadt. Trump will beides reduzieren, Peña Nieto nur den einen Teil. Der Mauerbau könnte also Peña Nietos politische Konzession gegenüber Trump sein.

Jan D. Walter Jan ist Redakteur und Reporter der deutschen Redaktion für internationale Politik und Gesellschaft.