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Politik

Trumps Taktik: China als Sündenbock

8. Mai 2020

In der Corona-Krise verschärft der US-Präsident seine Angriffe auf Peking. Seinem demokratischen Widersacher Joe Biden wirft er zu große Nähe zu China vor. Eine Strategie, die laut Experten nach hinten losgehen könnte.

US Präsident Donald Trump in China
US-Präsident Trump beim Staatsbesuch in Peking im November 2017Bild: picture-alliance/dpa/TASS/A. Ivanov

"China wird alles tun, damit ich die Wahl verliere", hat US-Präsident Donald Trump kürzlich im Oval Office verkündet. Im Moment scheint er keine Gelegenheit auszulassen, das kommunistische Regime zu attackieren. Mal droht er Peking mit neuen Zöllen. Mal behauptet er, Beweise zu haben, dass das Virus aus einem Forschungslabor in der zentralchinesischen Stadt Wuhan stamme. Und das, obwohl seine eigenen Geheimdienste und viele Wissenschaftler weltweit zu dem Schluss gekommen sind, dass das Coronavirus von einem Tier stammt und nicht künstlich gezüchtet wurde.  

Trumps immer neue Attacken kommen nicht überraschend. Sie eignen sich gut, um von seinem eigenen Versagen in der Corona-Krise abzulenken und der amerikanischen Öffentlichkeit einen Sündenbock für die Pandemie zu präsentieren: China. Angesichts der steigenden Zahlen von Covid-19-Fällen in den USA und von immer mehr Toten sind viele Amerikaner verunsichert und verängstigt. anti-chinesische Ressentiments sind spürbar und nehmen zu. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center sehen zwei Drittel der Amerikaner China im negativen Licht.

Trump droht China wegen Coronavirus mit Konsequenzen

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China der Bösewicht? 

Trumps Wahlkampfteam glaubt offenbar, dass der US-Präsident von den verbalen Attacken gegen China im Wahlkampf gegen seinen voraussichtlichen Herausforderer Joe Biden profitieren könnte. Mehrere Wahlwerbespots kursieren derzeit in den sozialen Medien. Ihr Ziel ist es, Joe Biden als china-freundlich zu brandmarken. 

"China zum Sündenbock zu machen, wird sich für Donald Trump politisch nicht auszahlen", sagt Michael Steele, ein konservativer politischer Kommentator und ehemaliger Vorsitzender des Republikanischen Nationalen Komitees. "All das Poltern und all der Lärm wegen China sind nur dazu da, davon abzulenken, was Trump über China gesagt hat, als die ganze Sache anfing: Damals war er voller Ehrerbietung, und er lobte sie für ihren Umgang mit der Krankheit in Wuhan und anderswo. Deshalb glaube ich nicht, dass es ihm wirklich helfen wird, jetzt zu sagen: China, Du bist der Bösewicht."

Joe Biden traf Xi im Dezember 2013 in der Funktion als Vizepräsident der USABild: Reuters

Joe Biden schlägt zurück

Trumps frühere Bewunderung für Chinas Präsidenten Xi Jinping macht sich jetzt das Wahlkampf-Team von Joe Biden zunutze. Sie haben einen Wahl-Spot produziert, der China zum Hauptthema hat. "Donald Trump hat die Chinesen 15-mal im Januar und Februar gelobt, als sich die Corona-Pandemie in den USA ausbreitete", heißt es da.  

Der politische Wettbewerb darum, wer härter und entschiedener gegen China vorgehen würde, könnte ins Auge gehen, warnen Aktivisten wie Rita Pin Ahrens, Direktorin von AOC, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für die Rechte und Interessen von Amerikanern mit asiatischen Wurzeln einsetzt. Hetze gegen China im US-Wahlkampf könnte den Hass gegen asiatisch aussehende Menschen in den USA schüren.

Ein asiatisches Geschäft im US-Bundesstaat ArizonaBild: picture-alliance/AP Photo/M. York

Anstieg von rassistischen Übergriffen

"Als Folge der Corona-Krise gab es einen gewaltigen Anstieg von Fällen von Diskriminierung und Belästigungen gegenüber asiatisch-stämmigen Amerikanern in diesem Land", sagt Rita Pin Ahrens. "Es gab alles, von verbalen Angriffen über Spucken und dem Besprühen mit Chemikalien bis hin zu direkter Gewalt - selbst gegen Kinder."

Wird die Kritik an China den US-Wahlkampf bestimmen? Der Republikaner Michael Steele rät zur Gelassenheit. "Wir Amerikaner sind Ich-bezogen, wenn es um globale Themen geht. Die meisten interessieren sich nicht für internationale Themen." Er glaubt, dass China keine zentrale Rolle spielen wird.

Graffiti in Berlin zeigt Trump und Chinas Präsident Xi (l.) in der Corona-KriseBild: Getty Images/AFP/J. MacDougall

US-Wirtschaft als Schlüsselthema

Allerdings hat Donald Trump schon 2016 China und seine Handelspraktiken genutzt, um Wahlkampf zu machen. "Auch diesmal nutzt er das Thema, um seine Anhänger zu bedienen", sagt Capri Cafaro, Politik-Expertin an der American University in Washington. Sie erwartet, dass Pekings Verhalten in der Corona-Krise als Thema bleiben wird. "Es wird aber nicht im Mittelpunkt des Wahlkampfs stehen."

"Führungsstärke und Temperament" sieht sie als zentrale Themen im Kampf um das Präsidentenamt in den USA. Und natürlich auch: die Wirtschaft. Millionen Amerikaner haben in der Corona-Krise bereits ihren Job verloren. Die Politologin weist darauf hin, dass eine zweite Ansteckungswelle die USA kurz vor der Präsidentschaftswahl treffen könnte. "Was fehlt, ist eine zusammenhängende nationale Strategie bei der Bekämpfung von Covid-19", sagt Capri Cafaro. Das könnte sich für Präsident Trump am Ende rächen.

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