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Politik

Tschad ruft Ernährungsnotstand aus

3. Juni 2022

Der Krieg in der Ukraine hat auch zunehmend Folgen für die Staaten Afrikas. Sie importieren laut UN knapp die Hälfte ihres Weizens aus der Ukraine und Russland. Im Tschad hat sich die Lage dramatisch verschärft.

Eine Mutter mit ihrem unterernährten Sohn auf der Intensivstation eines Krankenhauses in Tschads Hauptstadt N'Djamena
Eine Mutter mit ihrem unterernährten Sohn auf der Intensivstation eines Krankenhauses in Tschads Hauptstadt N'DjamenaBild: ANDREW CABALLERO-REYNOLDS/AFP/Getty Images

Der zentralafrikanische Tschad hat aufgrund mangelnder Getreidelieferungen im Zuge des Ukraine-Kriegs einen Ernährungsnotstand ausgerufen. Die Lage habe sich in den vergangenen Monaten extrem verschlechtert, internationale humanitäre Hilfe sei dringend notwendig, erklärte der Vorsitzende der Militärregierung, Mahamat Idriss Déby Itno, in der Hauptstadt N'Djamena.

Mehr als fünf Millionen Menschen vom Hunger bedroht

Laut Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) werden 5,5 Millionen Menschen im Tschad - ein Drittel der Bevölkerung - dieses Jahr auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sein. Nur knapp 16 Prozent der derzeit von den UN veranschlagten 510 Millionen US-Dollar für die notwendigste Unterstützung stehen den Helferinnen und Helfern zur Verfügung.

Der Tschad gehört zu den afrikanischen Ländern, die in hohem Maße von Getreide aus Russland und der Ukraine abhängen. Afrikas 54 Staaten importieren nach UN-Angaben knapp die Hälfte ihres Weizens aus den beiden Ländern. Russland ist außerdem ein wichtiger Düngemittellieferant für viele afrikanische Staaten.

UN: Krieg könnte 1,4 Milliarden Menschen treffen

Insgesamt könnte der Krieg in der Ukraine laut den Vereinten Nationen massivste globale Auswirkungen haben. Etwa 1,4 Milliarden Menschen könnten von Nahrungsmittelknappheit betroffen sein, wenn die Exporte von Getreide aus der Ukraine und Dünger aus Russland weiter ausblieben, sagte Amin Awad, der UN-Krisenkoordinator für die Ukraine, bei einer Online-Pressekonferenz.

Es sei deshalb unbedingt notwendig, dass die Handelsrouten über das Schwarze Meer nicht länger blockiert bleiben. "Wenn die Öffnung der Häfen scheitert, wird das Hunger, Destabilisierung und
Massenmigration auf der ganzen Welt zur Folge haben", warnte Awad, der aus Kiew zugeschaltet war.

Russlands Staatschef Wladimir Putin empfängt den Präsidenten der AU, Macky SallBild: Mikhail Klimentyev/Sputnik/AP Photo/picture alliance

Putin trifft AU-Präsidenten

Die Erklärung der Militärjunta des Tschads kam wenige Stunden, bevor sich der Präsident der Afrikanischen Union, Senegals Präsident Macky Sall, mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin in Sotschi am Schwarzen Meer getroffen hat. Dabei versicherte Putin, Russland sei "immer an der Seite Afrikas". Er zählte Möglichkeiten auf, wie ukrainisches Getreide exportiert werde könne. Der Kremlchef sagte, die Ausfuhr von ukrainischem Getreide könne sowohl über die ukrainischen Schwarzmeerhäfen unter russischer Kontrolle - Mariupol und Berdjansk - als auch über Odessa erfolgen. Dafür müsse Kiew dort allerdings die Minen um den Hafen räumen. Russland würde den Transportschiffen dann sicheres Geleit geben. Über die Donau könne auch über Rumänien, Ungarn oder Polen verschifft werden. 

 AU-Präsident Sall zeigte sich nach dem Gespräch zuversichtlich und auch der UN-Koordinator für die Ukraine, Awad, äußerte sich nach Verhandlungen mit russischen Vertretern "optimistisch".

Viele Länder der Sahelzone vor Hungerkrise

Der Tschad ist eines von vielen Ländern in der Sahelzone, dem eine Hungerkrise bevorsteht. Das Horn von Afrika - vor allem Äthiopien, Kenia, Sudan und Somalia - ist mit der schlimmsten Trockenheit seit 40 Jahren konfrontiert. Auch Westafrika steht laut UN kurz vor der schlimmsten Nahrungsmittelkrise seit zehn Jahren. Nach Angaben von Hilfsorganisationen könnten in der gesamten Sahelregion bald 60 Millionen Menschen hungern. 

se/qu (dpa, afp, epd)

Dieser Artikel wurde nach dem Treffen zwischen Macky Sall und Wladimir Putin aktualisiert.

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