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Politik

Tschad verstärkt Internet-Blockade

Martina Schwikowski
17. April 2018

Seit knapp drei Wochen sind im Tschad soziale Netzwerke wie Facebook und WhatsApp gesperrt, offenbar um Kritik an der Regierung zu verhindern. Zwar gibt es Wege, die Blockade zu umgehen. Aber das wird schwerer.

Junge Leute demonstrieren gegen die repressive Regierung im Tschad.
Bild: DW/D. Blaise

Djimet Wichet leidet unter der Internet-Blockade - persönlich und finanziell: Er ist Redakteur der Online-Zeitung Alwhida-Info und sagt: "Wir sind es gewohnt, unsere Informationen auf Facebook und Twitter zu teilen. Leider können unsere Leser nicht auf unsere Seite zugreifen." Ein echter Verdienstausfall für seine Zeitung, denn normalerweise bekäme sie am Ende jedes Monats Geld von Google. "Außerdem kann ich nicht garantieren, dass unsere Website regelmäßig aktualisiert wird", sagt er der DW. Um die regelmäßige Veröffentlichung zu sichern, nutze er für sein Handy eine kamerunische SIM-Karte.

Bald keine Signale mehr aus Kamerun?

Doch der Umweg über das Netz aus dem Nachbarland scheint nicht mehr lange möglich. Nach Informationen der internationalen Nichtregierungsorganisation Internet ohne Grenzen sollen technische Möglichkeiten angewandt werden, um auch die Signale des Netzwerks aus Kamerun im Tschad lahm zu legen. Die Organisation  habe aktuelle Informationen, dass die tschadische Regierung den Empfang aus Kamerun verhindern möchte, sagt Julie Owono, Leiterin der Afrika-Abteilung bei Internet ohne Grenzen im DW-Interview. "Die Regierung legt in der Zensur im eigenen Land noch richtig nach", sagt Owono. Das sei sehr besorgniserregend. "Der Tschad ist äußerst repressiv und unsere Informationen zur Abwehr der Signale aus Kamerun stammen aus sicheren Quellen, darunter auch Journalisten."

Straßenszene in der Hauptstadt N'DjamenaBild: DW/F. Quenum

Regierung auf Lebenszeit

Die Internet-Blockade im Tschad begann am 28. März, Gründe dafür gab die Regierung nicht an. Seither ist der Zugriff auf Anwendungen wie Facebook und WhatsApp gestört. Für Owono liegt es nahe, dass die Regierung Kritik an der geplanten Verfassungsänderung im Land unterdrücken will: Einen Tag zuvor, am 27. März, endete ein "nationales Forum" zu den geplanten Reformen, die dem Präsidenten eine Amtszeit bis 2033 garantieren würden. Die politische Opposition und die Zivilgesellschaft hatten dagegen protestiert. Präsident Idriss Déby Itno regiert im Tschad seit 1990, er ist 65 Jahre alt.  Anfragen der DW zur aktuellen Lage ließ seine Regierung unbeantwortet.

Das Land steckt seit mehreren Jahren in einer wirtschaftspolitischen Krise. "Immer wenn Spannungen im Tschad entstehen, wird das Internet gestört, wenn es nicht einfach gekappt wird", sagt Arnaud Froger, Leiter des Afrika-Büros der Organisation Reporter ohne Grenzen. Tschad rangiert in der Ausgabe 2017 ihres jährlichen Rankings zur Pressefreiheit auf Platz 121 von 180. Das Land gehöre zu den schlimmsten Online-Zensoren in Subsahara-Afrika, sagt Froger.

Präsident Idriss Déby ItoBild: Getty Images/AFP/L. Marin

Menschen haben genug von der Internet-Blockade

"Die Menschen in Tschad haben es satt, dass ihre Rechte auf Zugang zu Informationen und auf freie Meinungsäußerung unterdrückt werden", sagt Owono von Internet ohne Grenzen. Ihre Organisation erhalte täglich Berichte von verärgerten Einwohnern: "Bürger finden neue Wege, digitale Informationen zu erhalten, trotz der Blockade. Im 21. Jahrhundert kann man keine Bevölkerung mehr von der Kommunikation abhalten."

"Viele junge Menschen haben heute Anwendungen, die diese Einschränkungen umgehen können, um in sozialen Netzwerken zu kommunizieren", sagt auch Nadjo Kaina, Sprecher der Bürgerbewegung Iyina im Tschad. Oppositionelle werfen der Regierung vor, tschadische Internetnutzer mundtot machen zu wollen.  Auch Kaina sagt: "Dies ist ein Weg, um zu verhindern, dass sich die Jugend frei äußern kann." Aber die Zensur zu umgehen, kostet: "Für Facebook und WhatsApp muss ich über eine VPN-Anwendung gehen, das verbraucht eine Menge Daten", sagt zum Beispiel die tschadische Journalistin Victoria Remadji.

Klage gegen die Regierung des Tschad

Den Zugang zum Internet haben die Vereinten Nationen 2016 als Grundrecht anerkannt. Im selben Jahr folgte auf die umstrittene Wiederwahl Débys eine mehrwöchige Internetpause und acht Monate lang das Aus für soziale Netzwerke im Tschad. Die Behörden verwiesen damals auf  "Sicherheitsgründe". Am 25. Januar dieses Jahres wurde das Netz ebenfalls für 24 Stunden eingeschränkt - an dem Tag, an dem die Regierung einen Protest gegen geplante Sparmaßnahmen verboten hatte.

Die Organisation Internet ohne Grenzen berät sich derzeit mit tschadischen Anwälten, um die Regierung per Gerichtsverfahren unter Druck zu setzen. "Wir hoffen nicht nur auf die Aufmerksamkeit der Vereinten Nationen. Auch wirtschaftliche Partnerländer sollen angesprochen werden", sagt Sprecherin Owono.

International gilt der Tschad jedoch gleichzeitig als wichtiger Partner im Kampf gegen Terrorismus in der Sahel-Region. Die USA haben das Land kürzlich von der Liste für Einreiseverbote gestrichen. US-Präsident Donald Trump habe eine entsprechende Erklärung unterzeichnet, nachdem der Tschad die Überprüfung von persönlichen Daten und die Weitergabe von Informationen verbessert habe, sagt Pressesprecherin Sarah Huckabee Sanders. Den Menschen im Tschad wird das Weitergeben von Information dagegen deutlich erschwert.

Mitarbeit: Blaise Dariustone

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