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Hissène Habré wartet auf sein Urteil

Gwendolin Hilse, Emmanuelle Landais27. Mai 2016

Für seine Politik ließ er systematisch foltern und morden, so die Anklage. Seit knapp einem Jahr muss sich Tschads Ex-Diktator Hissène Habré vor einem Sondertribunal verantworten. Am Montag erwartet er sein Urteil.

Hissene Habre Tschad Diktator
Bild: picture-alliance/AFP/Stringer

Die Anklageliste ist lang: Politisch motivierte Folter, Versklavung, Mord und Massenhinrichtungen. Am Montag erwartet Tschads Ex-Diktor Hissène Habré seinen Urteilsspruch in Senegals Hauptstadt Dakar. Das Sondertribunal wurde 2013 vom Senegal und der Afrikanischen Union gegründet um diejenigen zu verurteilen, die verantwortlich sind für internationale Verbrechen in der Zeit des Habré-Regimes zwischen 1982 und 1990 im Tschad. Seit Juli 2015 muss sich der heute 73-jährige Habré vor Gericht für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter und Kriegsverbrechen verantworten. Damit steht erstmals ein ehemaliger afrikanischer Staatschef vor Gericht eines anderen afrikanischen Landes.

Mehr als 40.000 Tote laut Untersuchungskommission

Nachdem der heutige Präsident Idriss Déby den einstigen Putschisten Habré 1990 selbst aus dem Amt putschte, suchte Habré Zuflucht im Senegal. Mehr als 22 Jahre lebte er in einem der nobelsten Viertel Dakars, galt unter Nachbarn als diskreter, wohltätiger Muslim. Der Prozess gegen ihn wurde jahrelang verschleppt - bis zum Amtsantritt des senegalesischen Präsidenten Macky Sall. Seit Juni 2013 steht Hissène Habré in Dakar unter Hausarrest.

Auf den Straßen Dakars sind die Meinungen gespalten: "Habré ist ein alter Mann und sollte in Ruhe gelassen werden. Er hat nichts Unrechtes getan - ganz im Gegenteil, er hat den Tschad sehr gut regiert", sagt ein Anwohner. "So wie der Prozess bis jetzt verlaufen ist, gehe ich von einem harten Urteil aus - mindestens 20 Jahre Haft", sagt ein anderer.

Während westliche Staaten wie die USA und Frankreich die Augen verschlossen - den Tyrannen sogar im Kampf gegen Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi unterstützen - befahl Habré Folter und Mord an unliebsamen Gegnern und Kritikern, insbesondere aber an nichtmuslimischen ethnischen Gruppen im Wüstenstaat. Mehr als 40.000 Menschen kamen laut Schätzungen einer vom neuen tschadischen Justizminister einberufenen Untersuchungskommission ums Leben. Zehntausende wurden von der tschadischen Geheimpolizei, der "Abteilung für Dokumentation und Sicherheit" (DDS), gefoltert.

Senegalesische Polizeibeamten bewachen das Gerichtsgebäude in Dakar während Habrés AnhörungBild: Getty Images/AFP/Seyllou

Der Schreckensherrscher ist sich keiner Schuld bewusst

Habré selbst bestreitet von den Verbrechen gewusst zu haben. Er weigerte sich zunächst, überhaupt vor Gericht zu erscheinen, auch das Urteil wolle er nicht anerkennen. Bis zum letzten Verhandlungstag schwieg der ehemalige Schreckensherrscher, verweigerte jegliche Kooperation mit dem Gericht. Selbst seine eigenen Anwälte haben Habré nach eigenen Angaben seit dem Schlussplädoyer im Februar nicht mehr zu Gesicht bekommen. Sie blicken dem Prozessende trotzdem optimistisch entgegen. "Einige denken, dass sein Schweigen ihn gegenüber den Richtern in Ungnade fallen lässt. Aber sein Schweigen und seine systematische Verweigerung werden ihm sicherlich nicht schädlich sein. Wir sehen das ganz gelassen", so Mounir Ballal, einer von Habrés drei Anwälten.

"Sicherlich müssen wir bis zum Urteil von der Unschuld des Angeklagten ausgehen, aber wir haben viele Dokumente gesammelt, die Verstöße gegen die Menschenrechte bezeugen", sagt Assane Dioma Ndiaye, Leiter der senegalesischen Menschenrechtsliga. Er gehört zu dem Team von Anwälten, das die über 4.445 Zivilkläger vertritt. Die Opfer seien zuversichtlich, dass der Despot eine gerechte Strafe erhalten werde, denn die Beweislage sei erdrückend: "Die meisten Dokumente kommen aus der DDS selbst und umfassen sogar Listen mit Namen von Opfern und willkürlichen Verhaftungen."

Sollte das Gericht Hissène Habré schuldig sprechen, könnte das Urteil "lebenslang" lauten. Und wenn nicht? Der Anwalt der Zivilkläger, Assane Dioma Ndiaye, ist sich sicher: "Sollte zu Gunsten Habrés entschieden werden, gehen meine Mandanten definitiv in Revision."

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