Tschechien: Niedrige Schulden - hohe Verteidigungsausgaben
15. Januar 2025Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala begann das neue Jahr mit einer erfreulichen Botschaft an die Bürger seines Landes: Seiner Regierung sei es nach drei Jahren gelungen, das tschechische Haushaltsdefizit von über fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf unter drei Prozent zu senken. Und das, obwohl die Tschechische Republik gleichzeitig die Verteidigungsausgaben deutlich erhöht und ihre NATO-Verpflichtungen erfüllt habe.
Damit steht das 10-Millionen Einwohner-Land an der Spitze der vier Visegrad-Staaten und schneidet sogar deutlich besser ab als das benachbarte Österreich. Auch die Inflation, die für 2024 auf etwa 2,8 Prozent geschätzt wird, konnte die Regierung unter Kontrolle bringen.
Und schließlich profitiert die Tschechische Republik - anders als andere europäische Staaten - auch von der Aufnahme von etwa 200.000 ukrainischen Kriegsflüchtlingen. Denn die meisten der erwachsenen Ukrainer in Tschechien sind erwerbstätig. Sie bringen durch ihre Steuern und Abgaben inzwischen etwa eine Milliarde Euro mehr in den Staatshaushalt ein als der tschechische Staat für sie ausgibt.
Kritik an der Wirtschaftspolitik
"Insgesamt werden wir das Defizit während unserer Regierungszeit um etwa 180 Milliarden Tschechische Kronen (sieben Milliarden Euro) reduzieren", sagte Premierminister Petr Fiala vor Journalisten. Im Jahr 2021, als seine Regierung angetreten sei, habe es noch bei mehr als fünf Prozent gelegen. Im nächsten Jahr werde es voraussichtlich nur noch 2,3 Prozent betragen. Im kommenden Herbst stehen in Tschechien Parlamentswahlen an.
Der Preis für die Senkung des Haushaltsdefizits, das in der Zeit der COVID-Krise in Rekordhöhe angestiegen war, ist jedoch das langsame Wachstum der tschechischen Reallöhne. Nach Berechnungen von Ökonomen werden diese erst 2025, als eines der letzten EU-Länder, das Niveau von 2019, also von vor der Pandemie erreichen.
Es überrascht daher nicht, dass die Bürger des Landes mit der Regierung unzufrieden sind. 33,6 Prozent der Wähler würden einer Umfrage des Forschungsinstituts NMS Market Research zufolge heute der ANO-Bewegung des früheren Regierungschefs Andrej Babis ihre Stimme geben. Bei den letzten Wahlen im Jahr 2021 hatte Babis gegen die SPOLU von Ministerpräsident Fiala verloren, die 28 Prozent der Wähler überzeugen konnte und zusammen mit Bürgerdemokraten (ODS), der pro-europäischen TOP-09 und der Volkspartei (KDU-CSL) eine Regierung bildete.
Auch tschechische Wirtschaftsanalysten sehen die wirtschaftliche Entwicklung des Landes kritisch. "Die Tschechische Republik ist durch einen hohen Anteil an Pflichtausgaben belastet", sagt Petr Zahradnik, Europaexperte des Beratungsunternehmens BeePartner, der DW. "Der Anteil der Ausgaben für das Rentensystem ist enorm, auch die Ausgaben für Bildung und Gesundheit sind hoch. Und es gibt relativ wenig Spielraum für Investitionen."
Hohe Militärausgaben
Auch die Militärausgaben belasten das Land. Zum ersten Mal seit zwanzig Jahren hat die Tschechische Republik ihre NATO-Verpflichtung erfüllt und zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgegeben. Im Jahr 2023 hatte die Regierung von Petr Fiala dieses Ziel als Gesetz im Parlament durchgesetzt.
Umfragen zufolge unterstützen über 60 Prozent der Tschechen eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Wahrscheinlich deshalb hatten damals neben den Regierungsabgeordneten auch Abgeordnete der oppositionellen ANO für das Gesetz gestimmt, wofür sich Verteidigungsministerin Petra Cernochova anschließend persönlich bedankt hatte. "Sicherheit gibt es nicht umsonst. Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des BIP sind für uns lebenswichtig", sagte Cernochova, nachdem das Gesetz im Parlament verabschiedet worden war.
Noch im Jahr 2021 beliefen sich die tschechischen Verteidigungsausgaben auf weniger als 1,5 Prozent des BIP. Zwischen 2010 und 2016 lagen sie nur noch bei etwa einem Prozent, in manchen Jahren sogar unter diesem Wert.
Waffen für die Ukraine
Zudem unterstützt die tschechische Armee die Ukraine mit Waffen im Wert von über zehn Milliarden Kronen (ca. 400 Millionen Euro), darunter Dutzende von Panzern, Kampffahrzeugen, gepanzerten Fahrzeugen und anderem schwerem militärischen Gerät. Darüber hinaus haben tschechische Rüstungsbetriebe für die Ukraine Waffen im Wert von weiteren 1,2 Milliarden Euro hergestellt.
Im Rahmen der Aufstockung des tschechischen Verteidigungsbudgets wurden die an die Ukraine gelieferten Waffen durch moderne westliche Waffen wie deutsche Leopard-2A4-Panzer oder amerikanische F-35-Kampfjets ersetzt. "Der Haushalt für 2025 sieht staatliche Verteidigungsausgaben in Höhe von fast 160,8 Milliarden CZK (6,5 Milliarden Euro) vor", hatte Verteidigungsministerin Cernochova im vergangenen Dezember angekündigt.
Die oppositionelle ANO unterstützt die Erhöhung der Verteidigungsausgaben grundsätzlich - kritisiert aber einige der konkreten Maßnahmen, die ergriffen wurden. "Die Regierung versucht, die erhöhten Mittel in große ausländische Projekte wie die F-35 zu stecken", sagte Lubomir Metnar, ehemaliger Verteidigungsminister und jetziger ANO-Abgeordneter, der DW. Dabei gehe die Regierung jedoch unsystematisch vor.
Tschechien hatte im vergangenen Jahr 24 F-35-Kampfjets in den USA bestellt. Die ersten sollen 2031 geliefert werden. Zu dem Paket der Rüstungsfirma Lockheed Martin gehören auch die Wartung der Flugzeuge, logistische Unterstützung und die Ausbildung der Piloten.