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Politik

Tschechien: Der erste Rom, der Honorarkonsul wird

Luboš Palata
12. Februar 2021

Der tschechische Rom Petr Torák floh einst mit seiner Familie vor Neonazi-Angriffen nach Großbritannien - und machte dort Karriere. Nun wurde er zum Honorarkonsul seines Herkunftslandes ernannt.

Großbritannien Honorarkonsul der Tschechischen Republik Petr Torák
Petr Torák: "In Großbritannien fühlt man sich sofort als Teil des Ganzen"Bild: Privat

Er ist tschechischer Rom. In Großbritannien. Vor mehr als zwanzig Jahren floh seine Familie aus dem nordböhmischen Liberec (Reichenberg) vor Angriffen tschechischer Neonazis und beantragte in Großbritannien Asyl. Nun ist Petr Torák der erste tschechische Rom, der zum Honorarkonsul seines Geburtslandes ernannt wurde.

Eine durchaus Aufsehen erregende Personalie. Denn in Tschechien ist nicht nur der Antiziganismus in der Bevölkerung immer noch sehr verbreitet - auch Politiker äußern sich immer wieder abfällig oder rassistisch über Roma. Bis hin zum Staatspräsidenten Milos Zeman, der vor einigen Jahren sagte, im Kommunismus hätten die Roma "immerhin arbeiten müssen".

Tschechien: Anti-Roma-Proteste einer Neonazi-Gruppe (2013)Bild: Martin Nejezchleba

Torák hat mit seinen 39 Jahren schon ein bewegtes Leben hinter sich. Nach der Schule studierte er in Tschechien Jura. Im Jahr 1999 floh seine Familie wegen ständiger gewalttätiger Angriffe nach Großbritannien. Dort arbeitete Torák zunächst als Hilfskraft in einem Fast-Food-Restaurant, später schloss er sein Jura-Studium ab. Inzwischen hat er eine herausragende Polizeikarriere hinter sich. Für seine Verdienste als Polizeioffizier zeichnete ihn Königin Elisabeth II. 2015 mit dem Orden des Britischen Empire (MBE) aus. Zum Jahreswechsel nun wurde er vom tschechischen Außenministerium zum Honorarkonsul in Peterborough ernannt, einer 180.000-Einwohner-Stadt in Mittelengland.

"Torák erfüllt alle Kriterien"

Das ist einerseits eine Anerkennung für Toráks Verdienste. Denn als Polizeioffizier und Mitarbeiter in Projekten für Migranten hat er sich in den vergangenen Jahren viel um Landsleute in Großbritannien gekümmert. Aber es gibt auch ganz praktische Gründe für seine Ernennung zum Honorarkonsul. Tschechien möchte seine diplomatischen Vertretungen in Großbritannien stärken und so die Probleme von fast 100.000 Tschechen lösen, die derzeit im Vereinigten Königreich leben. Wie andere EU-Bürger auch müssen sie am 1. Juli dieses Jahres einen "Siedlungsstatus" (Settled Status) beantragen. Bis Mitte Januar hatten erst 50.000 tschechische Staatsbürger diesen Status erlangt.

"In der Region Peterborough gibt es mehrere tausend tschechische Bürger. Ich gehe davon aus, dass Petr Torák als Honorarkonsul uns insbesondere bei der Kommunikation mit unseren Mitbürgern helfen wird, damit sie durch den Brexit nicht in Schwierigkeiten geraten", sagt der tschechische Außenminister Tomáš Petříček der DW. "Honorarkonsuln arbeiten ehrenamtlich. Die meisten von ihnen sind Menschen mit Verbindungen zu Tschechien, oft unsere Landsleute, die Kontakte vor Ort haben. Petr Torák erfüllt alle genannten Kriterien", fügt der Chef der tschechischen Diplomatie hinzu. "Wenn Großbritannien seine Ernennung bestätigt, wird er der erste Rom in dieser Position in der Geschichte der Tschechischen Republik sein", so Petříček.

Petr Torák freut sich auf die Arbeit als Honorarkonsul Tschechiens in Peterborough, GroßbritannienBild: Privat

Tschechische Roma sind in Großbritannien erfolgreich

Petr Torák selbst sieht seine Ernennung zum Honorarkonsul als eine Bestätigung für den Erfolg der tschechischen Roma-Gemeinde in Großbritannien. Schätzungen zufolge machen tschechische Roma etwa zwei Drittel aller tschechischen Bürger im Vereinigten Königreich aus. Anders als in Tschechien hätten die meisten Roma in Großbritannien einen Job gefunden, sagt Torák der DW. "Roma-Kinder gehen zur Schule und haben damit kein Problem, denn die Lehrer hier sind in der Lage, Kinder zu unterrichten, die kein Englisch sprechen, wenn sie zur Schule kommen. Und sie sind an Kinder aus aller Welt gewöhnt."

In Großbritannien gibt es nicht nur ein besseres Sozialsystem als in der Tschechischen Republik. Vor allem werden Roma viel weniger diskriminiert. "Roma werden hier nicht per se abgestempelt, sie hören keine Beschimpfungen und Beleidigungen von Politikern. In Großbritannien fühlt man sich sofort als Teil des Ganzen. Die Gesellschaft misst jemanden an seinem Verhalten, egal, ob er Rom oder Muslim ist", sagt Petr Torák.

Inspiration für Roma in Tschechien

Er freut sich auf die Arbeit als Honorarkonsul. Und er weiß, dass er viel zu tun haben wird, damit er tschechischen Landsleuten helfen kann, einschließlich den Roma. "Viele von ihnen haben abgelaufene tschechische Dokumente, die sie in Großbritannien nicht brauchten, weil sie nicht gereist sind", erklärt er eines der Probleme, die er als Konsul lösen muss.

Millionen EU-Bürger wollen auch nach dem Brexit in Großbritannien bleibenBild: Nicolas Economou/NurPhoto/picture alliance

Torák, der derzeit erfolgreich selbständig ist, wird den Betrieb des Honorarkonsulats aus eigener Tasche bezahlen. "Ich mache noch eine kurze Ausbildung im tschechischen Außenministerium und hoffe, dass wir das Konsulat bereits in diesem Monat eröffnen können", sagt er. "Ich werde dann der erste Rom der Welt im Amt eines Honorarkonsuls sein", fügt er stolz hinzu.

Torák hofft, dass sein Beispiel und die Erfolge der tschechischen Roma in Großbritannien auch auf die Roma in Tschechien ausstrahlen. "Es wäre schön", sagt er, "wenn die Beispiele aus Großbritannien die jungen Roma in Tschechien inspirieren würden."

Luboš Palata Europaredakteur der tschechischen Tageszeitung "Deník".