Tschechien verbietet Kommunismus-Propaganda
29. Juli 2025
Für überzeugte Gegner des Kommunismus in Tschechien ist dies das Ende eines sehr langen Weges: Mehr als dreißig Jahre nach der demokratischen "Samtenen Revolution" im November 1989 forderten sie, dass Kommunisten den Nationalsozialisten und ähnlichen autoritären Ideologien gleichgestellt - und entsprechend verboten werden.
Das ist nun geschehen: In der zweiten Julihälfte unterzeichnete Präsident Petr Pavel eine Novelle des Strafgesetzbuches, die Nationalsozialismus und Kommunismus in der Tschechischen Republik eindeutig gleichstellt. Mit der Unterschrift des Präsidenten wurde der Gesetzgebungsprozess abgeschlossen. Das neue Gesetz wird am 1. Januar 2026 in Kraft treten.
Die Gesetzesänderung wurde von der Bürgerbewegung "Der November ist noch nicht vorbei" initiiert. Ihr Kopf ist der Studentenführer aus der Zeit der Samtenen Revolution und spätere Senator Martin Mejstrik. Zudem haben sich Historiker des tschechischen Instituts für das Studium totalitärer Regime (USTR)der Initiative angeschlossen. Im Frühjahr dieses Jahres wurde sie im Abgeordnetenhaus und im Senat von einer Gruppe von Abgeordneten und Politikern der pro-europäischen Regierungskoalition von Premierminister Petr Fiala durchgesetzt.
"Wer eine nationalsozialistische, kommunistische oder andere Bewegung gründet, unterstützt oder propagiert, die nachweislich auf die Unterdrückung der Rechte und Freiheiten des Menschen abzielt oder rassistische, ethnische, nationale, religiöse oder klassenbezogene Feindseligkeit oder Feindseligkeit gegenüber einer anderen Gruppe von Personen propagiert, wird mit Freiheitsentzug von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft" - so der neue Wortlaut von Paragraf 403 des Strafgesetzbuches der Tschechischen Republik.
Schutz des demokratischen Rechtsstaats
"Das Ziel des Entwurfs war es, die offensichtlich ungerechte Unterscheidung zwischen zwei verbrecherischen totalitären Ideologien des 20. Jahrhunderts zu beseitigen", erklärte Kamil Nedvedicky, erster stellvertretender Direktor des USTR, Ende Mai nach der Verabschiedung des Gesetzes durch das Abgeordnetenhaus. "Beide - Nationalsozialismus und Kommunismus - zielen nachweislich auf die Unterdrückung grundlegender Rechte und Freiheiten ab, und es ist logisch und gerecht, dass das tschechische Strafrecht dies klar widerspiegelt," so Nedvedicky weiter. "Es geht nicht um Ideologie, sondern um den Schutz des demokratischen Rechtsstaats."
Paradoxerweise ist die zehn Millionen Einwohner zählende Tschechische Republik heute eines der wenigen Länder der Europäischen Union, in denen eine kommunistische Partei - die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSCM) - seit über drei Jahrzehnten erfolgreich tätig ist. Bis zu den letzten Parlamentswahlen vor knapp vier Jahren hatte die KSCM nicht nur Abgeordnete im Parlament, sondern stellte auch mehrere Vizepräsidenten der Volksvertretung.
Babis: "Für mich sind das keine Kommunisten"
Die Nachfolgepartei der marxistisch-leninistischen Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KSCM), die das Land bis 1989 diktatorisch beherrscht hatte, hat bis heute mehrere Zehntausend Mitglieder und ist als Hauptkraft der Wahlkoalition "Stacilo!" (Es reicht!) nach den EU-Wahlen 2024 ins Europäische Parlament eingezogen. Auch derzeit ergeben die meisten Umfragen, dass "Stacilo!" bei den im Oktober 2025 anstehenden Wahlen die Fünf-Prozent-Hürde überwinden wird.
Und vielleicht nicht nur das. Der Favorit bei den tschechischen Parlamentswahlen im Oktober, der Vorsitzende der populistischen Bewegung ANO, Ex-Premier und Oligarch Andrej Babis, schließt nicht aus, dass er mit Stacilo! eine neue Regierung bilden könnte. "Für mich sind das keine Kommunisten", erklärte Babis in einem Interview mit dem Nachrichtenserver tn.cz. Spitzenkandidatin der Wahlkoalition ist die KP-Vorsitzende und Europaabgeordnete Katerina Konecna.
Ein Versuch, die Opposition zum Schweigen zu bringen?
Tatsächlich könnte das neue Gesetz zu einem Verbot der KSCM selbst führen so wie im Fall der tschechischen Arbeiterpartei, die 2010 aufgrund ihrer nachgewiesenen nationalsozialistischen Ideologie verboten und aufgelöst wurde. KSCM-Chefin Katerina Konecna erklärt gegenüber der DW, dass es sich bei der jetzigen Novelle des Gesetzes, dass damals angewandt wurde, um einen politischen Angriff der Regierungskoalition auf ihre Partei handle.
"Es geht um den systematischen Versuch der asozialen, korrupten Regierung von Petr Fiala, ihre lautesten Kritiker zum Schweigen zu bringen. Das hat in einer demokratischen Gesellschaft definitiv keinen Platz" so Konecna. "Amüsant" sei zudem, dass das Gesetz von Petr Pavel unterzeichnet wurde - "der selbst Mitglied der Kommunistischen Partei Tschechiens (KSC) war, sogar ein prominentes."
Präsident Petr Pavel war KP-Mitglied
Tatsächlich war Tschechiens Präsident als Berufssoldat bis Ende der Herrschaft der Kommunisten 1989 Mitglied der damaligen Regierungspartei. "Es war eine Entscheidung, auf die ich im Nachhinein und mit dem Wissen, das ich heute habe, definitiv nicht stolz bin", kommentierte Pavel diese Tatsache bereits vor den Präsidentschaftswahlen vor mehr als zwei Jahren.
"Ich denke, die letzten dreißig Jahre, die ich dem Aufbau einer sichereren Tschechischen Republik gewidmet habe, sind eine symbolische Entschuldigung gegenüber der Gesellschaft", fügte er vor fünf Jahren in einem Interview mit der Zeitung Denik Blesk hinzu. Pavel war von 2012 bis 2015 Chef des Generalstabs der tschechischen Armee und ab 2015 mehr als drei Jahre lang Vorsitzender des NATO-Militärausschusses.
KSCM-Chefin Konecna erklärt außerdem, die Regierung solle sich um die Probleme der tschechischen Bürger zu kümmern, "wie beispielsweise die hohen Energiepreise oder die unerschwinglichen Wohnkosten". Stattdessen habe sie ihre Zeit damit verbracht, ein Gesetz zu verabschieden, dass Kritiker zum Schweigen bringen solle. "Wir lassen uns jedoch nicht einschüchtern, auch wenn sie uns hundertmal drohen und uns einsperren!", so Konecna kämpferisch.
Auch der Vorsitzende der Duma, des Parlaments der Russischen Föderation, sprach sich gegen das Kommunismus-Verbot in Tschechien aus: "Wenn der damalige Staat, das damalige System mit der faschistischen Ideologie und dem faschistischen Regime verglichen werden, ist ganz offensichtlich, dass dies geschieht, um unser Land in Frage zu stellen, anzuklagen und zu verurteilen," zitierte die russische staatliche Agentur TASS am 25.07.2025 den Vorsitzenden der Staatsduma in Moskau, Wjatscheslaw Wolodin.
Für den Politiker von Präsident Wladimir Putins Partei Einiges Russland ist die kommunistische Diktatur, die Tschechien von 1945 bis 1989 nur aufgrund der Unterstützung der Sowjetunion beherrschen konnte, offenbar identisch mit dem heutigen russischen Staat.