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Politik

Tschechische Pendler fordern Finanzhilfe

12. Februar 2021

Ab Sonntag gibt es zur Pandemie-Bekämpfung Kontrollen an den deutschen Grenzen zu Tschechien und Tirol. Berufspendler aus Tschechien wollen nun einen Ausgleich für Verdienstausfälle.

Coronavirus - Testpflicht an Grenze zu Tschechien
Lange Warteschlange an einer Corona-Teststation an der deutsch-tschechischen GrenzeBild: Armin Weigel/dpa/picture alliance

Vertreter tschechischer Berufspendler, die in der Bundesrepublik arbeiten, blicken mit wachsender Sorge auf die angekündigten verschärften Einreiseregeln nach Deutschland, nachdem die Bundesregierung das Nachbarland zum Virusvariantengebiet erklärt hat. Jan Triska von der tschechischen Pendlervereinigung APCR verlangt finanzielle Hilfen für diejenigen Arbeitskräfte, die nicht mehr über die Grenze nach Deutschland fahren dürfen oder von der Situation überfordert sind. Er wies darauf hin, dass die tschechischen Pendler in Deutschland Steuern und Sozialabgaben zahlen würden.

"Es darf nicht sein, dass man von einem Tag auf den anderen auf der Straße landet", sagte Triska der Deutschen Presse-Agentur. Er rechnet damit, dass nur noch medizinisches Personal und Mitarbeiter der kritischen Infrastruktur über die Grenze gelassen werden. Selbst eine tägliche Testpflicht wäre nach Einschätzung Triskas eine große zusätzliche Belastung. "Acht Stunden auf der Arbeit, jeweils eine Stunde auf der Hin- und Rückfahrt und dann noch die Wartezeit im Testzentrum", zählte er auf. Das überfordere die Kräfte der Menschen, die dann keine Zeit mehr für ihre Familien hätten. Schätzungen zufolge fahren 35.000 bis 60.000 Tschechen zur Arbeit nach Deutschland. Weil viele davon im wegen Corona geschlossenen Gastgewerbe arbeiten, könnten es aber aktuell auch deutlich weniger sein.

Autos stauen sich vor einer Corona-Teststation an der deutsch-tschechischen GrenzeBild: Armin Weigel/dpa/picture alliance

Beschränkungen nun auch für Slowakei

Am Freitag wurde bekannt, dass außer für Tschechien und das österreichische Bundesland Tirol (mit Ausnahme des Bezirks Lienz, der Gemeinde Jungholz sowie des Rißtals) wegen der Ausbreitung von Corona-Mutanten ab Sonntag auch für die Slowakei harte Beschränkungen für die Einreise nach Deutschland eingeführt werden. Die Bundesregierung stufte das EU-Land als Gebiet mit besonders gefährlichen Virusmutationen ein, wie das Robert Koch-Institut (RKI) mitteilte. Erstmals sind damit direkte Nachbarregionen von Deutschland von dieser Maßnahme betroffen. Das Beförderungsverbot gilt zunächst bis zum 17. Februar.

In der Slowakei steigen etwa seit Oktober die Infektionszahlen so dramatisch an, dass Experten vor einem drohenden Kollaps des Gesundheitssystems warnen. Eine besonders große Rolle spielt dabei die britische Variante B.1.1.7 des Coronavirus. Mehreren Untersuchungen zufolge ist der mit Abstand größte Teil der Neuinfektionen auf dieser Mutation zurückzuführen.

Für "Virusvarianten-Gebiete" gilt ein grundsätzliches Beförderungsverbot für Fluggesellschaften, Bahn-, Bus- und Schifffahrtsunternehmen. Ausgenommen sind deutsche Staatsbürger und in Deutschland lebende Ausländer. Zudem müssen Einreisewillige sich vorab auf das Coronavirus testen lassen, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ausführte. Ferner gilt eine Quarantänepflicht nach der Ankunft in Deutschland. Der Präsident des RKI, Lothar Wieler, betonte in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Spahn, dass sich die ansteckenderen Virusvarianten bereits in Deutschland ausbreiten. Es sei davon auszugehen, dass sie weiter zunehmen würden - so sei es auch in anderen Ländern gewesen.

Tirol handelt selbst

Im Kampf gegen die sich ausbreitende südafrikanische Corona-Variante hatte Tirol in der Nacht auf Donnerstag neue Ausreisebeschränkungen in Kraft gesetzt. Ein Verlassen des Bundeslands in Richtung Deutschland oder in angrenzende österreichische Bundesländer ist in den nächsten zehn Tagen nur mit einem negativen Corona-Test möglich, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. 1200 Polizisten und Soldaten soll das engmaschig kontrollieren Ein Verstoß kann bis zu 1450 Euro kosten. Ausgenommen von dieser Vorschrift sind Kinder sowie der Güterverkehr und die Durchreise ohne Zwischenstopp.

Beamte der bayerischen Grenzpolizei beobachten den Verkehr auf der Autobahn nach ÖsterreichBild: Matthias Balk/dpa/picture alliance

Bayerns Ministerpräsident Söder erläuterte in einer Regierungserklärung, die stationären Grenzkontrollen würden in der Nacht von Samstag auf Sonntag errichtet. Wer keinen negativen Test vorweisen könne, "der kann an der Grenze zurückgewiesen werden". Für grenzüberschreitende Pendler, vor allem im medizinischen Bereich und auch im Wirtschaftsbereich, würden nun "praxisnahe Lösungen" erarbeitet.

Begrenzte Ausnahmen

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte in Berlin, die Ausnahmetatbestände "werden begrenzt sein". Die Abstimmung in der Bundesregierung laufe derzeit. Er verwies auf Ausnahmen etwa für den Lieferverkehr, die bereits in der bestehenden Corona-Verordnung zum Schutz vor Virus-Mutationen geregelt seien. Diese Schutzverordnung solle als Orientierung dienen.

Beim ersten Lockdown im Frühjahr waren für drei Monate nationale Grenzkontrollen eingeführt worden, um das Einschleppen des Virus aus dem Ausland so weit wie möglich zu verhindern. Damals hatte es in einigen Bundesländern Kritik an dieser Maßnahme gegeben, weil Pendler, Familien und Unternehmen darunter litten.

Bald Frankreich und Luxemburg betroffen?

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans schloss derweil Grenzschließungen auch zu Frankreich oder Luxemburg nicht aus. Mit Blick auf die Virusmutanten sagte er im Fernsehen: "Wenn es krasse Unterschiede gibt zwischen den Inzidenzen, dann wird uns nichts anderes übrigbleiben."

Die Bundesregierung hatte die Einreise nach Deutschland in den letzten Wochen und Monaten Schritt für Schritt erschwert. Rund 160 der knapp 200 Länder weltweit sind inzwischen in eine von drei Corona-Risikokategorien eingestuft. Für die niedrigste gilt eine Testpflicht spätestens 48 Stunden nach Einreise und eine zehntägige Quarantänepflicht, von der man sich nach fünf Tagen durch einen zweiten negativen Test befreien kann.

Mehr als 40 Länder sind als Virusvarianten- oder Hochrisikogebiete mit besonders hohen Infektionszahlen eingestuft. In letztere Kategorie wurden am Freitag das arabische Bahrain, die Seychellen im Indischen Ozean sowie St. Lucia und St. Vincent und die Grenadinen in der Karibik neu eingeordnet. Für das afrikanische Namibia wurde der Status als sogenanntes Hochinzidenzgebiet dagegen wieder aufgehoben.

kle/pg (dpa, afp, rtr)   

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