Schlichtungsangebot im TTIP-Streit
16. September 2015Zur Beilegung des Streits über das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) schlägt die EU-Kommission eine umfangreiche Reform des Schiedsgerichtssystems vor. Die vor allem von Großkonzernen verlangten Investor-Staats-Schiedsverfahren (ISDS) gelten als einer der Hauptgründe für den großen Widerstand in Europa gegen TTIP. Die Schiedsgerichte werden von Gegnern als eine Art Paralleljustiz kritisiert, über die Unternehmen Schadenersatz zulasten der Steuerzahler erstreiten, nationale Gesetze aushebeln oder eine Senkung von Verbraucher- und Umweltstandards durchsetzen können.
Die Möglichkeiten für Investoren, die vor die Gerichte ziehen, sollen genau definiert werden. Die Streitfälle sollen demnach künftig in öffentlichen Anhörungen vor einem neuen Handelsgerichtshof verhandelt werden, nach dem Vorbild entsprechender Instanzen bei der Welthandelsorganisation (WHO), sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström in Brüssel. Mit dem neuen "Investitionsgerichtshof" solle es eine zweite Instanz geben., die es Parteien erlauben würde, gegen Urteile Einspruch zu erheben. "Wir wollen ein System einrichten (...), dem die Bürger trauen", kommentierte Malmström.
Künftige Urteile durch transatlantischen Gerichtshof
Sobald der Vorschlag der EU-Kommission mit den EU-Staaten und dem EU-Parlament abgestimmt ist, sollen die Pläne laut Malmström mit den USA verhandelt werden. Als erster Schritt soll demnach ein bilateraler Gerichtshof zwischen den USA und der EU eingerichtet werden. In einem zweiten Schritt soll dann der Aufbau von Handelsgerichten für Investoren folgen. Dies brauche aber Zeit, sagte Malmström. Die Urteile würden öffentlich berufene und durch unabhängige Verfahren ausgewähle Richter fällen. "Niemand kann sagen, dass das eine Privatjustiz ist", betonte Malmström.
Mit dem geplanten Freihandelsabkommen TTIP wollen die EU und die USA der größte Wirtschaftsraum der Welt mit 800 Millionen Menschen schaffen. Durch den Wegfall von Zöllen und anderen Handelshemmnissen soll es auf beiden Seiten des Atlantiks mehr Wachstum geben. Deutschland profitiert als größte Exportnation Europas vom Freihandel. In Deutschland hängt jeder vierte Arbeitsplatz in der Industrie direkt oder indirekt vom Export ab. Gemeinsame Standards, beispielsweise für die Produktion von Autos, ermöglichen Kosteneinsparungen bei der Herstellung. Das könnte zu sinkenden Preisen für die Verbraucher führen.
Die Gespräche über TTIP laufen seit Mitte 2013. Wann sie abgeschlossen werden können, ist unklar. Ursprünglich sollte ein Rahmen für das Abkommen bereits Ende dieses Jahres stehen. Dieser Termin gilt als nicht mehr haltbar.
pab/wl (dpa, rtr)