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Politik

Tunesien nimmt UN-Diplomaten fest

29. März 2019

Diplomaten darf man weder durchsuchen noch festnehmen, sie genießen Immunität - diese Regel gilt international. Tunesien hält sich aber gerade nicht daran: Dort ist ein deutsch-tunesischer UN-Diplomat seit Tagen in Haft.

Tunesien, Tunis: Deutsche Botschaft
Die Deutsche Botschaft in Tunesiens Hauptstadt TunisBild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

Eigentlich sollte er am heutigen Samstag an einem Vorbereitungstreffen für den Gipfel der Arabischen Liga zu Libyen teilnehmen - doch bereits am Dienstag ist Moncef Kartas bei der Einreise am Flughafen von Tunis festgenommen worden. Kartas ist Deutsch-Tunesier und Mitglied des Expertenteams der UN, das das Waffenembargo gegen Libyen untersucht. 

Die deutsche Botschaft in Tunis (Artikelbild) bemüht sich derzeit um konsularischen Zugang zu dem UN-Diplomaten und Aufklärung, wie es aus dem Auswärtigen Amt heißt. Die Botschaft stehe in der Angelegenheit mit den Vereinten Nationen und den tunesischen Behörden in Kontakt. Die UN hatten zuvor den Diplomatenstatus von Kartas bestätigt, wonach er im Rahmen seiner Mission diplomatische Immunität genieße und nicht festgenommen werden könne.

2017 nahm Kartas (ganz rechts) an einer Diskussion des "Bonn International Center for Conversion" teil (Archivbild)Bild: DW/S.Oneko

Vorwurf lautet offenbar auf Spionage

Die tunesische Justiz bestätigte gegenüber dem "Evangelischen Pressedienst", dass die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Kartas eingeleitet hat, wollte den Vorgang aber nicht kommentieren. Mehr Informationen gab es dagegen vom tunesischen Innenministerium. Dort bestätigte man die Festnahme zweier Personen wegen Spionagevorwürfen. Dem seien Ermittlungen seit 2018 vorausgegangen. Einer der beiden Festgenommenen sei Kartas, so ein Sprecher des Innenministeriums.

Bei einer Durchsuchung seien geheime Dokumente mit sicherheitsrelevanten Informationen sowie technische Ausstattung, die zur Störung und Abhörung von Radiosignalen genutzt werden könne, gefunden worden. Laut einer tunesischen Internetseite wurde Kartas am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt. Dieser entschied, ihn angesichts des in Tunesien geltenden Ausnahmezustands und trotz seines Diplomatenstatus wegen eines Anfangsverdachts der Spionage in Untersuchungshaft zu behalten.

"Human Rights Watch" fordert Freilassung

Die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" äußerte sich schockiert. "Tunesien ist verpflichtet, bei Untersuchungen der Expertengruppe zu kooperieren. Solange ihnen keine Beweise für eine tatsächliche Straftat vorliegen, sollten die tunesischen Behörden Kartas unverzüglich freilassen oder ihm zumindest den unverzüglichen Kontakt zu einem Anwalt garantieren", sagte die zuständige Regionaldirektorin der Organisation, Sarah Leah Whitson.

Die Bundesregierung bemüht sich seit mehreren Jahren, Tunesien als so genannte "sicheres Herkunftsland" einzustufen. Menschen aus solchen Ländern werden in der Regel in Deutschland nicht als Flüchtlinge anerkannt, sondern häufig innerhalb kurzer Zeit in ihre Heimatländer zurückgeschickt. Als sichere Herkunftsländer gelten Länder, bei denen der Gesetzgeber davon ausgeht, dass dort keine politische Verfolgung stattfindet. Bisher wurde Tunesien nicht als ein solches Land eingestuft, da die Länderkammer, der Bundesrat, einer solchen Entscheidung nicht zugestimmt hat.

bru/rb (epd,dpa)

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