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Experten-Regierung für Tunesien

7. Februar 2013

Nach der Ermordung eines Oppositionspolitikers in Tunesien sind Tausende aufgebrachte Menschen auf die Straße gegangen. Der Ministerpräsident kündigte die Auflösung der Regierung an. Technokraten sollen das Land führen.

Tunesiens Ministerpräsident Hamadi Jebali während einer Pressekonferenz im Januar 2013. (Foto: AFP)
Bild: AFP/Getty Images

Nach heftigen Protesten wegen der Ermordung des Oppositionspolitikers Chokri Belaid hat der tunesische Ministerpräsident Hamadi Jebali (Artikelbild) die Bildung einer Regierung aus unabhängigen Technokraten angekündigt. "Ich habe beschlossen, eine Regierung der nationalen Kompetenz ohne politische Zugehörigkeit zu bilden", sagte Jebali in einer Fernsehansprache.

Priorität dieser Regierung werde es sein, eine Verfassung auf die Beine zu stellen, für die Sicherheit des Landes zu sorgen und gegen die hohen Lebenshaltungskosten vorzugehen, fügte der Regierungschef hinzu. Wann genau die alte Regierung aufgelöst und eine neue eingesetzt werden soll, sagte er nicht. Mehrere tunesische Oppositionsgruppen hatten zuvor zu einem Generalstreik aufgerufen. Sie kündigten an, vorerst nicht mehr in der verfassungsgebenden Versammlung mitarbeiten zu wollen.

Massenproteste gegen Regierungspartei

Mit dem Schritt will Jebali die schwersten Proteste gegen die von Islamisten geführte Regierung in den Griff bekommen. Tausende aufgebrachte Menschen waren in mehreren Städten des Landes auf die Straße gegangen. Einige Demonstranten setzten die Zentrale der regierenden islamistischen Ennahda-Partei in Brand. Ein Polizist kam bei gewaltsamen Zusammenstößen ums Leben, wie die französische Zeitung "Le Figaro" berichtete.

Aufgeheizte Lage in Tunesien

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Die Frau des am frühen Vormittag erschossenen Belaïd hatte der Ennahda-Partei in mehreren Interviews vorgeworfen, sie sei für den Tod ihres Mannes verantwortlich. Auch Demonstranten machten Anhänger der Islamisten für die Bluttat verantwortlich. Der Jurist Belaïd trat für die Trennung von Staat und Religion ein und galt in Tunesien als einer der schärfsten Gegner der Regierung. Der 48-Jährige führte die kurz nach der Revolution gegründete Oppositionspartei "Bewegung der demokratischen Patrioten" an.

Ministerpräsident Jebali, der bislang in einer turbulenten Koalition mit weltlichen Parteien regierte, verurteilte die Tat als politischen Mord und Rückschlag für den Arabischen Frühling. Die Mörder wollten Belaid zum Schweigen bringen, erklärte er. Seine Partei wies jegliche Verantwortung für die Tat  zurück.

Tausende aufgebrachte Menschen waren in mehreren Städten auf die Straße gegangen.Bild: Reuters

Warnungen von einem Bürgerkrieg

Tunesiens Präsident Marzouki bezeichnete die Tat in einer Rede vor dem Europaparlament in Straßburg als Versuch, einen Keil zwischen das säkuläre und das islamistische Lager zu treiben und rief die Bürger zur Besonnenheit auf. Im vergangenen Monat hatte er noch davor gewarnt, dass die jüngsten Spannungen in Tunesien in einen Bürgerkrieg münden könnten.

Führende EU-Politiker zeigten sich besorgt: "Die wachsende Zahl an politischen Gewalttaten durch extremistische Gruppen ist eine Gefahr für den politischen Wandel", sagten die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle. Frankreichs Präsident François Hollande betonte, der Mord habe Tunesien eine seiner mutigsten und unabhängigsten Stimmen genommen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle rief alle politisch Verantwortlichen auf, das Erbe der friedlichen Revolution zu bewahren.

Nach der Wahl der von Islamisten dominierten Regierung im Oktober 2011 war in Tunesien ein erbitterter Streit mit weltlichen Kräften über die weitere Ausrichtung der Politik entbrannt. Viele fürchten nun den wachsenden Einfluss extremistischer Kräfte.

Belaïd ist bereits der zweite Oppositionspolitiker, der seit dem Sturz von Langzeitpräsident Zine el Abidine Ben Ali Anfang 2011 gewaltsam ums Leben kam. Im vergangenen Oktober starb bereits Lotfi Naguedh nach einem Angriff von Regierungsanhängern. Er soll nach einer Prügelattacke einen Herzinfarkt erlitten haben.

GD/re (rtr, dpa, apd, afp)

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