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Turbine Potsdam wird 50

2. März 2021

1971 als Frauenfußball-Betriebssportgruppe gegründet, ist der 1. FFC Turbine Potsdam zwischenzeitlich zu einem der besten Teams Europas aufgestiegen und hat viele Erfolge gefeiert. Ein Stück deutscher Sportgeschichte.

Deutschland | Fußball | Turbine Potsdam | Mannschaftsbus
Bild: Martin Hoffmann/imago images

Anja Mittag, Svenja Huth, Ariane Hingst und Nadine Angerer - viele großartige und herausragende Fußballspielerinnen haben das blau-weiße Trikot des 1. FFC Turbine Potsdam schon getragen. Es gab Phasen, da waren die Potsdamerinnen das Beste, was der Frauenfußball in Deutschland und Europa zu bieten hatte: Zwischen 2004 und 2012 gewann Turbine sechsmal die deutsche Meisterschaft, wurde ab 2004 dreimal in Folge DFB-Pokalsieger und gewann 2005 und 2010 sogar die Champions League.

"Ich will die Zeit nicht missen, sie hat mich zu der Spielerin gemacht, die ich später wurde", sagt Anja Mittag gegenüber dem "Kicker". Die spätere Weltmeisterin und Olympiasiegerin kam 2002 als 17-Jährige nach Potsdam und spielte mit einer kurzen Unterbrechung bis 2011 für den Klub. "Natürlich bleiben die Erfolge für immer ein großer Teil von mir, und ich erinnere mich gerne daran zurück", sagte die 35-Jährige, die 2020 ihre Spielerinnen-Karriere beendete.

"Das waren großartige Zeiten. Damals hatten wir herausragende Spielerinnen in unseren Reihen", erinnert sich auch Bernd Schröder bei fussball.de. "Wir haben hart gearbeitet. Aber als Lohn haben wir tolle Erfolge gefeiert."

Erster Trainer und "Vater des Erfolgs" bei Turbine Potsdam: Bernd SchröderBild: Camera 4/imago images

45 Jahre lang - 40 als Trainer, fünf als Manager - war Schröder für die sportlichen Geschicke des Teams verantwortlich und saß bei allen großen Titelgewinnen auf der Potsdamer Bank. Er war 1971 auch der erste Übungsleiter der Potsdamer Frauenmannschaft.

"Gründen Frauen Fußball Mannschaft"

Entstanden war die Mannschaft, aus der 1999 der eigenständige 1. FFC Turbine Potsdam wurde, durch einen Aufruf per Aushang am schwarzen Brett der Betriebssportgruppe des örtlichen Energieversorgers: "Gründen Frauen Fußball Mannschaft. Bitte melden. 3. März 1971. 18 Uhr im Klubhaus", stand dort stakkatohaft geschrieben. Schröder war an besagtem Abend vor 50 Jahren zufällig auch im Klubhaus, allerdings nicht wegen des Frauenfußballs, sondern lediglich, um dort zu Abend zu essen.

Doch als er gefragt wurde, ob er sich vorstellen könnte, die Frauenmannschaft zu trainieren, sagte er spontan zu. Erfahrung als Trainer hatte er keine - dennoch begann eine fast beispiellose Erfolgsgeschichte. Schon zu DDR-Zeiten gewann Turbine Potsdam in den 80er Jahren sechsmal die Meisterschaft.

Gegen alle Widerstände

Seit 2015 ist Schröder im Ruhestand. Sein Verein ist zwar immer noch ein guter Bundesligaklub, zur absoluten Spitze Deutschlands und Europas gehören die Potsdamerinnen seit einigen Jahren aber nicht mehr. Der FC Bayern München und der VfL Wolfsburg haben ihnen den Rang abgelaufen.

Letzter großer internationaler Erfolg: Der 1. FFC Turbine Potsdam gewinnt 2010 die Champions LeagueBild: Oliver Schneider/imago images

Doch auch wenn die großen Namen im aktuellen Turbine-Team fehlen und Rang vier in der Bundesliga derzeit das maximal Erreichbare darstellt, so sind die 50 Jahre Frauenfußball in Potsdam doch bemerkenswert. Trotz aller Widerstände und Bedenken, die es auch in der DDR gegenüber dem Frauenfußball lange gab, hat sich Turbine Potsdam durchgesetzt. Trotz der schweren Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung, als der Spielbetrieb wegen finanzieller Engpässe nur mit Mühe aufrechterhalten werden konnte. Und auch obwohl man - im Vergleich zu anderen großen Frauenfußball-Teams - nicht die starken Strukturen eines Bundesligisten bei den Männern an seiner Seite hat.

Kleiner Fisch im Teich der Großen

Bei den Branchenführern FC Bayern und VfL Wolfsburg ist das der Fall. Der 1. FFC Frankfurt, lange Zeit das Nonplusultra im deutschen Frauenfußball, ist auch nicht mehr eigenständig, sondern bildet seit vergangenem Sommer die Frauenabteilung von Eintracht Frankfurt. Mit der TSG Hoffenheim, dem SC Freiburg, Werder Bremen und Bayer Leverkusen bilden weitere Frauenmannschaften von Männer-Bundesligisten Potsdams Konkurrenz in der Frauen-Bundesliga. Über kurz oder lang wird wohl auch RB Leipzig - wo Ex-Turbine-Torjägerin Anja Mittag derzeit Co-Trainerin ist - aus der 2. Liga aufsteigen.

Um sich der größer werdenden Konkurrenz zu erwehren, hat Turbine Potsdam für die kommenden drei Jahre eine Kooperation mit Hertha BSC vereinbart. Die Berliner werden die Nachbarinnen aus Potsdam "während dieser Zeit finanziell unterstützen und auf sportlicher und inhaltlicher Ebene mit Turbine kooperieren", wie der Männer-Bundesligist wissen ließ.

Unabhängig davon aber bleibt der 1. FFC Turbine Potsdam ein reiner Frauenfußball-Verein mit ein paar hundert Mitgliedern. Im Grunde ein kleiner Fisch im Konzert der Großen. Allerdings ein Fisch mit 50-jähriger Geschichte: Frauenfußball-Geschichte, deutscher Sportgeschichte. Kurz: einer Erfolgsgeschichte.

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