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Politik

Turteltaube ist "Vogel des Jahres"

11. Oktober 2019

Sie ist ein Symbol der Liebe - und stark gefährdet: Die Turteltaube verliert durch die Landwirtschaft immer mehr Lebensräume. In einigen Ländern gilt die Jagd auf die gefährdete Art als Sport.

Bild: picture-lliance/blickwinkel/AGAMI/T. Muukkonen

Die Turteltaube ist der "Vogel des Jahres 2020". Das gaben der bayerische Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Naturschutzbund (NABU) bekannt. Zum ersten Mal sei ein Vogel gekürt worden, der als global gefährdete Art auf der weltweiten Roten Liste stehe, hieß es.

NABU-Präsidiumsmitglied Heinz Kowalski erklärte mit Blick auf Deutschland: "Seit 1980 haben wir fast 90 Prozent dieser Art verloren, ganze Landstriche sind turteltaubenfrei." Heute brüteten hierzulande nur noch 12.500 bis 22.000 Paare. Die meisten der etwa 5,9 Millionen Paare Europas lebten den Angaben zufolge in Spanien, Frankreich, Italien und Rumänien.

"Kaum geeignete Lebensräume"

Als Grund für den Rückgang machen die Naturschützer die Landwirtschaft verantwortlich. Durch die Ausweitung von Anbauflächen verschwinden Nistplätze sowie Nahrungs- und Trinkstellen. Ackerwildkräuter, von denen sich die Turteltaube hauptsächlich ernährt, würden mit Herbiziden beseitigt. An chemisch behandeltem Saatgut würden sich die Samenfresser vergiften.  "Unsere kleinste Taube findet kaum noch geeignete Lebensräume," so Kowalski.

Bild: picture-alliance/blickwinkel/McPhoto/D. Vorbusch

"Durch die verschwundenen Kräuter erreichen immer weniger junge Turteltauben das Erwachsenenalter", erklärte NABU-Vogelschutzexperte Eric Neuling. Eine zusätzliche Bedrohung für die Bestände in Deutschland stelle die Vogeljagd im Mittelmeerraum dar. Auf ihrem Zug in die Sahelzone südlich der Sahara fliegen die Tiere unter anderem auch über Frankreich, Spanien und Malta, in denen Turteltauben legal geschossen werden dürfen. "In manchen Ländern gilt das Schießen der stark gefährdeten Turteltauben als 'Sport' zum eigenen Vergnügen", berichtete Neuling.

Die LBV-Artenschutzreferentin Christiane Geidel bezeichnete das Schießen von Turteltauben als skandalös. Der legalen Praxis fielen in der EU jährlich mehr als 1,4 Millionen Exemplare zum Opfer. Der Bestand verkrafte das nachweislich nicht mehr. Im Mai 2018 hätten alle Mitgliedsstaaten der EU einen Aktionsplan zum Schutz der Europäischen Turteltaube verabschiedet. Wegen ihres schlechten Erhaltungszustands habe die EU-Kommission dennoch gegen Spanien und Frankreich im Juli Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Gegen vier weitere Mitgliedsländer lägen offizielle Beschwerden vor.

Petition gegen den Abschuss

Um die Tauben zu schützen, hat der NABU eine Petition gestartet, mit der Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) dazu bewegt werden soll, sich für das dauerhafte Aussetzen der Abschussgenehmigungen in den EU-Mitgliedsstaaten einzusetzen.

Die 25 bis 28 Zentimeter großen Vögel sind bunt gefiedert und ernähren sich bevorzugt von Wildkräuter- und Baumsamen. Als einzige Taubenart zählen sie zu den Langstreckenziehern. Sie verlassen zwischen Ende Juli und Anfang Oktober Europa, um südlich der Sahara zu überwintern. Die Turteltaube hat ihren Namen von ihren charakteristischen Gurr-Lauten. Traditionell gilt sie schon seit biblischen Zeiten als Symbol des Verliebtseins und der Fruchtbarkeit.

stu/se (dpa, afp)