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Quadrell: TV-Debatte mit Scholz, Merz, Habeck und Weidel

17. Februar 2025

Die vier Kanzlerkandidaten von SPD, Union, Grünen und AfD trafen sieben Tage vor der Bundestagswahl im TV aufeinander - ein zweistündiger, heftiger Schlagabtausch.

TV-Diskussion zur Bundestagswahl mit Scholz, Habeck, Merz und Weidel
Zum ersten Mal traten im deutschen Fernsehen gleich vier Kandidaten gegeneinander anBild: Kay Nietfeld/dpa-Pool/picture alliance

Wenn zwei Politiker im Fernsehen streiten, ist es im besten Fall eine Diskussion. Bei vier Politikern, noch dazu bei vier Kanzlerkandidaten, wird es ziemlich oft ein Hin und Her. Bei einer zweistündigen Debatte beim deutschen Fernsehsender RTL haben die vier Spitzenkandidaten - Amtsinhaber Olaf Scholz (66) von der SPD, sein Herausforderer Friedrich Merz (69) von der Union und die Kanzlerkandidaten der Grünen und der AfD, Robert Habeck (55) und Alice Weidel (46) - diskutiert und häufig miteinander gestritten. Immer wieder positionierten sich die drei Männer gegen die Kandidatin der in Teilen gesichert rechtsextremen Alternative für Deutschland.

Nach den jüngsten tödlichen Anschlägen in Magdeburg, Aschaffenburg und München ging es zunächst um die Themen Migration und Asyl. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, er wolle "alles dafür tun, die irreguläre Migration nach Deutschland zu begrenzen". Die Zahl irregulärer Migranten sei im vorigen Jahr bereits um 100.000 Menschen reduziert worden.

Alice Weidel hielt dem entgegen, es sei nicht "irreguläre", sondern "illegale" Migration. Es gebe, so die Politikerin der Rechtsaußen-Partei AfD, einen "Kontrollverlust" in Deutschland, die AfD wolle die "Wiederherstellung von Recht und Gesetz in unserem Land". Friedrich Merz von der CDU warf Scholz vor, viel zu wenig Menschen abzuschieben, die Deutschland verlassen müssten. Er plädierte auch für Abschiebeflüge nach Afghanistan. Dort, warnte Robert Habeck von den Grünen jedoch, herrsche "ein Terrorregime". 

Wirtschaft, Wohnungsmarkt, Ukraine

Während der zwei Stunden wurden neben dem Thema Migration insbesondere über öffentliche Finanzen, Haushalt und Wirtschaft im politischen Schlagabtausch kontrovers diskutiert. Auch die Rente und die schwierige Lage auf dem Wohnungsmarkt standen auf der Agenda. 

Nicht selten wirkte es wie ein Hin und Her. Denn dem Moderatoren-Duo gelang es selten, ein Thema bei allen Gästen in gleicher Form zu vertiefen. Und wenn Scholz und Merz sich um die Frage von Steuersenkungen stritten und gleichzeitig gegeneinander redeten, stand Weidel grinsend daneben. 

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich MerzBild: Kay Nietfeld/dpa-Pool/picture alliance

Und doch hatte die Sendung nach gut einer Stunde ihre eigene Zeitenwende. Da wurde es beim weiteren Umgang mit der Ukraine ernst. AfD-Kandidatin Weidel trat dafür ein, Deutschland würde es "sehr viel besser zu Gesicht stehen, ein neutraler Vermittler bei internationalen Konflikten zu sein".

Die bittere Lage der Ukraine, die Verantwortung Russlands für den seit drei Jahren andauernden Krieg mit Hunderttausenden Toten thematisierte sie nicht. Daran erinnerte zunächst Habeck und sprach vom "Frontalangriff auf die Wertegemeinschaft des Westens, auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie".

Grünen-Kanzlerkandidat Robert HabeckBild: Kay Nietfeld/dpa-Pool/picture alliance

Ähnlich Unions-Kanzlerkandidat Merz: "Wir sind nicht neutral. Wir sind auf der Seite der Ukraine, wir verteidigen die politische Ordnung, die wir haben." Russland führe einen "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg" und strebe nach einem "Großrussland" früherer Zeiten. Von Weidel kam keine Distanzierung zu Russland. So wie kurz danach auch jeder kritische Blick auf die neue US-Administration um Präsident Donald Trump fehlte.

Zusammenarbeit mit der AfD wird ausgeschlossen

Der krasseste Gegensatz zwischen den etablierten demokratischen Parteien und der AfD brach jedoch bei rechtsradikalen oder rechtsextremen Bezügen der Weidel-Partei auf. Kanzler Scholz kritisierte zunächst die Äußerungen des US-Vizepräsidenten JD Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz, der die Parteien im Bundestag zur Zusammenarbeit mit der AfD aufgefordert hatte.

Deutschland, so Scholz, habe aus der Erfahrung des Nationalsozialismus die Lehre gezogen, dass es keine Zusammenarbeit mit den extrem Rechten gebe. Merz betonte mehrfach in der Sendung, für die Union komme eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht infrage.

Er wolle nicht mit dem rechtsextremen Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke im gleichen Raum sitzen, Weidel wolle diesen dagegen zum Minister machen. Weidel wies den Bezug ihrer Partei zum Nationalsozialismus mit Empörung zurück, ließ aber keinerlei Distanz zu Höcke erkennen.

AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel Bild: Kay Nietfeld/dpa-Pool/picture alliance

Kanzler Scholz erinnerte auch an Aussagen des AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland, der 2018 gesagt hatte, Hitler und die Nazis seien "nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte". Weidel ging darauf inhaltlich nicht ein. Hier würden, meinte sie, "Millionen von Wählern" beleidigt.

Bei mehreren Fragen, so beim künftigen Umgang mit der Schuldenbremse oder der weiteren finanziellen Ausstattung der Bundeswehr, war die eine oder andere Äußerung von Merz und Scholz vielleicht nicht mehr so klar, klang ein "Nein" nicht mehr so strikt und entschieden wie vor vier oder sechs Wochen. Je länger die Debatte lief, desto deutlicher wurde auf den Wahltag und den Tag danach verwiesen.

Meinungsforscher sehen zuletzt keine großen Veränderungen

Wird die hitzige Debatte noch Auswirkungen auf das Wahlverhalten am 23. Februar haben? Beim letzten DeutschlandTrend der ARD vor der Wahl befragten die Meinungsforscher Ende der Woche 1579 wahlberechtigte Deutsche repräsentativ. CDU/CSU, die zusammen als Union antreten, kommen demnach auf 32 Prozent. Die AfD liegt stabil bei 21 Prozent. Bei der Noch-Kanzler-Partei SPD reicht es – das wäre ein einmalig schlechtes Ergebnis - noch für 14 Prozent, ebenso wie für die Grünen. Seit vielen Wochen sehen die Meinungsforscher keine großen Veränderungen.

Drei kleinere Parteien - Die Linke, die FDP und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) - mühen sich, die Fünf-Prozent-Hürde zu erreichen und damit den Einzug in den Bundestag zu schaffen. Allein die Linke, vor einem halben Jahr noch totgesagt, ist nun bei den meisten Meinungsforschern wieder im Parlament. Umso mehr schauen alle auf eine andere Zahl: Beinahe jeder dritte Wähler hat sich laut Umfragen noch nicht auf seine Stimme festgelegt.

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