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Twitter übertrumpft Facebook bei #Ferguson

Chiponda Chimbelu / jf21. August 2014

Einige Facebook-Nutzer beklagen, dass die Ereignisse in Ferguson nicht in ihren Newsfeeds aufgetaucht sind. Sie vermuten, dass Facebook die Nachrichten manipuliert. Ist das so? Oder sind die Nutzer selbst schuld?

Proteste in Ferguson nach den tödlichen Schüssen eines Polizisten auf einen 18-jährigen Afroamerikaner(Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Tatsächlich gibt es einige Unterschiede zwischen dem, was Twitter-Nutzer über die Ereignisse in der US-Stadt Ferguson erfahren haben und dem, was bei Facebook, dem größten sozialen Netzwerk, zu lesen ist.

Für einige Nutzer ist das ein Beweis für die wachsende Kontrolle sozialer Netzwerke über den Nachrichtenfluss. Darauf, welche Nachrichten wir sehen und somit auch darauf, wie wir die Welt sehen. Tatsächlich liegt die Ursache für diesen Unterschied jedoch in der Natur der beiden sozialen Netzwerke und ihrer Funktionsweise.

Dass die Twitter-Nutzer #Ferguson früher bemerkt haben, liege am Trend-Algorithmus von Twitter, sagt der Mitbegründer des Twitter-Analysetools Tame, Torsten Müller. Der Algorithmus erstellt eine Rangfolge der sogenannten Trending Topics. Dabei, so vermutet Müller, bezieht er sowohl die Anzahl der Menschen, die über ein Thema sprechen, als auch die Geschwindigkeit, mit der das passiert, mit ein. Wenn also ein Hashtag neu auftaucht und ihn innerhalb kurzer Zeit viele Menschen benutzen, wird er wahrscheinlich zum Trend.

Ist diese Steigerung mit ausschlaggebend, erklärt sich auch, warum Justin-Bieber-Tweets nicht immer zum Trend werden: Die Zahl der Tweets mit seinem Namen ist zwar hoch, aber eben konstant hoch. "Es gibt einige Hashtags, die über einen längeren Zeitraum häufig verwendet werden. Sie werden nicht notwendigerweise Trending Topics - einfach weil die Dynamik fehlt", sagt Müller.

Facebook vs. Twitter

Wenn die Nutzer einen Trend erst einmal bemerkt haben, twittern sie ihn womöglich weiter - was wiederum dazu führt, dass noch mehr Menschen ihn bei Twitter mitbekommen. Twitter ist eine Plattform, bei der jeder jedem folgen kann. Bei Facebook ist das anders: Neue Posts beziehungsweise Status-Updates eines Facebook-Nutzers bekommen nur dessen "Freunde" mit - und selbst die nicht unbedingt. Denn es gibt die Möglichkeit zu bestimmen, wer welche Posts sehen soll.

Twitter zeigt seinen Nutzern alle Tweets und Retweets derer, denen sie folgen, in Echtzeit. Facebook sammelt für seinen Newsfeed-Algorithmus die Posts seiner Nutzer. Sein Algorithmus bezieht zahlreiche Faktoren mit ein, zum Beispiel die bisherigen Aktivitäten bei Facebook. Da der Facebook-Algorithmus einen Schwerpunkt auf die soziale Interaktion legt, kann es passieren, dass Nutzer Themen verpassen, weil Facebook für sie ausgerechnet hat, dass sie sich wahrscheinlich nicht dafür interessieren. "Wer bei Facebook keinen Newsseiten folgt oder keine Beiträge von ihnen 'liked', zu dem wird ein Ereignis wie das in Ferguson nicht unbedingt durchdringen", sagt Müller.

Lediglich rund ein Drittel derjenigen US-Facebook-Nutzer, die bei dem sozialen Netzwerk Nachrichten lesen, "liked" ein Medium oder einen speziellen Journalisten, wie eine Studie des Pew Research Center ergab. Das "lässt vermuten, dass die Nachrichten, die sie dort sehen, von Freunden kommen - von denselben Freunden, die ihnen Posts über alles Mögliche schicken."

Über den Filterrand schauen

Die Nutzer sozialer Netzwerke - gleich ob von Facebook, Twitter oder Google Plus - haben einen sehr starken Bezug zu den Personen und Gruppen, denen sie folgen. Wenn das Sprichwort "Gleich und Gleich gesellt sich gern" stimmt, bewegen sich wohl viele Nutzer sozialer Netzwerke in einer Art Blase. Twitter, sagt Torsten Müller, biete Nutzern jedoch mehr Möglichkeiten, sich aus dieser Blase auch mal heraus zu begeben - und zwar wegen des, im Gegensatz zu Facebook, asynchronen Ansatzes. "Wer sein Netzwerk gut verwaltet, kann sichergehen, dass ein Vorfall wie der in Ferguson […] zu ihm durchdringt und in seiner Timeline auftaucht."

Auch wenn Facebook die Möglichkeit bietet, öffentlichen Status-Updates von nicht-befreundeten Personen zu folgen, kursieren Informationen größtenteils innerhalb von Freundeskreisen oder Gruppen. Zudem kommentieren, "liken" oder teilen Facebook-Nutzer wenig Artikel oder Kommentare zu kontroversen Themen, weil sie fürchten, damit ihre Freunde zu verärgern. Wenn Facebook feststellt, dass es zu einem bestimmten Thema oder zu Nachrichten allgemein wenig Interaktion gibt, führt sein Algorithmus das auf mangelndes Interesse zurück und zeigt seinen Nutzern weniger davon.

Wir sind für unsere Nachrichten verantwortlich

Die Kritik am Facebook-Algorithmus anlässlich der Newsflaute in dem Ferguson-Fall entlässt den Nutzer nach Meinung von Torsten Müller nicht aus der Verantwortung: Letztlich ist er für seinen Nachrichtenkonsum zuständig. "Facebook hat wirtschaftliche Interessen und wenn diese Wirtschaftsinteressen sich auf die Art der Nutzung konzentrieren, die im Moment bevorzugt wird - und das ist nicht so sehr die Nutzung von Facebook als Newsplattform -, dann ist das eben so", erklärt er.

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