"Der verlorene Sohn kehrt zurück", nuschelte Udo Lindenberg ins Mikrofon. Der Musiker ist nun Ehrenbürger seiner Heimatstadt Gronau, die ihm viel zu verdanken hat - und die längst ein lebendiges Lindenberg-Museum ist.
Anzeige
Udo Lindenberg wird 70
Jahrzehntelang hat der Rockstar Erfolge gefeiert. Aber auch eine lange Talfahrt brachte er hinter sich. An seinem 70. Geburtstag und mit fast 50 Jahren Bühnenerfahrung ist er für viele längst eine lebende Ikone.
Bild: Tine Acke
Denkmal für eine lebende Legende
Wer kann schon von sich sagen, er habe eine eigene Statue? Die meisten, denen ein Denkmal gesetzt wird, sind in der Regel bereits von uns gegangen. Udo aber nicht. Er möchte noch lange nicht abtreten, sagt er - am liebsten irgendwann mal auf der Bühne tot umfallen. Davon ist jetzt nicht die Rede. Denn zum 70. Geburtstag gab es nicht nur ein Nummer eins-Album, sondern auch eine fette Stadion-Tour.
Bild: picture-alliance/dpa/Kaiser
Mit dem Schlagzeug in die Freiheit
Udo liebte das Schlagzeugspielen schon als Kind. Als er mit 15 sein Elternhaus verließ, verschlug es ihn nach Düsseldorf, wo er kellnerte und Schlagzeug spielend durch die Kneipen tingelte. Später ging er ins Ausland, schließlich landete er in Hamburg und trommelte bei den City Preachers. Er lernte den Bandleader Peter Herbolzheimer kennen und wurde ein immer öfter gefragter Studiomusiker.
Bild: picture-alliance/dpa/H.Schiffler
Jazzrock mit Doldinger
1970 lernte Udo den damals schon renommierten Jazzer Klaus Doldinger kennen. Doldinger hörte ihn in einer Bar Schlagzeug spielen und engagierte ihn für seine neue Band "Passport". Drei Jahre trommelte Udo für Doldinger. "Das war schon eine geile Musik", sagt Udo auch heute noch. Und die Freundschaft mit Doldinger hält immer noch.
Bild: picture-alliance/dpa/O. Stratmann
Keine Panik auf der Titanic
1973 gründete Udo seine erste eigene Rockband: das Panikorchester. Rockmusik mit deutschen Texten, das hatte vor ihm noch keiner gewagt. Kleine Geschichten aus dem Leben, Texte über Sehnsüchte, kleine und große Menschen, auch übers Saufen und Feiern. 1978 waren Udo und sein Panikorchester schon große Stars in Deutschland. Hier feiert Udo mit Regisseur Peter Zadek das fünfjährige Bandjubiläum.
Bild: picture-alliance/dpa/Gus
"All die ganzen Schlageraffen dürfen da singen"
Udo wollte unbedingt in der DDR auftreten. In dem Lied "Sonderzug nach Pankow" bat er den DDR-Staatsratsvorsitzenden Honecker auf seine üblich schnoddrige Art um Erlaubnis dazu. Die Anfrage wurde fast zu einem Politikum, bis Udo 1983 im Ostberliner Palast der Republik tatsächlich ein Konzert geben durfte. Natürlich unter den wachsamen Augen des Geheimdienstes. Udos Stasi-Akte hat 108 Seiten.
Bild: picture-alliance/Dieter Klar
Die Schalmei aus der DDR
Udo zeigt Nina Hagen eine Schalmei mit Geschichte. Anlässlich seines Konzerts in der DDR hatte Udo Erich Honecker eine Lederjacke geschenkt. Die Antwort aus dem Politbüro war fast witzig: Honecker schickte Udo eine Schalmei. Udo revanchierte sich mit dem nächsten Geschenk: Beim folgenden Treffen mit "Honni" gab's unter dem Motto "Gitarren statt Knarren" eine E-Gitarre.
Bild: picture-alliance/dpa
Immer nah an den Fans
Udo Lindenberg wirkt oft unnahbar, weil er meistens Sonnenbrille trägt. Dennoch ist er offen für seine Fans (oben ein Foto von 1989). Er quatscht mit ihnen, hat für jeden einen coolen Udo-Spruch auf den Lippen, gibt Autogramme und scheut auch nicht vor Selfies zurück. Ein besonderer Moment für jeden Fan ist es, wenn Udo seine Brille etwas runterzieht und seinem Gegenüber in die Augen guckt.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Rehder
Wohnhaft im Luxushotel
Seit gut 20 Jahren lebt Udo in einer Suite in einem der feinsten Hotels Hamburgs, dem Atlantic Kempinski. Dort habe er alles, was er braucht, sagt er. "Man trifft die unterschiedlichsten Leute, kann mit ihnen an der Bar über alles Mögliche reden." Dass er wie selbstverständlich Zigarre rauchend durch das Foyer schlendert, nimmt ihm keiner übel. Diese Marotte macht ihn offenbar eher sympathisch.
Bild: picture-alliance/dpa/J.Ressing
Udo engagiert sich
Wenn sich Musiker und Künstler für Frieden, Flüchtlinge, gegen Krieg und Rassismus engagieren, ist Udo immer mit dabei. 1985 war er Teil der "Band für Afrika", der Erlös vom Song "Nackt im Wind" ging nach Äthiopien. Mit seinem Künstlerfreund Joseph Beuys (oben) sang er bei "Künstler für den Frieden" vor 250.000 Leuten. Heute gibt er Konzerte für Flüchtlinge, auch wenn sie ihn kaum verstehen.
Bild: picture-alliance/Klaus Rose
Panische Malerei
Irgendwann fing Udo Lindenberg mit dem Zeichnen an. Kleine, comicartige "Udogramme", Zeichnungen von dicken Frauen, dünnen Männern, Selbstporträts. Das "Lindenwerk" umfasst ganze Zyklen wie "Panikmetropolen", "Nackte Akte" oder "Arschgesichter und andere Gezeichnete", oben in einer Ausstellung von 1996. Eine Spezialität sind Udos "Likörelle", Aquarelle aus bunten Likören.
Bild: picture-alliance/dpa/S.Hesse
Udo und die Frauen
Natürlich gab und gibt es Frauen in Udos Leben. Auf dem Foto von 1994 sitzt er - ohne Sonnenbrille! - zwischen Nina Hagen (mit der er eine Affäre gehabt haben soll, ebenso wie mit Nena) und seiner damaligen Freundin Katja. Sie feiern Udos 25-jähriges Bühnenjubiläum. Seit mehr als 15 Jahren hat Udo eine enge Verbindung mit seiner Fotografin und Muse Tine Acke.
Bild: picture-alliance/dpa/M.Beck
Das lange Tief
Ende der 1980er Jahre wollte Udo nichts mehr wirklich gelingen. Er war mit Mitte 40 noch jung - aber vielen schon zu alt. Er entwickelte sich nicht weiter, trank viel Alkohol und drohte zu einer Karikatur seiner selbst zu werden. Viele Fans wandten sich von ihm ab. Ein prominenter Fan, der Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre, beschreibt diese Phase anschaulich in seinem Buch "Panikherz".
Bild: picture-alliance/dpa/S.Hesse
"Stark wie zwei"
2008 brachte Udo eine Platte heraus, die nicht nur seine Fans aufhorchen ließ. Das Beste, was man seit Jahren von ihm gehört hat, fanden auch seine Kritiker. Platz eins in den deutschen Albumcharts - das hatte vorher keines seiner 33 Studioalben geschafft. Der Clou: Neben den starken Liedern gibt es auch starke Gäste, unter anderem Soulsänger Jan Delay (oben) und die Band Silbermond.
Bild: Tine Acke
Ritterschlag: MTV Unplugged
2011 legte Udo nach. Er traf sich mit weiteren aktuellen deutschen Popstars und 300 Fans in einer kleinen Hamburger Location, spielte ein langes Live-Konzert. Das Album dazu erreichte ebenfalls Platz eins der Charts, und spätestens jetzt erschloss sich Udo eine weitere große Fangemeinde: die Kinder seiner alten Fans. Mit Clueso (oben) sang er "Cello", auch das wurde ein Nummer-eins-Hit.
Bild: Tine Acke
Stärker als die Zeit
Udo Lindenberg ist sich treu geblieben, hielt auch in der schweren Zeit durch. Jetzt ist er wieder ganz oben und will dort auch bleiben. Pünktlich zu seinem 70. Geburtstag am 17. Mai schnellte sein neues, nachdenkliches und selbstironisches Werk "Stärker als die Zeit" an die Chartsspitze. Udo, bleib, wie du bist!
Bild: Tine Acke
15 Bilder1 | 15
Er ist der berühmteste Sohn der Stadt im Münsterland. Nun ist Udo Lindenberg Ehrenbürger von Gronau. Es ist die höchste Auszeichnung, die sein Geburtsort vergeben kann.
Zur Feier des Tages gab es Eierlikör und einen Überraschungsauftritt von Komiker Otto Waalkes. Am Udo-Lindenberg-Platz 1 haben sich 400 Gäste im rock'n'popmuseum versammelt, um live mitzuerleben, wie Udo Lindenberg die Auszeichnung entgegen nimmen. Freunde, Verwandte und Anwohner der Stadt singen Lobeshymnen auf den berühmten Musiker und Künstler.
Eierlikör für den neuen Ehrenbürger
Auch wenn er sich selbst als "verlorenen Sohn" bezeichnet, wird schnell klar, dass Udo Lindenberg Teil der Stadt Gronau ist: Wer im Rathaus anruft, hört Lindenberg-Songs in der Warteschleife. An einem Kreisverkehr steht eine lebensgroße Lindenberg-Bronzestatue. Es werden auch spezielle Stadtführungen für seine Fans, die so genannten "Lindianer", angeboten. Und auch Gronaus Bürgermeisterin Sonja Jürgens ist nach eigener Aussage ein großer Udo-Lindenberg-Fan.
Die Stadt hängt wahrhaftig an ihrem Künstler-Sohn - und auch er selbst hat nie vergessen woher er kommt. Er übernahm eine Patenschaft für seine Realschule, in der er unter anderem ein Programm gegen Rassismus unterstützt. Er ist Ehrenmitglied im Schwimmverein und hatte die Idee in Gronau ein Rock und Pop Museum zu gründen. Einige Exponate stammen selbstverständlich von ihm. Außerdem spendete er für den Erhalt der Kirchenorgel, ließ Bilder für gute Zwecke versteigern und gab Konzerte ohne Gage. Dank und Anerkennung ist ihm mit der Ehrenbürgerschaft nun ganz offiziell gewiss.