In der UEFA Nations League tritt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in Bosnien-Herzegowina an. Bundestrainer Julian Nagelsmann muss gegen einen Gegner mit vielen Bekannten aus der Bundesliga, einiges umbauen.
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Ausgangslage:
Wegen insgesamt sieben Absagen und Verletzungen wird sich das Gesicht der deutschen Fußball-Nationalmannschaft beim Auftritt in der UEFA Nations League am Freitagabend in Bosnien-Herzegowina (Anstoß 20:45 Uhr MESZ) zwangsläufig verändern. Neben Stammtorhüter Marc-André ter Stegen, der nach seinem Riss der Patellasehne längerfristig ausfällt, sind mit Kai Havertz, Jamal Musiala und Niclas Füllkrug drei wichtige Offensivkräfte nicht dabei. Zudem fehlen mit David Raum, Benjamin Henrichs und Robin Koch drei Abwehrspieler, die allerdings nicht regelmäßig zum Stammpersonal zählen.
Zumindest bei der Frage, wer im Tor steht, hat Bundestrainer Julian Nagelsmann sich früh festgelegt: Alexander Nübel vom VfB Stuttgart wird in Bosnien-Herzegowina erstmals für die Nationalmannschaft spielen, drei Tage später beim Heimspiel gegen die Niederlande in München, kommt dann Hoffenheims Oliver Baumann zu seinem Debüt. In der Offensive wird wohl noch mehr als sonst über den Leverkusener Florian Wirtz laufen, möglicherweise unterstützt von DFB-Rückkehrer Serge Gnabry und Debütant Tim Kleindienst.
So oder so ist ein Sieg gegen die Bosnier Pflicht, wenn man in der vierten Auflage der Nations League erstmals die Endrunde erreichen möchte. Der Start gegen Ungarn und die Niederlande war vielversprechend. Viele der bosnischen Spieler sind aus der Fußball-Bundesliga bekannt, beispielsweise Torjäger Ermedin Demirovic vom VfB Stuttgart, Torhüter Nikola Vasilj vom FC St. Pauli oder Sturm-Veteran Edin Dzeko, der mittlerweile bei Fenerbahce Istanbul spielt und 2009 mit dem VfL Wolfsburg Deutscher Meister wurde. Auch der Trainer ist ein "Kind der Bundesliga": Sergej Barbarez spielte von 1992 bis 2008 in Deutschland. Für Hansa Rostock, Borussia Dortmund, den Hamburger SV und Bayer Leverkusen bestritt er insgesamt 330 Bundesliga-Spiele. Der 53-Jährige ist seit April 2024 bosnischer Nationaltrainer. Er lebt in Hamburg.
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Stimmen vor dem Spiel:
Joshua Kimmich (Kapitän Deutschland): "Das ist verrückt. Seit der Nominierung hat sich gefühlt der halbe Kader verändert."
Serge Gnabry (Deutschland): "Ich freue mich extrem, wieder dabei zu sein und viele bekannte Gesichter zu sehen. Es macht immer extrem viel Spaß und ich hoffe, wir gestalten die Spiele sehr erfolgreich. Es war sehr bitter, bei der EM nicht dabei zu sein, die von außen - so wie ich es bewerten kann - sehr gut ausgeschaut hat. Man hat den Teamspirit mitbekommen."
Tim Kleindienst (Deutschland): "Die Vorfreude ist natürlich riesig, weil es eines der besondersten Dinge ist, die man erleben kann. Wenn ich mit einem Länderspieleinsatz nach Hause fahren kann, wäre es wahnsinnig schön für mich."
Sergej Barbarez (Nationaltrainer Bosnien-Herzegowina): "Wir können nicht spielen, wenn wir uns nur zurückziehen. Wir können uns mit unseren Mitteln wehren, wir sind nicht hier, um nur zu verteidigen. Ich bin stolz auf das, was wir haben. Unsere Aufgabe wird sein, uns gut zu präsentieren und zu kämpfen."
Ermedin Demirovic (Bosnien-Herzegowina): "Ich freue mich extrem darauf, so viele Mannschaftskollegen zu treffen. Es wird schwierig. Wir wissen, dass wir ganz klar der Underdog sind. Aber wir wollen eklig sein, zweikampfstark, robust und dem deutschen Team das Leben schwer machen."
Statistik:
Die Partie ist erst das dritte Aufeinandertreffen beider Nationalteams und das erste Pflichtspiel. Bislang gab es zwei Freundschaftsspiele: Das erste endete 2002 in Sarajevo mit 1:1, das zweite fand kurz vor der WM 2010 in Frankfurt statt. Bastian Schweinsteiger, der zwei Elfmeter verwandelte und Philipp Lahm trafen damals beim 3:1-Sieg für Deutschland. Das Tor für die Gäste erzielte vor 14 Jahren Edin Dzeko, der mit 38 immer noch zum Kader gehört. Das Spiel findet diesmal nicht in der Hauptstadt Sarajevo, sondern in der Kleinstadt Zenica, etwa 50 Kilometer nord-westlich statt. In das Stadion Bilino Polje passen nur rund 13.000 Zuschauer.
Die Rekordspieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft
Fußball-Persönlichkeiten wie Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann und Toni Kroos haben das DFB-Team jahrelang geprägt. Welche anderen deutschen Ausnahmespieler sind unter den Top-Ten mit den meisten Länderspiel-Auftritten?
Bild: Kenzo Koba/Sven Simon/picture alliance
Jürgen Kohler - 105 Spiele
Der Innenverteidiger nimmt zwischen September 1986 und Juli 1998 an drei Welt- und drei Europameisterschaften teil. Mit dem bitteren WM-Aus gegen Kroatien 1998, einer 0:3-Niederlage im Viertelfinale, endet seine Karriere im Nationaltrikot. Größter Erfolg des "Koksers" ist der Titelgewinn bei der EURO 1996 in England.
Bild: Sven Simon/picture alliance
Hans-Jürgen Dörner - 105 Spiele
100 A-Länderspiele und fünf Partien bei Olympia bestreitet Hans-Jürgen, genannt "Dixie", Dörner zwischen 1969 und 1985 für die DDR. Die WM 1974 verpasst er wegen einer Erkrankung. Sein einziges großes Turnier erlebt der "Beckenbauer des Ostens" daher bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal. Dort gewinnt er mit der DDR-Auswahl Gold. Dörner stirbt im Januar 2022 im Alter von 70 Jahren.
Bild: Magic/IMAGO
Joachim Streich - 105 Spiele
Fast zeitgleich mit Dörner ist auch der gefährlichste Torjäger der DDR-Auswahl in der Nationalmannschaft aktiv. Streich macht zwischen 1969 und 1984 insgesamt 98 A-Länderspiele und ist siebenmal bei Olympia aktiv. Anders als Dörner ist er bei der WM-Endrunde 1974 dabei und spielt 1972 in München im Olympia-Team. Mit der DDR gewinnt er Bronze. Streich stirbt im April 2022 mit 71 Jahren.
Bild: WEREK/imago images
Jürgen Klinsmann - 108 Spiele
Der schnelle Stürmer debütiert im Dezember 1987 als 23-Jähriger im DFB-Team, wo er bald gemeinsam mit Rudi Völler das deutsche Angriffsduo bildet. Klinsmann, der 1988 auch bei den Olympischen Spielen dabei ist, wird 1990 mit Deutschland Weltmeister, 1996 Europameister. Seine Karriere im Nationalteam beendet er nach der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich.
Bild: Jürgen Fromme/firo Sportphoto/picture alliance
Philipp Lahm - 113 Spiele
Der Außenverteidiger wird im Februar 2004 Nationalspieler. Schnell etabliert er sich als Stammkraft auf der linken Seite und ist ab der EM 2004 bei allen Turnieren dabei. Höhepunkt seiner Karriere im DFB-Dress ist der Sieg bei der WM 2014, bei der Lahm die Mannschaft als Kapitän anführt. Das Finale von Rio ist Lahms letztes Länderspiel. Nach dem WM-Erfolg tritt er aus dem DFB-Team zurück.
Bild: Thomas Eisenhuth/dpa/picture alliance
Toni Kroos - 114 Spiele
Mit 18 Jahren ist er als jüngster deutscher Akteur bei der WM 2010 in Südafrika dabei. Bis zu seinem Rücktritt nach der EURO 2021 verpasst der Mittelfeldspieler von Real Madrid kein großes Turnier. Größter Erfolg ist der WM-Titel 2014 in Brasilien. Zur EM 2024 wird er von Bundestrainer Julian Nagelsmann reaktiviert und ist dort Chef auf dem Platz. Mit dem Aus gegen Spanien endet seine Karriere.
Bild: Lee Smith/REUTERS
Bastian Schweinsteiger - 121 Spiele
Der Mittelfeldspieler nimmt an drei Welt- und vier Europameisterschaften teil. Als einer der Jüngsten fährt er mit zur EM 2004. 2014 gehört er in Brasilien zum Stammpersonal der Weltmeister-Elf. Im Finale lässt sich Schweinsteiger trotz klaffender Wunde unter dem Auge nicht auswechseln. Sein letztes Turnier wird die EM 2016. Kurz danach wird er beim Freundschaftsspiel gegen Finnland verabschiedet.
Bild: Federico Gambarini/dpa/picture alliance
Manuel Neuer - 124 Spiele
Neuer debütiert im Juni 2009 im Nationalteam und ist seit der WM 2010 Stammkeeper, weil sich die Nummer eins, René Adler, kurz vor dem Turnier verletzt. Neuer behält seinen Status bei allen großen Turnieren - trotz einiger Verletzungen. 2014 wird er Weltmeister. Nach langer Ausfallzeit steht er auch bei der EM 2024 wieder im Tor - allerdings beim Viertelfinal-Aus gegen Spanien zum letzten Mal.
Bild: Philipp Guelland/epa/AP/picture alliance
Lukas Podolski - 130 Spiele
Von der EURO 2004 bis zur Europameisterschaft 2016 ist der schnelle Flügelstürmer fester Bestandteil des DFB-Teams. Als gegen Ende die fußballerischen Leistungen nicht mehr erstklassig sind, nominiert ihn Bundestrainer Löw dennoch, wegen seines positiven Charakters und für die gute Stimmung im Team. Seinen größten Erfolg feiert Podolski mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2014.
Bild: Jürgen Fromme/firo Sportphoto/augenklick/picture alliance
Thomas Müller - 131 Spiele
Der Bayern-Stürmer debütiert kurz vor der WM 2010, wo er anschließend WM-Torschützenkönig wird. 2014 wird er Weltmeister. Nach der WM 2018 endet Müllers DFB-Karriere vorübergehend, weil Bundestrainer Joachim Löw ihn, Mats Hummels und Jerome Boateng ausmustert. Kurz vor der EM 2021 holt Löw ihn aber zurück. Er ist auch bei der WM 2022 und der Heim-EM 2024 dabei. Nach dem Turnier tritt er zurück.
Bild: Rolf Vennenbernd/dpa/picture alliance
Miroslav Klose - 137 Spiele
13 Jahre lang trägt der erfolgreichste Torjäger des Nationalteams das DFB-Trikot. Sein Debüt gibt Klose 2001 gegen Albanien und erzielt kurz nach seiner Einwechslung das Siegtor. 2002 wird er mit Deutschland Vizeweltmeister, 2014 Weltmeister. Durch seine zwei Treffer in Brasilien wird er zum WM-Rekordtorschützen (insgesamt 16). Nach dem Turnier gibt Klose seinen Rücktritt aus dem DFB-Team bekannt.
Bild: Fernando Bizerra Jr./dpa/picture alliance
Lothar Matthäus - 150 Spiele
20 Jahre liegen zwischen dem ersten und dem letzten Länderspiel des Rekordspielers. Matthäus debütiert bei der EM 1980 in Italien, das Vorrunden-Aus bei der EURO 2000 ist auch sein Ende im Nationalteam. Dazwischen liegt sein größter Erfolg: die Weltmeisterschaft 1990. Matthäus spielt bei fünf Welt- und drei Europameisterschaften. 1996 beim EM-Sieg ist er allerdings nicht dabei.