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Politik

Streit um die Damenbinden

Simone Schlindwein
30. März 2017

In Uganda verpassen Mädchen die Schule, weil sie sich keine Binden leisten können. Aktivisten versuchen, durch eigene Projekte Abhilfe zu schaffen. Eine Crowdfunding-Kampagne für Damenbinden ist zum Politikum geworden.

Rashida Nalukenge links und Catherine Nantume rechts basteln Binden
Bild: DW/S.Schlindwein

Dutzende Kinder in blau-weißen Uniformen sitzen in ihren Klassenzimmern. Die Schulglocke läutet. In der CARE Grundschule in Ugandas Hauptstadt Kampala ist der Unterricht für heute vorbei. Doch anstatt nach Hause zu gehen, versammelt sich rund ein Dutzend Mädchen in einem Klassenzimmer. Tische werden gerückt, Nähmaschinen aufgebaut. Die Schülerinnen packen Scheren, Stoffreste und Schnittvorlagen aus.

Sadat Nduhira lädt die Mädchen zum Bastelworkshop ein. Der 27-jährige Künstler ist selbst in einem Armenviertel aufgewachsen. Er kennt das Problem, dass viele Schülerinnen hier haben. Denn auch seine Schwestern blieben zuhause, wenn sie ihre Regel bekamen. Da er als Künstler viel mit Materialien experimentiert, kam ihm vergangenes Jahr die Idee, Workshops in Schulen anzubieten. Er erklärt den Schülerinnen, wie sie aus alten Frotteehandtüchern und Baumwolle Damenbinden basteln können.  

Jedes zehnte ugandische Mädchen versäumt während ihrer Monatsblutung den Unterricht. Binden oder Tampons können sich Kinder armer Familien nicht leisten. Catherine Nantume ist eine von ihnen. Jetzt bedient sie gekonnt mit dem Pedal die Nähmaschine, während die anderen Mädchen zugucken.

Sadat Nduhira (rechts) zeigt den Schülerinnen, wie sie Binden basteln können.Bild: DW/S. Schlindwein

"Ich habe immer die Schule verpasst. Das hat mich sehr traurig gemacht, weil ich zuhause saß und nichts tat. Dieses Projekt macht mich sehr glücklich", erzählt sie und klemmt die Binde in die Nähmaschine. "Wir basteln sehr viele, wir verteilen sie umsonst an andere Schulen auf dem Land für und manchmal bringen wir auch dort den Mädchen bei, wie sie die Binden selbst herstellen können. Vielleicht verteilen sie dann auch dort weiter Binden."

Billig und wiederverwendbar

Sadat Nduhira erklärt den Schülerinnen auch, wie sie die Binden mehrfach benutzen können. Nach dem Gebrauch sollen sie sie in Wasser einweichen. Morgens müsse man sie dann gut auswaschen und zum Trocknen in die Sonne hängen, so Sadat: "Ihr müsst sie dann sehr heiß bügeln, um die letzten Bakterien abzutöten und dann an einem sauberen Ort aufbewahren, um sie hygienisch rein zu halten."

Menstruation und Damenbinden - diese Tabuthemen werden in Uganda derzeit heiß diskutiert. Selbst Ugandas Politik befasst sich schon damit. Im Wahlkampf 2016 versprach Staatspräsident Yoweri Museveni, dass Schulen künftig kostenlose Binden bekommen sollten. Das brachte ihm die Stimmen vieler Mütter ein. Museveni ernannte seine Frau Janet zur Bildungsministerin. Doch "Mama Janet" musste schnell feststellen, dass sich das Versprechen ihres Mannes nicht so schnell umsetzen liess. Im Staatshaushalt fehlt aus Sicht der Regierung schlicht das Geld.

Mit einer Internetkampagne wollen Aktivistinnen Geld für Binden sammeln.Bild: Facebook/Pads4GirlsUg

Daraufhin startete Ugandas führende Feministin Stella Nyanzi eine Crowdfunding-Kampagne. Mithilfe der sozialen Medien will sie Geld sammeln, um zehn Millionen Mehrwegbinden zu kaufen. 13 Millionen Uganda-Schillinge (rund 3269 Euro) sind bereits zusammengekommen. "Biologie ist Politik: Machtpolitik", schimpft Nyanzi. Als Beispiel nennt sie die landesweiten Abschlussprüfungen für Schülerinnen und Schüler. Die Statistik zeige klar, dass die Mädchen aus ärmeren Verhältnissen auf dem Land um einiges schlechter abschneiden. In den Städten, wo die Familien der Mädchen etwas Geld haben, sind sie gleich auf.

Nyanzi ärgert sich, dass die weiblichen Parlamentsabgeordneten und die Bildungsministerin keine Abhilfe schaffen. "Vor dem Hintergrund dieser Ungleichheit kommt dann die Regierung daher, macht Versprechungen - und hält sie dann nicht ein", ärgert sich Nyanzi.

Mit ihrer Kampagne unter dem Hashtag #Pads4GirlsUg greift sie die Frauen an der Macht und vor allem die First Lady und Bildungsministerin Janet Museveni direkt an. Die Konsequenzen sind bereits spürbar. Sie wurde von der Polizei einbestellt, weil sie angeblich auf Facebook den Präsidenten beleidigt habe. Sie wurde an einer Reise nach Europa gehindert. Sie rechnet stetig damit, verhaftet zu werden. Ihre Kampagne für Damenbinden ist ein Politikum geworden - das auch aufzeigt, wie sehr die Meinungsfreiheit in Uganda mittlerweile eingeschränkt wird.

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