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PolitikAfrika

Uganda muss für den Ituri-Krieg entschädigen

Barbara Wesel
10. Februar 2022

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag verurteilt Uganda zu 325 Millionen Dollar Schadensersatz an die Demokratische Republik Kongo. Es geht um Gewalttaten während des Krieges in der Provinz Ituri vor rund 20 Jahren.

Niederlande Den Haag | Europäischer Gerichtshof
Europäischer Gerichtshof in Den HaagBild: Yves Herman/REUTERS

Das wohl längste Verfahren vor dem Internationalen Gerichthof in Den Haag (ICJ), Gericht der Vereinten Nationen in Streitigkeiten zwischen Nationen, ging mit einem quasi salomonischen Urteilsspruch zuende. Die obersten Richter urteilten, dass Uganda zwar an die Demokratische Republik Kongo (DRC) Reparationen für erlittene Gewalttaten und Schäden leisten müsse, blieben aber weit unter deren Forderung: Uganda muss nicht elf Milliarden, sondern 325 Millionen Dollar zahlen. Und diese Summe darf in Raten zu je 65 Millionen Dollar über fünf Jahre abgetragen werden. Damit bekräftigten die Richter zwar erneut, dass die DRC im Krieg um die Provinz Ituri vor rund zwei Jahrzehnten Unrecht erlitten hat, aber sie machen auch deutlich, dass sich die Nachbarländer über die Folgen gütlich einigen sollten.

Historisches Unrecht

Das Verfahren begann mit einer Klage, die von der DRC 1999 eingereicht worden war, und die sich zunächst gegen die angrenzenden Staaten Uganda, Burundi und Ruanda richtete. Die kongolesische Regierung warf ihnen einen "flagranten Bruch" der Charta der Vereinten Nationen vor, weil Truppen der Nachbarländer in den Krieg um die ressourcenreiche Provinz Ituri eingriffen und dort im eigenen Interesse verschiedene Milizen unterstützten, obwohl Kinshasa ihnen nach anfänglicher Zustimmung die Einwilligung dazu entzogen hatte.

Nach jahrelangem Streit blieb Uganda als Beklagter übrig. 2005 dann sprach der Gerichtshof in Den Haag ein komplexes Grundsatzurteil, in dem festgestellt wurde: "Uganda hat Mitglieder der Zivilbevölkerung getötet, hat nicht zwischen zivilen und militärischen Zielen unterschieden, hat die zivile Bevölkerung gegen andere Kämpfer nicht geschützt und hat als Besatzungsmacht keine Maßnahmen ergriffen, um den Respekt für Menschenrechte und das internationale humanitäre Recht umzusetzen." Damit war der Boden für Reparationsansprüche der DRC wegen des blutigen und zerstörerischen Konfliktes gelegt.

Allerdings forderte das Gericht die Streitparteien auch auf, sich über die Höhe des zu leistenden Schadenersatzes zu einigen. Das aber erwies sich als unmöglich, denn die kongolesische Regierung bezifferte ihre erlittenen Schäden am Ende mit 11 Milliarden Dollar. Diese Summe wies Uganda empört zurück und nannte sie "ruinös" und wirtschaftlich schädigend. Damit ging der Fall zurück an das Gericht in Den Haag, das jetzt die schwierige Frage entscheiden musste, welche Summen für die Todesopfer und andere Schäden aus dem Krieg in Ituri angemessen wären.

Reparationen sind keine Strafe

Im Kern gehe es bei Reparationen nicht um eine Bestrafung des Gegners, sondern eine Entschädigung für erlittenes Unrecht, so heißt es in der Urteilsbegründung, die von der Obersten Richterin Joan Donoghue verlesen wurde. Sie setzte die zu zahlende Summe schließlich auf 325 Millionen Dollar fest, die sich zusammensetzen aus 225 Millionen für Todesopfer und Verletzte, 40 Millionen für Sachschäden und 60 Millionen für die Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Abholzung und Wilderei.

In der sehr detaillierten Begründung ging das Gericht auch auf zusätzliche Forderungen der kongolesischen Seite ein, etwa den Ersatz von makroökonomischen Schäden durch die Kriegshandlungen, weitere Umweltfolgen oder den umfassenden Diebstahl von Ressourcen. Viele dieser Behauptungen erkannten die Richter jedoch nicht an, weil sie nicht beweisbar und die geforderten Summen nicht nachvollziehbar seien.

Die DRC muss darüber hinaus ihre eigenen Prozesskosten tragen und erhält keine Verzugszinsen für die seit mehr als zwanzig Jahren anhängige Forderung. Am Ende gestand das Gericht der Regierung in Kinshasa nur etwa ein Dreißigstel der ursprünglich geforderten Summe zu. Auch forderte es die kongolesische Seite auf, das Geld gerecht unter Überlebenden und der Zivilgesellschaft in Ituri zu verteilen.

Wieder flieht die Zivilbevölkerung aus Ituri ins benachbarte UgandaBild: Jack Taylor/Getty Images

Die Obersten Richter stellen dabei zwar erneut fest, dass sich Uganda wegen der Verletzung internationalen Rechts für einen Teil der Todesopfer in dem damaligen Krieg zu verantworten habe, will das Land aber nur für einen Bruchteil der damaligen Opfer direkt verantwortlich machen: "Detaillierte Beweise für bestimmte Ereignisse in einem verheerenden Krieg in einer abgelegenen Gegend vor zwei Jahrzehnten sind nicht vorhanden", heißt es dazu lapidar.

Politisch könnte das Urteil zwar Enttäuschung hervorrufen, aber auch eine Art versöhnende Wirkung zeigen. Denn der politische Wind hat sich seit der Wahl des neuen kongolesischen Präsidenten Tshisekedi vor drei Jahren gedreht und die beiden Nachbarländer betrachten sich inzwischen als Sicherheitspartner. Das geht so weit, dass Kinshasa erneut ugandischen Truppen die Erlaubnis gab, in Ituri einzugreifen und man dort auch gemeinsam kämpft. Gegner sind jetzt die Rebellentruppen des ADF (Allied Democratic Forces), die als Verbündete von des sogenannten Islamischen Staats (IS) und als besonders mörderisch gelten. Wieder wird in Ituri gekämpft, wieder flieht die Zivilbevölkerung und es gibt Todesopfer - die blutige Geschichte in der umkämpften Provinz ist noch nicht zu Ende.

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