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Ukraine überrascht Russland mit Vorstoß in Region Kursk

8. August 2024

Die Attacke der ukrainischen Truppen scheint die russischen Behörden vor Ort kalt erwischt zu haben. Nach deren Angaben wurden mehr als 30 Menschen verletzt. Nun geht es vor allem um die Sicherung des AKW in Kursk.

Zerstörte Häuser in Kursk nach dem Beschuss der russischen Oblast durch ukrainische Truppen
Zerstörte Häuser in Kursk nach dem Beschuss der russischen Oblast durch ukrainische TruppenBild: Acting Governor of Kursk region Alexei Smirnov telegram channel/AP/dpa/picture alliance

Nach dem Vorstoß ukrainischer Truppen ins russische Gebiet Kursk ist dort der Ausnahmezustand verhängt und der Schutz für das dortige Atomkraftwerk erhöht worden. "Die Region Kursk ist weiterhin mit einer schwierigen operativen Situation in den Grenzgebieten konfrontiert", teilte der geschäftsführende Gouverneur des Gebiets Kursk, Alexej Smirnow, bei Telegram mit. Er leite einen Operationsstab, der rund um die Uhr arbeite.

Angaben des russischen Gesundheitsministeriums zufolge wurden durch ukrainischen Beschuss in der Oblast Kursk mehr als 30 Menschen verletzt. Unter diesen ist auch der bekannteste Kriegskorrespondent des russischen Fernsehens, Jewgeni Poddubnyj. Das Staatsfernsehen meldete, er werde in einem örtlichen Krankenhaus behandelt. Medienberichten zufolge erlitt er infolge eines Drohnenangriffs starke Verbrennungen.

Russland erhöht Schutz für Atomkraftwerk

Parallel dazu verstärkte die russische Nationalgarde den Schutz für das Atomkraftwerk Kursk, das vier Blöcke und eine Leistung von fast zwei Gigawatt hat und sich nur gut 60 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt befindet. Außerdem seien zusätzliche Kräfte für die Bekämpfung von Sabotage- und Aufklärungstrupps in den Gebieten Kursk und Belgorod herangezogen worden, teilte die Behörde mit.

Das Atomkraftwerk in Kursk umfasst vier Reaktorblöcke (Archivfoto) Bild: IMAGO/ITAR-TASS

Tags zuvor hatten ukrainische Truppen - unterstützt von Panzern und Artillerie - die russische Grenze vom Gebiet Sumy aus bei Sudscha überschritten und Berichten zufolge mehrere Dörfer unter ihre Kontrolle gebracht. Russischen Angaben nach sind gut 1.000 ukrainische Soldaten an der Operation beteiligt. Unbestätigten Berichten zufolge sind sie dabei bis zu 15 Kilometer in Richtung des Atomkraftwerks vorgedrungen. 

Unmittelbar hinter der Grenze könnte damit auch die Gas-Messstation Sudscha unter ukrainische Kontrolle geraten sein. Über diese läuft der Transit von russischem Erdgas durch die Ukraine und weiter in die Slowakei und nach Österreich. 2023 wurden auf diesem Wege trotz des laufenden Krieges 14,6 Milliarden Kubikmeter Erdgas in die Europäische Union transportiert.

Ein auf ukrainischen Kanälen verbreitetes Video zeigte zudem angeblich im Gebiet Kursk rund 20 gefangen genommene russische Grenzsoldaten. Unabhängig bestätigen ließen sich die Aufnahmen nicht.

Keine offiziellen Informationen aus Kiew

Die Behörden in Kiew kommentierten die Situation im Gebiet Kursk nicht weiter. In seiner Abendansprache erwähnte Präsident Wolodymyr Selenskyj lediglich eine Beratung mit Armeeoberbefehlshaber Olexander Syrskyj. "Details folgen später", so der Staatschef. Zudem habe er mit Verteidigungsminister Rustem Umjerow den Ausbau des ukrainischen Raketenprogramms besprochen.

Der ukrainische Armeeoberbefehlshaber Olexander Syrskyj (l.) im Gespräch mit Kyrylo Budanow, dem Kommandeur des Militärgeheimdienstes HURBild: AP/dpa/picture alliance

Selenskyj erwähnte darüber hinaus, dass er mit Regierungsmitgliedern über das bereits seit langem diskutierte Smartphoneprogramm "Army+" gesprochen habe, mit dem künftig Berichte von Kommandeuren gleich digital erfasst werden sollen. "Das wird eindeutig die tagtäglichen Aufgaben der Kommandeure erleichtern", unterstrich der Präsident. Später werde das Programm auch für jeden Soldaten zugänglich gemacht.

Einsatz von Gleit- und Streubomben

Der ukrainische Generalstab informierte wiederum über starken russischen Gleitbombeneinsatz im grenznahen Bereich des an Kursk grenzenden Gebiets Sumy. Es seien allein dort etwa 30 Gleitbomben abgeworfen worden. Zudem wurden demnach ein halbes Dutzend Orte durch russische Artillerie beschossen. Das Verteidigungsministerium in Moskau zeigte am Abend ein Video vom Einsatz einer Kurzstreckenrakete des Typs "Iskander-M". Der Raketenangriff mit einem Streubombensprengkopf habe einer ukrainischen Truppenkonzentration unweit der russischen Grenze im Gebiet Sumy gegolten.

Foto aus einem vom russischen Verteidigungsministerium veröffentlichten Video. Es soll den Angriff mit "Iskander-M"-Kurzstreckenraketen auf ukrainische Panzer im Grenzgebiet zur Region Kursk zeigenBild: Russian Defence Ministry Kursk region Russia/IMAGO

Angesichts der schweren Kämpfe im russischen Nachbargebiet Kursk und des russischen Beschusses haben die ukrainischen Behörden die Evakuierung weiterer Orte in der Region Sumy angeordnet. Die Maßnahmen betreffe insgesamt 23 Siedlungen, hieß es im ukrainischen Fernsehen. Etwa 6.000 Menschen, darunter mehr als 400 Kinder und Jugendliche, würden aus der grenznahen Region in Sicherheit gebracht. 

Kann die Ukraine den Fall Charkiws abwenden?

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Intensivere Kämpfe im Gebiet Charkiw erwartet

Das ukrainische Militär erwartet unterdessen eine Intensivierung der Kämpfe im ostukrainischen Gebiet Charkiw. "Der Gegner setzt Artillerie, Mörser und Mehrfachraketenwerfer ein, was von der Absicht des Feindes zeugen kann, aktive Sturmhandlungen zu beginnen", teilte die in dem Gebiet aktive ukrainische Armeegruppierung bei Telegram mit. Besonders betreffe das die Region um die seit Mai umkämpfte grenznahe Stadt Wowtschansk.

Ein zerstörter Wohnblock in der ukrainischen Stadt TorezkBild: Evgeniy Maloletka/AP/dpa/picture alliance

Auch im Gebiet Donezk wurde von weiterhin starken Kämpfen vor allem um die Stadt Torezk und die Ortschaft Nju Jork berichtet. Ein von Militärbeobachtern registrierter ukrainischer Rückzug östlich von Nju-Jork wurde bisher nicht offiziell bestätigt. 

sti/se (dpa, rtr)

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